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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 12.1877

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Guerrard, Charles: Der Salon von 1877, [3]
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Lampert, Friecrich: Altdeutsche bilder in der Münsterkirche zu Kloster Heilsbronn, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5785#0379

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Altdeutschs Bilder in der Münsterkirche zu Kloster Heilsbronn.

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zelne Partien auf, welche an die vormalige bestrickende
Malweise des Künstlers erinnern. Bastien-Lepage,
dessen Debut so viel versprechend ausfiel, zeigt uns die
Bildnisse seiner Eltern in einem Rahmen. Leider be-
einträchtigen die offenbare Unzulänglichkeit der Arbeit
und die gar zu banale Auffassung der Köpfe das Ber-
gnügcn, welches die gesunde, breite und originelle Mal-
weisc sonst bereiten würde. Ernst Duez, ein sein-
fühliger Kolorist, führt uns das Bild einer jungen
Dame vor, welche in einer offenen Gegend am Meeres-
strande, an eine Balustrade gelehnt, dasteht und sich
hinter eincm lichten Schirme gegen die glühenden
Sonnenstrahlen birgt. Der Kopf hebt sich effektvoll
von einem mit vollcndeter Mcisterschaft gemalten, durch-
sichtigen und leuchtenden, lichtgraucn Hintergrnnde ab.
Joseph Wencker, ein ganz junger Künstler, welcher
inzwischen den xrix äs Nomo erlangt hat — hoffcn
wir, daß dieser Erfolg ihm nicht zum künstlerischen Un-
heil gereiche! — hat ein anmuthiges Bildniß eines
jungen Mädchens ausgestellt, welches durch den leben-
digen, reizvollen Ausdruck und den feinen, vornehmen
Gesammtton der Farbe an das oben erwähnte Kinder-
porträt von Paul Dnbois crinnert- Schließlich sei
noch eine große Komposition von Paul Mathey er-
wähnt, die ein Porträt zum Vorwande hat. Sie zeigt
uns den Dekorationsmaler Rubs in seinem geräumigen
Atelier; er ist im Begriffe, irgend eine Dekoration an-
zufangen und führt über einer ungehcuren, auf dem
Boden aufgespannten Leinwand seine auf einem Besen-
stiel aufsitzende Farbenbürste spazieren. Das ist eiu
Stück leibhaftiger allermodernster Kunst, welcher jeder
Vorwurf gut genug ist, wcnn er in geistreicher und
origineller Weise behandelt werden känn.


Paris, im Juni 1877. Charles Guerrard.

Ältdeutsche Silder in der Miinjterkirche
zu Kloster Heilsdronn.

Die Kirche, deren Bilderschätze wir hier zur Be-
sprechung bringen, ist die Grabstätte der Burggrafen
von Nürnberg und Markgrafen von Brandenburg, der
Ahncn des Hohenzollcrischen Hauses. Alles in dieser
Kirche, die seit elf Jahren völlig restaurirt, in alter
Pracht neu erstanden ist, ist hoch interessant: die ge-
schichtliche Stellung derselben sowohl, als auch das, was
in Baustil, Monumenteu, Gemälden jene zum Aus-
druck bringt. Wir haben hicr Zeugnisse der Kllnst
früherer Jahrhunderte, wie sie uns anderswo nicht leicht
zu Gebote stehen. Das gilt namentlich von den Bil-
dern, die zahlreich auf Altarflügeln oder sonst einzeln
an den Säulcn und Wärdcn angebracht sind. Sie
cntstammen alle deutschen Meistern und sind fast alle

gleich charakteristisch durch Auffassung und Darstellung.
Es mag freilich sein, daß Viele, denen sich der Werth
eines Gemäldes nur nach Glanz und Frische der
Farbe, nach einer gewissen materiellen Glut der Erscheinung
mißt, von diesen äußerlich sehr einfachen, dem modernen
Auge vielleicht sogar absloßend erschcinenden Bildern
nicht sehr crbaut sein werden: die Herrlichkeit deut-
scher Dichtung alter Zeit, mag sie nun in Wort odcr
Bild erscheinen, fordert eben ein eigenes Auge, ein
liebevolles Eingehen und Verständniß.

Wir wollen dcm Leser, der vielleicht Lust hat, ein-
mal anf der Fahrt von Stuttgart nach Nürnberg bei
der nunmehrigen Eisenbahnstation Heilsbronn auszu-
steigen und die Kirche zu besucheu, bei weitem nicht
unseren Ciceronedienst für alles, was dort Bild heißt,
aufdrängen, sondern bescheiden uns, nur von dcren sechs
ihm zu sagen, was uns an ihnen aufgefallen und bci
ihncn in den Sinn gekvmmen ist. Unter allen den Bil-
dern, die uns hier beschäftigen, kvnneu wir nur von
zwcien das Alter, von keinem den Maler bestimmen.
Genau sind in den alten, mit dem Ende des l 4. Jahr-
hunderts beginnenden Klosterrechnungen, den „Oowputu-
tionss" (die frühern sind zu Verlust gegangcn), alle
Ausgaben für den Künstler, sein Bild, seiue Ver-
köstigung u. s. w. angegeben, aber nie ist der Name
desselben genannt: ein Zeichen, um wie viel weniger es
den das Kunstwerk bestellenden Aebten oder sonstigeu
einflußreichen Persönlichkeiten dcs Klosters auf jenen,
als vielmehr auf den Schmuck ihrer Kirche allein oder
auch auf die monumentale Verherrlichung ihres Namens
ankam. Denn mehrere der zu nennendcn Bilder sind
Votivbilder, von Eiuzelncn mit Bezug auf ihre Geschichte
und Verhältnisse gestiftet.

So kniet gleich auf dem ersten der Abt Friedrich
von Hirzbach, der in den Jahren 1340 bis 1351
regierte, dieses Bild also innerhalb dieser Zeit malen
ließ. Damals war die Oelmalerei bekanntlich noch
nicht in Uebung. Das Bild ist also in der diesc
damals vertretenden Temperamauier gemalt, d. h. auf
mit Gypsgrund übertünchtes Holz ist ein eigenthüm-
liches Gemisch von Leim und Farben aufgetrageu.
Der Grund des Bildes ist der byzantinische Goldgrund
mit farbigen, in Zwischenräumen von cinander steheuden
Buckeln. Es ist ungefähr 5 Schuh hoch und stellt
Christus, den leidenden, den gekreuzigten, dar. Aber die
Auffassung ist eigenthümlich. Er steht am Kreuz; die
Hände sind nicht angcnagelt, sondern über der Brust ge-
kreuzt; allein an ihnen, wie an den auf dem ausge-
schweiften Kreuzesfuß stehenden Füßen sind die blutenden
Nägelmale sichtbar. Auf Leu ganzen Körper, namentlich
das Haupt, sind Blutstropfen genialt; das Haupt selbst, mit
dunklerem Haar, als sonst die Tradition zuläßt, ist nach
der rechten Seite herabgesunken; die Augen sind offen,
 
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