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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 12.1877

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Die doppelte Preisvertheilung in Philadelphia
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Die akademische Kunstausstellung in Berlin, [7]
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187 Die akademische Kunstausstellung in Berlin. 188

länder, der Franzose und der Ztaliener kehrten nach hätten voraussagen wollen, wie es sich wirklich ergab.
Europa zurück. ! Während nur Jtalien, Schweden und Norwegen bei dtt

Die Agitation wegen der wirklich oder vermeintlich ' neuen Vertheilung ganz leer ausgingen, und die meisten

zu geringen Anzahl der prämiirten Gemälde dauerte
aber fort, und der Vorsitzende der gesammten Kunst-
gruppe, Herr Claghorn, ließ sich schließlich bewegen,
die Jury nochmals einzuberufen. Außer einem der
Amerikaner fand sich aber nur der Vertreter der Nieder-
lande bercit, die in aller Form erledigte Angelegenheit
von Neuem in Erwägung zu zichen. Die Verireter
Oesterreichs, Englands, Frankreichs und Jtaliens waren
eben nicht mehr in Amerika, nnd die Vertreter Deutsch-
lands und Spaniens weigerten sich auf's Entschiedenste
an den erneuten Berathungeu Theil zu nehmen. Wenn
sie eine derartige Wiederaufnahme einer formell zum
Abschluß gebrachten Sache schon an sich für uuthunlich
hielten, so erschicn es ihnen vollends unmoglich, sich
hinter dem Rückcn ihrer bereits abgereistcn Kollegen an
einem solchen Vorgehen zu betheiligen. Hrn. Schlesinger
erschien das, wie uns, ganz selbstverständlich. Mit
seiner Ansicht früher in der Minorität geblieben, konnte
er ihr unuwglich nachträglich durch eine Hintcrthür
Geltung zu verschaffen suchen. Er gab daher eine Er-
klärung zu Protokoll, die in deutscher Uebersetzung
folgendermaßen lautet:

„Obgleich ich meine Uebereinstimmung mit
den Ansichten der jetzt gegenwärtigen Mitglieder
deS Komits's aussprechen möchte, welche die An-
zahl der fürOelgemälde vorgeschlagenenMedaillen
für viel zu gering halten, so halte ich mich doch
nicht für berechtigt, irgend welche weiteren Aus-
zeichnungen vorzuschlagen, in Erwäguug der
Thatsachen: daß ich Mitgliev des Subkomits's
war, welches jene Auszeichnungen beschlossen, daß
dieses Komits beschlossen hat, seine Arbeiten für
endgiltig beendet zu erklären, uud daß alle Mit-
glieder jenes Komits's mit Ausnahme des Grafen
Donaldio (des spanischen Preisrichters) und
meiner selbst abwesend sind."

Es muß dazu bcmerkt werden, daß einer der
amcrikanischen Richter und der Niederländer verhindert
gewesen waren, den Bcrathungen der ersten, eigentlichen
Jury beizuwohnen. Und trotzdem bildete jetzt diescr
Niederländer allein mit jenem Amerikaner und Herrn
Claghorn, welcher dem Subkomits zur Beurthcilung dcr
Gemälde nicht angehört hatte, eiu neues Komits, und
diese Herren brachten jetzt zu dcn bereits verliehenen
85 Medaillen noch 121 fernere in Vorschlag. Wem
dieses Verfahren zu Gute kam, liegt bei der Nationalität
der nunmehrigen alleinigen Richter auf der Hand.
Oder nein! Die Zungen würden schon für recht bos-
haft gehalten worden sein, welche ein solches Resultat

übrigcn Länder etwas mehr (nur England und Spanwn
weniger) als die gleiche Anzahl von Preisen, die sn
bereits besaßen, hinzuerhielten, erhielt Amerika mehr al^
die doppelte Anzahl seiner bisherigen Preise zu diestn
hinzu. DieAnzahl der belgischenPreise aber versieben-
fachte sich, diejenige der holländischen verfünffachle
sich beinahe: Amcrika hatte früher 13 besessen, st^
erhielt es 41; Belgien hatte früher nur 2 erhaltew
jetzt bekam es 15; Holland stieg von 7 auf 31.

Eines weiteren Kommentars bedarf der ganze Bor^
fall kaum. Möglicherweise ist die zweite VertheilunS
eine gerechtere gewesen, als die erste. Darum handell
es sich gar nicht. Jedenfalls ist es eine Thatsache, daji
die Mehrzahl der Preise für Gemälde gegen den Wille"
der Männer ertheilt ist, die man aus allen LändcrN
Europas zusammenberufen, um als Preisrichter zu fnn"
giren. Und diese Thatsache, dächten wir, spräche 1^
sich selbst. Nichts liegt uns ferner, als irgend weE
Folgerungen in Betreff dieser oder jener Künstler oder
Kunstwerke aus ihr zu ziehen. Jnteressant ist sie vor'
allen Dingeu zur Jllustrirung. dcr Geschichte der Wcll'
ausstellungen?) X.

Die akademische Lunstausstellung in öerlin-

VII.

Das Genre im engeren Sinne tritt quantitaN"
wie immer stark in deu Vordergrund, aber qualitat^
sehr zurück. Sieht man von den epochemachenden Malereiclt
Gussow's, dem Knaus'schen Kabinetsstücke und den bereil^
besprochenen Bildern Defregger's ab, so bleibt kaurn da
eine oder das andere übrig, welches ein paar Wo^
rechtsertigt. Die Berliner und Düsseldorfer Modemalc^
denen es ab und zu einmal glückt, durch einen pikant^
Stoff gelindes Aufsehen zu erregen, haben diesmal nia)
zu Wege gebracht, obwohl sie so ziemlich alle vertretc^
sind. Fehlt ihnen cin fesselnder Sloff, der die Men^
blendet, so zeigt sich ihre Hohlheit und ihre technst ^
Mittelmäßigkeit ohne Schminke. Kraus, Kretzschu'^'
Paulsen, LulvLs, Knut Eckwall, Cretius, Dieffenba^
Sondermann, Sonderland, Nikutowski haben alle a»
gestellt, aber nichts, was der Rede werth ist. Zu ^
wundern ist nur, wie ein Genremaler von der Manie'Z
heit eines Dieffenbach in die Nationalgalerie einschllstl^
konnte! Bedauerlich ist der Rückgang des liebeuswürdich

Jn der Wiener Künstlsrgenossenschaft, deren -ll'S
sandter, Herr Costenoble, ebenfalls Amerika bereits verMN^
hatte, als die zweite Preisvertheilung in Scene ging, ""
kürzlich ein energischer Protest gegen den unerhörten
gang beschlossen. 2l. d. Ae
 
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