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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 12.1877

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Richter, J. P.: Zur Geschichte der flandrischen Teppichweberei
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Berggruen, Oskar: Rubens und Rembrandt, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5785#0290

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Rubens und Rembrandt.

57 t

de Razzo" (Arras), und verpflichtete sich, seine Kunst
gratis zu lehren (1442). Kurz darauf finden wir deren
Landsmann, „Livinio Gigli de Burgis" (Brügge), in
Florenz (Gaye, Carteggio I, 563), einen andern in
Perugia. Nach Gentili wäre in Rom die Tapeten-
manufaktur erst im Jahre 1702 heinnsch geworden.
Durch die Veröffentlichung einer Anzahl Dokumente aus
dem fünfzehnten Iahrhundert überrascht uns Müntz mit
der Thatsache, daß jene nordische Kunst am päpstlichen
Hofe von Nicolaus V. bis zu Alexander VI. ununter-
brochen gepflegt worden ist. Jm Vatikan sollen sich
heutigcn Tages noch 500 flandrische Teppiche befinden.
Daß solche aus dem fünfzehnten Jahrhunderte noch er-
halten sind, davon konnte man sich bisher unschwer über-
zeugen, da deren mehrere beim Frohnleichnamsfest auf
dem Petersplatze zur Schaustelluug gelangten.

Nachdem flandrische Ateliers auch in Stävten
wie Correggio und Bologna errichtet worden waren, er-
heben stch im Anfang des sechzehnten Jahrhunderts
die Ateliers von Ferrara nnd Florenz zu hervorragen-
der Bedeutung. Florenz betreffend ist durch Conti's
schätzbare kleine Schrifc, Liosrolis storiokcs snll' s.rts
äsbli nrnr^i in I'irsn^s, die Entwickelung dieser Kunst
aufgehellt worden. Wenn man dort Tapctenweber aus
Flandern zur Leitung der Atcliers kommen ließ und
kein Opfer schente, um Florentiner darin zu selbständigcn
Meistern auszubilden, so sieht man sich doch nach Ab-
lauf einer Generation von Neuem veranlaßt, an die
Quelle zurückzukehren, um so zwei Jahrhunderte hin-
durch in dem nämlichen Kreise sich zu bewcgen. Es
kann darum nicht befremden, ' wenn die Kartons
Raffael's nach Arras geschickt wurden, um dort ausge-
führt zn werden, so bedeutend sonst auch die Namen
italienischer Meister sind, deren Kompositionen in den
nationalisirten Tapetenfabriken zur Ausführung gelang-
ten. Als Ateliers von mehr untergeordneter Bedeutung
nennt uns Müntz noch die von Genua, Mantua, Mo-
dena und Urbino. — Man steht, daß diese Kunst in
Jtalien, obschon an Tüchtigkeit das Vorbild der flan-
drischen nie erreichend, doch mehr als sonst irgendwo
einer hohen Begünstigung und Förderung sich zu er-
freuen hatte. I. P.Richter.

Rubens nnd Rembrandt.

Studie» von Eugöne Fromentin
III.

In Holland betritt Fromentin zunächst die Haupt-
stadt, die er geistreich als die „am wenigsten holländische
und am meisten originelle Stadt Europa's" bezeichnet
und in einem mit wahrhaft niederländischer Sauberkeit
und echt französischem Esprit ausgeführten Feuilleton I

572

beschreibt. Diese Schildernng des Haag bereitet aus
den lokalen Charakter der Kunstwerke vor, von denen
der Autor zu sprechen sich anschickt und die eincr Rich^
tung entstammen, welche die „letzte der großen Schulew
vielleicht auch die originellste, sicherlich aber die aM
meisten lokale Schule" erzeugt hat. Die holländisch^
Schule beginnt erst zu Anfang des 17. Jahrhundertsi
für die frühere Zeit muß sie mit der flandrischen in
einen Topf geworsen werden, da Lucas von LeydeN,
der einzige alte national - holländische Künstler, keiN
Schule gebildet hat- Stuerbout (Bouts von H»i'
lem), Mostaert, Schoreel, Heemskerk gehen in der'
flandrischen Schule auf, ohne eine ausgeprägte nationaie
Physiognomie zu zeigen, und der italienische EinflnÜ
macht sich zu ihrer Zeit und nach ihnen vvn AntwerpeU
bis Harlem geltend. Der größte Porträtmaler, deN
Holland außer Rembrandt und neben ihm besessen, wae'
ganz entnationalisirt worden und hatte nicht einniai
seinen vaterländischen Namen behalten; Anlonio Mor'd
war 1588 als „HisxsniLrnrn rsAis xivtor" und al§
„kosmopolitischer Künstler" gestorben, ohne in den Werkcd
seines herrlichen Talentes Spuren seines Ursprung^
verrathen zu haben. Die Künstler, welche in der zweite"
Hälfte des 16. Jahrhunderts in Holland von Bedeutu»S
waren, kann man ebenfalls nicht als national bezeichncUi
Bloemaert arbeitete in der Art des Correggio, Coi'
nelis von Haarlem lehnte sich an Michelangelo a»,
und selbst Mierevelt, obschon von italienischem Eiw
flusse frei, zeigt keinen eigentlich nationalen Zug. Eefli
gegen Ende des 16. Iahrhunderts gewinnen die hollän^
dischen Künstler, zumeist vom Porträt ausgehend, eiR
eigenartige Physiognomie; es tauchen Künstler wie Ia»
Ravesteyn, Lastman, Pinas, Poelenburg, va»
der Venne, Th. ve Keyser, Honthorst und Esaia^
van de Velde auf, deren bloße Nennung genügt, »"'
an ihre Bedeutung zu erinnern.

Das Jahr 1609, in welchem Holland seine poki'
tische und religiöse Unabhängigkeit erlangte, wurde f^
dessen Kunst entscheidend. Bekanntlich war Rubens^
in demselben Jahre in seine Heimat zurückgekehrt »»i'
hatte sofort die Führerschaft in der vaterländischen Ku»!^
angetreten; was wäre geschehen, wenn Holland sich »iäfl
frei gemacht hätte? Am Ende wäre vielleicht Rew"
brandt, der zur Zeit der Rückkehr des Antwerpe»^
Meisters noch ein SLugling war, dessen Schüter

*) Wir wollen bei dieser Gelegenheit bemerken, daß d»
von dem geehrten Herrn Reserenten Sp. 46 t, Note ') ^
wähnte allegorische Bild aus der Sammlung des Herea
Ruppertshoven, gegemvärtig in Wien, nach unserer auf »j'
längst gewonnener Autopsie begründeten Ueberzeugung keid
Original von Rubens ist, obwohl es von manchen Autori
täten, u. A. von Waagen, als solches anerkannt worde»
sein soll. Anm. d. Red-
 
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