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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 12.1877

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Das Rubensfest zu Antwerpen, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5785#0393

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Hl.JahrMili.

Sciträgc

siitd anvr. C. V.Lützow
(Wien,Thetesianumgasse
25) od. an die VerlngSH.
(-Leipzig, Königsstr. 3)
zu richten.

13. Septemlier

Nr. 49.

Znscratc

u 25 Pf. für die drei
Mal gespaltene Petitzeile
werden von jeder Buch-
nnd Kunsthandlnng an-
genommen.

1877.

Beiblatt znr Zeitschrist sür vildcnde Knnst.

Dies Blatt, jede Woche am Donnerstag erscheinend, erhalten die Abonnenten der „Zeitschrift für bildende Kunst" gratis; für sich allein bezogen
kostet der Jahrgang 9 Mark sowohl im Buchhandel wie auch bei ben deutschen und österreichischen Postanstalten.

Jnhalt: Das Nubensfest zu Antwerpen. I. — Rembrandt-Ausstellung in London. — Maillinger, das Nationalmnsenm zu München; Mannfeld,
Dlirch's dentsche Land; Aldegreversche Ornamente in photographischen Reproductionen. — C. Seibels f. — Ausstellung von Arbeiten der verviel-
fältigenden Künste zu Nürnberg. — Zeitschriften. — Berichtigung. — Jnserate.

Das Ruliensfest M Fnlwerpen.

i.

Götter- und Heroendienst! Es ist eimnal nicht
anders. Zn Herakles und Theseus und Kastor und
Polydeukes und Roinulus die Heiligen der Entsagung
und Askese und die Märtyrer. Ueber ihren Reliquien
Monumente, Hügel. Steine, Stupa's, Tempel, Moscheen,
Kirchen. Zu der Stadt- und Landesheroen-Verehrnng
sammelt sich das Volk. An das heilige Fest reiht sich
das weltliche und der Markt: Olympische Spiele, Dio-
nysos-Feste, Panathenäen, Kirmessen, Messen, zu denen
Landschaft, Land nnd Länder strömen, zu schauen und
Handel zu treiben. — Was wollen Sie? Ein nener
Heroendienst wird Mode. Zu neuen Weihen und neuen
Festen ruft man Landsleute und Fremde. ' Nicht um
Heilige zu ehren, auf deren Namen und über deren
Gebeinen man einst die Kirchen errichtete, nicht für
Sieger in Körperkraft und politischer Herrschaft, sonbern
für Sieger auf dem Gebiet des Geistes und der Phan-
tasie in Wissenschaft und Kunst. Man zieht das Volk
heran und bietet ihm, woran es einmal mit aller Be-
rechtigung Freude hat, aber rnan hat es mit den neuen
Festen in der Hand, den Ausschreitungen der alten
Feste, soweit dieselben in's Rohe und Gemeine des Jan-
Hagel-Vergnügens gesunken sind, zn begegnen Nach
dem Programm wird allerdings das Rubensfest eine
belgische Kirmes, aber —

„Und Sie wollen das vertheidigen? Acht Tage
lang das Land zusammentrommeln zum Hophei? Wofür?
Für einen Maler! Womit? Mit einer Cantate, mit
Kunstkonkurrenzen, Ausstellungen, Knnstversammlnngen,

Reden und Zubehör. 1g, boinis lisnrs. Hab' nichts
dagegen. Jst prächtig! Aber acht Tage lang jeben
Morgen von ^7 bis 7 Uhr Artilleriesalven, Carillon
rc.! Processionen, Wettfechten mit Säbel und Fleuret,
Vieh- nnd Ackerwirthschaftausstellung, Blumen- und
Gemüseausstellung, Wettsingen, Wettrudern, Weltsegeln,
Wetttraben, Wettrennen, dazu ans allen vier Himmels-
gegenden die Sänger, Ruderer rc. herbeirufen, das soll
ein Rubensfest sein? Jst Sinn darin? Handelt es sich
um einen Mann, der für Volk und Vaterland in
Thaten, durch Kriegsthaten oder Leitung in Krieg und
Frieden, durch Gesetze und Jnstitutionen wirkte, so daß
sein ganzes Volk vom Höchsten zum Niedrigsten dabei
betheiligt war und für lange Zeiten, für Jahrhunderte
Nerv und Ziel, Sicherbeit und Größe erhielt? Acht
Tage auf Rubens' Narnen zur Kirmes datz ganze Land
dnrch Ricsenreklamen auf bie Eisenbahncn und in die
Hotels und Schenken von Antwerpen hetzen nnd es mit
einem amerikanischen Menü von Allerlei durcheinander
traktiren? Heißt das Rubens würdig feiern?

Aber natürlich! Die bildendcn Künste sind jetzt in
dcr Mode, wie die Fischschwanzkleider. Slaatsmänner,
Krieger, Heilige sind abgewandelt. Aber der alteAdam
ist inimer derselbe. Alter Kultus, Reliquiendienst mit
nenem Namen und Spielzeug! Nicht mehr in Tempeln
und Fürstenpalästen, abcr in Museen, nicht mit Schä-
deln und Gebeinen und Hölzern nnd Nägeln und Tressen-
hülen, Kleidern, Welfenhosen und dergleichen, aber mil
Bildern, oft so echt, wie die Heiligenknochen, mit Sta-
tnenbrocken und Geräthen, mit Dingen, die man bis
vor Kurzem in die Rumpelkammern stellte und hängte,
weil kein Mensch sie ansehen wollte. Heut? Ja, Wall-
 
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