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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 12.1877

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Römische Kunstausstellung, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5785#0195

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Röinische Kuiistausstelluiig,

382

381

, — ich mcine hier vorzugSweise dcn kouimcr-

/ Berkchr, bci dem es sich um Kauf und Berkauf

^ und dcn ja an den eben erwähnten Stälten
o^ugswcise auch die Ausstellungen uiit verniitteln —
iii den Atelicrs der Kiinstler selbst stattfindet. Jch
geiieigt, diese Beobochlung auch auf die Werke der
^''"»injr^m, einheiinischen Künstler anszudehncn und
i Fvlge dxss^.„ tcineswcgs schmcichclhafte Nesultat
^>Ues Sludiunis der in Frage stehenden Ausstellung
i. ^ ganzer Allgenieinheit auf vie gesaminte niodern-
'""'sche Kunst auszudchnen, sondern nur auf das

^»hene zu bcschränken. Denn es widerstrebt niir —

G.

»s nur 'gleich im Vvraus zu sagen — die aus
Belrachtung der ausgestcllten Werke sich gebiete-
aufdrängende Annahme, ein für Schönheit von
und Farbe seit jeher so cnipfängliches Volk,
^ das italienische, könne keine bedeutcndercn Künstler
!>veistu, uls die arnien Stümper — einigc Wenigc
^genonimen, — dic hier ihre Werke dem Urtheil der
mentlichkeit darbielen, das nothwendigerweise hart
^""3 für sie ausfallen niuß.

An Werkcn der Skulptur sind ein halbes Hundert
^bestellt, nicist aus römischen und Mailänder Werk-
'E"; djx römische Künstlerkolonie ist nur durch einige
^ />!en des Polen Brodskp, eines Dänen L. Hassel-
>i)^' beiden Deutschen Otto und Aragon, des lltor-
^^8en Magxlsscu und des Belgiers Alfons Tombay ver-
welch' lctzterer mit seinem Gypsmodell eines nea-

a»s

'Eanischen Jmprovisators über all' das Uebrige weit-
^ dcn Preis chavon trägt. Es stellt einen jungen
^ ^'"gel (sio!) dar, dessen gar nicht schönes, aber
g^Eteristisches, verschmitzt lächelndes Gesicht mit üppi-
' >n die Stirn fallendem Haar umrahmt, dessen
^"^''haupt mit einer kcck sitzenden Fischermütze bedeckt
seine linke Hand mit dem Daumen der-
in die an den Oberschenkcln hoch hinaufgestülpte,
>">» Lenden bedeckende Fischcrhose (wie man sie in
i^ü^l "" Leuten dieses Schlages täglich sieht) nach-
di'ij ^"ll^häugt h»t, unter dem linken Arme die Man-
k ^ bben scine Jmprovisation

si^'Eet, und mit dem rechten, halbeingebogen vorge-
deu Arme »ine Geste macht (die unzweifclhaft durch
er ^uhalt seiner Stegreifverse bedingt ist), als wolle
i„^'"° seiner schönen Zuhörerinnen zum Tanze laden,
^ sich zugleich mit elastischem, zierlichem Schritte
»i»^ ^ vorwärts bewegt. Fischer-Mütze, Hose und
g»„ """"drmeidliches" Amulet um den Hals bilden seine
8»st^ ^°>lette, und er zeigt uns daher seine elastischen,
Körperfvrmen sast ganz unverhüllt. Diese
s'"d »un in dem ausgestellten Gypsmodell, wie
>»^^°hl das Material mit sich bringt — etwas allge-
l>Um ^halten, nicht in's Detail der einzelnen Partien
igebildet; doch ist mir gar nicht bange, daß der

Künstler, der diesen Gedankcn so Plastisch aufgcfaßt und
so charakteristisch gestaltet hat, auch das Zeug dazu
haben wird, denselben in der ganzen Feinheit der Cha-
rakteristik durchzuführen, die derselbe nothwendig fordert,
wenn die Jdee des Werkes ihren adäguaten Ausdruck
finden soll, — sobald er nur erst die Bestellung zur

Ausführung in Marmor oder noch bcsser in Bronze

erhalten haben wird. Es liegt etwas von jenem ursprüng-
lichen, fast möchtc ich sagen animalischen Leben in diesem
Werke, das uns aus antiken Satyrdarstellungen so un-
mittelbar packend entgegentritt, und hierin liegt seine
unwidcrstehliche Wirkung auf den Bcschauer. Zuglcich
ist dasselbe so lebenswahr und unmittelbar, — ohne
roh naturalistisch zu sein, wie lcider das nieiste übrige

Ausgestellte — daß man sich beim Anblicke desselben

zu erinnern nicint, solche Gestalten zu Dutzenden am
Meeresgestade Neapcls in ihrem fröhlichen Trciben be-
obachtet zu haben. Es ist dies der jüngere, ungeschlach-
tere, ungezogcne Brudcr jener graziös-feinen florentini-
schen Juiprovisatorengestalt im Kvstürn des 15. Jahr-
hunderts von E. Dubois, die um die Mitte der sechzigcr
Jahre iu Paris so großes und gerechtes Aufsehen er-
regte, jetzt sich im Luxembourg befindet und wirklich
so charakteristisch-schön ist, daß, wer sie einmal gesehcn,
sie nicht wieder vergißt. Jch habe bei diesem Werke
länger vcrweilt, weil es wohl das cinzige ganz und gar
erfreuliche der Ausstellung ist; mit dem Reste werden
wir bald fertig werden.

Da sind vor Allem noch einige gute Büsten aus-
gestellt: eine sehr lebensvolle der Malerin Lcbrun, mit
ihrem bekannten „Kopftuche", unter dem die Locken her-
vorquellen, in Terracotta, von dem Römer Castellani;
ferner eine zweite des greisen Gino Capponi (i 1875)
in Gyps, von dem Genuesen Allegretti, intcressant mehr
durch die Bedeutung der dargestellten Persönlichkeit, als
des Werkes an und für sich, obwohl auch dics in dcr
Behandlung der Formen ganz tüchtig ist und vor Allem
den Hauptfehler aller modern-italienischen Bildner, den
der riaturalistisch-miuutiösen Delaillirung vcrmeidct; cnd-
lich noch zwei Pendant-Büsten in Terracotta von dem
Spanicr Bellver, cinen Ciociaro und cinc Ciociara
(Bewohner der Gebirgslandschaften zwischen Rom und
Neapel), charakteristisch in Typns und Tracht aufgefaßt,
darstellend.

Da ist dann aber auch eine ganze Schaar jener
modernen allegorischen (inockastia, §iog", ullonioiio,
insstmiu sto.) und Porträt-Büsten, erstere und letztere
ohne Unterschied in gleicher Weise bis auf's letzte i-Tüpfel-
chen, das der Zufall dem Gesichte aufgedrückt, und init
allem Raffinement dcs tcchnischen Könnens der rnodernen
italienischen Skulptur ausgeführt; die ersteren unerfreu-
lich im Gedanken, weil dieser immer eine ungerecht-
fertigte und mißverstandene Abbreviatur bleibt, denn
 
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