Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 12.1877

DOI Artikel:
Valentin, Veit: Dieneuen Fenster der Katharinenkirche in Frankfurt a. M.
DOI Artikel:
Kunstgewerbliche Ausstellung in Stockholm
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5785#0300

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
591

Kunstgewerbliche Ausstellung in Stockholm.

592

Das vierte Bild führt uns in einen Tempel, der
mit seinen Hallen und Thürmen einer ganzen Stadt
gleicht. Strahlende Pracht und leuchtende Farbengluth
deutet uns den Charakter des „fröhlichen Festes" an,
weshalb denn auch eine Ruine hier nicht am Platze
wäre. Aber still, in einem abgelegenen Höfchen haben
sich die Jünger versammelt, und wir wollen mit dem
Künstler nicht rechten, wenn er in der Geburtsstunde
der Kirche die Gebärerin ihres Stifters nicht ausschließen
wollte — ist dies doch obendrein keine Neuerung, die
einer bloßen Laune entsprossen wäre. Marien's An-
wesenheit ist vielmehr eine künstlerische Tradition, die
wir als solche gern gelten lassen. Jn machtvollem
Strome gießen sich die Flammen des heiligen Geistes
auf die Jünger herab, welche die sieben Strahlen der
Gnade in feierlicher Andacht aufnehmen. Von oben be-
gossen gedeiht, das Loos der Kirche vorbedeutend, der
Weinstock und trägt herrliche Früchte in üppiger Fülle.
Oben aber durchfurcht das Schiff der Kirche siegreich
die Wellen.

So schließt sich diese Komposition harmouisch ab,
und wir stehen nicht au, sie, sowohl was den Grund-
gedanken der Ausführung als auch was diese selbst be-
trifft, als eine höchst bedeutende künstlerische Schöpfung
anzuerkennen, deren Ausführung dem Schönheitssinn
unserer Stadt ebenso wie den Künstlern, welche sie er-
funden haben, zu hoher Ehre gereichen wird."

Veit Valentin.

Kunstgewerüliche Äusstellung in -Ztockholm.

Jn den letzten Monaten fand in Stockholm eine
kunstgewerbliche Ausstellung statt, in ihrer Art die erste
in Schweden, obgleich mehrere allgemeine Jndustrie-
ausstellungen vorausgegangen, von denen die im Jahre
1866 veranstaltete, den skandinavischen Völkern gemein-
same, die bedeutendste war.

Auch nach dem hohen Norden haben sich einige
Wogen der gewaltigen Zeitströmung fortgepflanzt, und
schon im Jahre 1872 machte der schwedische Gewerbe-
verein, der seit seiner Stiftung 1845 die dortige
Industrie kräftig fördert, den Anfang mit einem Kunst-
gewerbemuseum- Die ungenügenden Mittel, ein sozu-
sagen schwankender Arbeitsplan und die geringe Theil-
nahme des Publikums verhinderten jedoch eine bedeutende
Entwickelung desselben. Es hat sich dort, wie überall,
gezeigt, daß eine solche Jnstitution die sichere Stellung
einer Staatsanstalt nöthig hat, um das volle Vertrauen
des Publikums zu gewinnen. Man hat auch schon
längst ein solches Museum in Schweden gewünscht, und
einflußreiche Stimmen haben sich dafür erhoben, beson-
ders nachdem der kunstsinnige König Karl XV. dem
Staate seine werthvollen und schönen, im Lustschlosse

Ulriksdal aufbewahrten Sammlungen von Kunst- und
kunstgewerblichen Gegenständen testirte.

Um der Sache einen neuen Anstoß zu geben,
hat man nun diese Ausstellung von in Schweden be-
findlichen, hauptsächlich älteren Gegenständen der Kunst-
industrie veranstaltet. Man wollte dem Publikum zeigen,
wohin man eigentlich strebt, was man mit einem Kunst-
gewerbemuseum will, und daß Mittel genug vorhanden
sind, um ein solches zu Stande zu bringen, daß es iin
Lande unzählige Kunstschätze giebt, welche mehr unv
mehr in die Hänve ausländischer Kunsthändler über-
gehen; man wollte die uneingeweihten Besitzer einzelner
Gegenstände aufmerksam machen sowohl auf den materiellen
Werth derselben, als auch auf die große Bedeutung, die
sie haben, wenn man sie zu einer Sammlung vereimgt;
man wollte durch Photographien und Abzeichnungcn
dieses Beste bekannt und nutzbringend machen. Vor
allem wollte man aber dem Publikum und den Muster-
zeichnern eine Menge von schönen stilvollen Formen vor
Augen stellen, um ihren Geschmack zu bilden und ihnen
Gelegenheit zum Studium geben, was in Schweden in
Folge der von dem Weltmarkte entfernten Lage schwieriger
ist als anderswo.

Die Jdee zu der Ausstellung ging zunächst von
dem Direktor G. H. Sträle aus, der als Verfasser der
Monographie „Lörstrunä et VurivdorA" bekannt ist-
Bei einer Zusammenkunft der bedeutendsten Kunst-
sammler und Kunstfreunde Stockholms konstituirte inan
sich schnell zu eincm Komits, mit der bestimmten Auf-
gabe, die Ausstellung zu veranstalten. Jn Folge des
ungenügenden Raumes in dem von dem Gewerbeverein
zur Disposition gestellten Museumslokale mußte man sich
auf gewisse Gruppen beschränken und nahm ein Pro-
gramm an, demgemäß die Ausstellung folgende Ab-
theilungen umfasscn sollte.

1. Gold- und Silberarbeiten, Schmuck unv
Kleinodien, Leuchter, Pokale, Schüsseln, Kirchengeräthe
u. dergl. 2. Porzellan und Fayence. 3. Glas,
alte venetianische und deutsche Arbeiten, Becher unv
Pokale, Kronleuchter, Spiegel u. s. w. 4. ArbeiteN
in Eisen, Bronze, Messing, Kupfer und ZinM
Waffen, Vasen, Slatuetten, Geräthe u. dergl. 5. Email-
arbeiten, europäische und orientalische. 6. UhreN-

7. Kleine Mobilien und Schnitzereien in Holz
und Elfenbein, Kabinete, Truhen, Kassetten, Schach-
spiele, Kannen und Pokale, Statuetten, Reliefs u. s. w-

8. Lackirte Arbeiten.

Eine Staatsunterstützung wurde bewilligt. Die
ganze Ausführung und die Sorgeu der Anordnung
wurden einem aus folgenven Mitgliedern bestehenden
Ausschusse übertragen: Graf N- Gyldenstolpe als Vor-
sitzender; Direktor G. H. Sträle, Vice-Präses; Fabrik-
besitzer und Vorsitzender des Handwerksvereins in Stock'
 
Annotationen