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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 12.1877

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Berggruen, Oskar: Die Entwürfe zum Wiener Grillparzer-Denkmale
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https://doi.org/10.11588/diglit.5785#0153

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Jahrgang.

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"S, Köingsstr. S)
öu richten.

^ebruar

Nr. 19.
Znscrate

L 25 Pf. für die drei
Mal gespaltene Petitzeile
werden von jeder Buch-
und Kunsthandlung an-
genommen.

1877.

Btiblatt zur Zcitschrist siir bildende Kunst.

Dlatt, jede Woche am Donnerstag erscheinend, erhalten die Abonnenten der „Zeitschrift für bildende Kunst" gratis; für sich allein bezogen
kostet der Jahrgang 9 Mark sowohl im Buchhandel wie auch bei den deutschen und österreichischen Postanstalten.

^ie Eutwürfe zum Wiener Grillparzer-Denkmal. — Hen tsch, Anleitnng zum Studium der Perspeklive; Seeberger, Grundzüge der perspcktivi-
schen Schattenlehre; Neinhart, Vuss xittorsscius« ä6 I'ltulis; Viola trieolor; Deutschland's kunstgewerbl. Journale. — Archäologische Gesell-
Ichaft in Berlin; Stenochromie; Der Bau des BreSlaner Museums; Engelhard's Statue der Knrfürstin Sophie; Nestauration des Doms in Rheims.
Auktion Liebermann. — Zeitschriften. — Jnserate. *

Entwürfe ;um Wieuer Grillparzer-
Denkmale.

^^>a)wie der berühmle Ncchlslehrer Savigny

^leichwie

Jahrhundert den Beruf zur Gesetzgcbung ab-
ist, hat, obschon das Gesctzmachen nie znvor so
war, wie gerade in unserer Zeit: so möchte
dxg ' ^"gcachtet dcr jetzl überall hcrrschenden Leidenschaft
ler r,. ^kmalsetzens, dcn Beruf unserer bildenden Künst-
cine solche Thätigkeit fast bezweifeln. Für die
^ufzjg Jahre wenigstens kann der Kunststatistiker
ksta^ ^sten Willen auf zehn verunglückte Monumente
stelii gelungenes herausrechnen und das Verhältniß
^tsiz» . »icht günstiger, wenn man alle Konkurrenz-
die für irgend ein Denkmal vorlicgcn, in Be-
^cht. Auch die Konkurrenz für das Monunient,

Hsterr > "" Wiener Volksgarten dem größten deutsch-
^eß^^ichcn Dramatiker errichtet werden svll, hat in
t>r^ ^Ziehung ein gleich trostloses Resultat crgeben;
sttiy ^Mwürfe, darunter eine bloße Aquarellskizze,
üelaufen, und kaum mehr als drei oder vier der-
stchtlj^ ö">tcn überhaupt ernsthaft genommcn und hin-
i ihrer Ausführbarkeit in Frage gezogen werden.

^ürden dieses Ergebniß nicht so sehr beklagen,
^ 'uißlungenen Entwürfe irgend eine Spur von
Urs^?^"iß und Erfassung der Aufgabe, ja nur von
»Nfz "üücher Begabung für die monumentale Plastik
^stst. vermöchten. Das ist aber leider nicht der
"'cht'n^ burchweg begegnet man einer geistlosen, wo
^ivtjh^hrten, Anwendung hergebrachter Formen und
stkh^ und einem geschmacklosen Pasticcio von Remini-
^ster Art. Die meisten dieser Entwürfe stnd

dabei stehen geblieben, irgend eine gute Photographie
des greisen Dichters in ihren oft sehr ordinärcn plasti-
schen Dialekt zu übertragen und die so entstandene Büste
oder Figur in konventioneller Weise zu einem Monument
herauszustasfiren. 'Einer idealcn Auffassung, einer Durch-
dringung und Vergeistigung des Mannes, den sie so der
Unsterblichkeit überliefern wollen, begegnet man nicht;
ebensowenig ist ein Nachdcnken über das Alter, in
welchem er zur Darstellung gebracht werden soll, über
die Charakterisirung seiner Persönlichkeit, über die
monumentale Gestaltung seiner für die Plastik nicht
eben günstigen körperlichen Erscheinung und über ähn-
liche hochwichtige Fragen herauszufinden. Wohl aber
ist eine Masse von haarsträubenden Geschmacklosigkeiten
und Barbarismen vorhanden, aus welcher wir einige
Pröbchen mittheilen, um dem Leser Anhaltspunkte zur
Würdigung unseres Urtheils an die Hand zu geben.

Ein Entwurf mit dem Motto: „D'rum ist der

Oesterreicher froh und frank." zeigt uns einen

alten, grämlichen Greisenkopf von unerfindlicher Porträt-
ähnlichkeit, aber sehr elegant frisirt, auf einem dünnen
Halse. Der monumentale Haubenstock steht auf einem
kannellirten Säulenstrunk recht gottverlassen da; desto
zahlreicher und lustiger ist die Gesellschaft von allego-
rischen und sonstigen „poetischen" Personen, die sich
ohne alle Motivirung zu Füßen der gebrochenen Säule
herumgelagert hat. Sieht man dicse Figuren so durch-
einander geschüttet, so begreift man recht wohl, daß ein
Atelierwitzling die Vermuthung aussprach, sie seien durch
ein Eisenbahnunglück zusammengeworfen worden.

Ein Plastiker, den die Jnschrift „Sapho" (sio!)
in Goldbuchstabeu kennzeichnet, hat sich Grillparzer als
 
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