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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 12.1877

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Berggruen, Oskar: Aus dem Wiener Künstlerhause
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Römische Kunstausstellung, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5785#0194

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Römische Kunstausstellung.

L7Ü

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tung nichts dazu zu thun vermochte uud seine Gemälve
in der Regel kaum etwas mehr sind, als äußerlich geschickt
zusammengefügte Kombinationen sciner Kopien nach der
Natur, keineswegs aber wirkliche, durch ein geistiges
Band zusammengehaltene Kompositionen: so leuchtet es ^
von selbst ein, daß die von ihm im Angesichte der
Natur geschaffenen Bilder den nachträglich im Atelier !
angcfertigten überlegen sein müssen. Denn nicht blos
auf dem Wege vom Kopfe znr pinselführendcn Finger- i
spitze, welchen Lessing's Künstler mit Recht so gefährlich
findet, sondern auch auf dem Wege von der Studien-
reise in's Atelier geht viel verloren; ja, die Frische und
Unmittelbarkeit der Studien im eigentlichen Sinye des
Wortes kann bei ausgeführten Kompositionen nur durch
ein starkes Aequivalent von Jndividualität und geistiger
Kraft ersetzt werden.

Mit der geschilderten Art der Begabung des
Künstlers hängt es zusammen, daß die Arbeiten seiner
früheren Epoche, etwa von 1840—1855, entschieden die !
besten sind. Da waren Auge und Hand bereits voll-
kommen geübt und sicher, da hatte der Künstler bereits
die volle Herrschaft über seine Darstellungsmittel erlangt;
er war aber zugleich noch in der Vollkraft seiner Sinne
und seiner Aufnahmefähigkeit. So gelang es ihm in
jenen Jahren am meisten, getreulich und mit sinnlichem
Reiz im Bilde festzuhalten, was die Alpennatur ihm bot.
Den Höhepunkt seiner Kunst, ja das oinns xunotunr seiner
gestaltenden künstlcrischen Kraft bildet das im I. 1858
entstandene, im Besitze des österreichischen Kaisers be-
findliche Oelgemälde „Unter den Linden", welches mit
Recht in der Ansstellung den Ehrenplatz einnimmt. Zu
einer so poetischen Auffassung, zu einer so reichen, kunst-
vollen Komposition und zu einer so fein gestimmten
Gesammtwirkung hat es Hansch wohl in keinem seiner
früheren Gemälde gebracht; die späteren stehen alle er-
heblich zurück, wie sich überhaupt gegen 1860 eine Ab-
nahme seiner Kraft immer mehr bemerkbar macht, bis
der Künstler, wie wir in diesen Blättern*) mit Be-
dauern hervorheben mußten, gegen das Ende seines
Lebens in seinen letzten Arbeiten kaum mehr zu erkennen
war. Unter den Studien sagen uns die aus Steier-
mark 1844 und 1849, dann die aus der Schweiz 1853
am meisten zn; gegen die Ausbeute dieser Jahre kommen
die Studien aus den genannten beiden Alpenländern
von 1867 und 1865 nicht mehr auf. Jhre gefällige
Anlage und Durchführung scheint übrigens dem kunst-
freundlichcn Wiener Publikum zuzusagen, und wir kon-
statiren nicht ohne Befriedignng, daß, trotz der Ungunst
der Zeit, fast alle verkäuflichen Studienblätter von
Hansch in die Hände von Wiener Liebhabern - über-
gegangen sind nnd in dcr Hcimat des Künstlers ver-
bleiben.

*) Vergl. Krmst-Chronik XI. Jahrgang, 1876, Sp. 555.



Was die Ausstcllung im Künstlerhause außervc»'
bietet, das giebt zu keiner Besprechung Anlaß;

Beste davon sind einige ältere Bildcr einheimischer »nt
fremder Künstler. Nur zwei dieser Werke seien crwählO'
weil sie als Meisterstücke der modernen Restaurirkn»^
augesehen werden müssen und als solche große BeacbtuNü
fanden. Schlösser's bekannte „Benus Anadhoknene" u>u
ein großes Bild des Wicner Künstlers Eduard Endc'
„Franz I. bei Benvenuto Cellini", waren von ihrc>u
Besitzer in einem Anfalle von Jrrsinn mittels eiu^
Federmessers ganz zerkratzt nnd buchstäblich in klei»'
Stücke zerschnitten worden, so daß man die'Bilder u
unrettbar verloren betrachten mußte. Nichts desto wcnig^
hat Schellein, der bekannte Kustos der Wic»''
Belvedere-Galerie, dieselben derart auf einc neue Lc>U'
wand übertragen und mit solcher Pietät wiedcr h^
gestellt, daß sie wie unberührt aussehen.

Oskar Bcrgqrucn-

Uömische Lunstausstellung.

Rom, Ende Februar 187^

Seit einigen Tagen ist die diesjährige Ausstcll»'^
moderner Kunstwerke in den noch von Papst Pius ^
hiezu bestimmmten Räumen auf der kin^n äsl
eröffnet, eine Ausstellung, die von der Gesellschast ^
„^inutori s ouitori ckelio bslls urti" alljährlich
anstaltet wird, und wozu Werke der Skulptur »^
Malerei der einheimischen Künstler aus ganz 3taI's
sowie der in Rom lebenden fremden Künstler zugelw'
werden. Was über dieselbe diesmal zu berichtcn ^
lautct nicht allzu erfreulich. Borerst fällt es auf,
ganze große Centralstätten der modernen Kunstü^,,
Jtaliens darin gar nicht oder nur unvollständig
trcten sind. So fehlt z. B. die Mailänder Malcrsä»^.
wohl die bedeutendste der Gegenwart in Jtalien,
(während die dortige Skulpturschule ziemlich reich
treten ist), es fehlt Florenz auch fast ganz, Vened>b
nur in einzelnen Werken der Malerei, in der Skn
gar nicht vertreten. Rom, Neapel, Genua und

haben das Gros der ausgestellten Gemälde,

Mailand und Florenz das der Skulpturen
Ferner ist es eine bemerkenswerthe Erscheinung,

Kolonie ausländischer Künstler in der Skulptur >»c^
in der Malerei fast gar nichts ausgestellt hat<
daß auch das wenige Ausgestellte nicht von iRcO ^
bekannten Namens, deren hier doch recht vielc ' ,j
herrührt, sondern meist von Anfängern. Das u»^,
der Kunstausstellnngen scheint sich demnach hier^
der Beliebtheit zu erfreuen, wie an den Lbrigen >s
punkten künstlerischcr Produktion des heutigen , .;l,
(Paris, München, Wien, Berlin w.); im Gegcn
es schcint, daß hier der Verkehr zwischen Künstlcu'
 
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