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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 12.1877

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Berggruen, Oskar: Rubens und Rembrandt, [1]
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Die Kaiserproklamation in Versailles von Anton v. Wernern
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https://doi.org/10.11588/diglit.5785#0219

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Die Kaiserproklcmwtion in Versailles von A. v. Werner.

430

42g

..^^sfend jst, was der Autor bei dieser Gelegcnhcit
^er von Rubens bcmcrkt. „Bei Rubcns

>"an nicht jene auffallcnden Berschiedcnheiten der
"Iweise wahrnehmen, welchc bei den mcisten Künstlern
" Hebergang von einer Altersstufe zur anderu be-
^ ">en nnd die man deren Manieren zu nennen pflegt.
«ls ^ früh gereift und zu plötzlich dahingegangen,
^ ^aß seine Kunst die Spuren dcr Kindheit oder die
iwächxn des Alters aufwcisen würde. Ein- für alle-
, hatte er seincn Stil, seine Formen, ja zahlreiche
,^'fche Gestalten und auch die wesemlichstcn Elemente
>"ier Technik gefundcn. Mit der zunehmendcn Er-
wurde seine Palette reicher nnd zugleich ge-

bei geringerer Anstrengung erzielte er größere
^.?^"ng, und seine außerordentliche Kühnheit zeigt nach
aherer Prüfung blos das weise Maßhaltcn und ge-
,^'Eke Zutrcffen eines Mcisters, welcher - sich nicht
^"der beherrscht, als er sich gehen läßt". Nach dieser
öeiiieinen Charakterisirung der Rubcns'schen Malwcisc
>.. Frvmentin vom Standpunkte des Malcrs aus cine
^ M intcressante und geistrciche Beschreibung der Bilder
^ Meisters im Brüssclcr Muscum. Wir niüßten ganze
hersetzen, nm dcm glänzenden Detail dieser vor-
.^"dnißvollen Aualysc dcr Rubcns'schen Technik gcrccht
^ werden; eingehender und treffeuver, mit größerer
,>^kenntniß und Vorurthcilslosigkeit ist in diescr Be-
. über den Meister wohl noch nicht geurtheilt
°>'den.

L ^icht niinder gelungen ist die Beschreibung, welche
^wnientin von den Bildern des Rubcns in Mecheln
Sehr witzig bemerkt der Autor, daß in dieser
ih s ' °^n, halb erloschenen Metropole, besser gesagt:

^rpole, nichts lebendig geblieben, als dic Bildcr von
. "dens." Es sind dies bas Triplhchon mit der An-
^w'g dxx Könige in der St. Zohanneskirche

l>. das nicht minder berühmte Triptychon init dem
^dkrbaren Fischzuge in Notre-Dame. Ersteres Bild
ziemlich einc Wiederholung der gleichen Dar-
"^en im Louvre uud in Brüssel, da „Rubens nach
s^ ^r besten Meister die Gewohnheit hatte, viel in
g ^ Ännerlichkeit zu leben unb einen einmal durch-
^^beiteten Stoff, der sich als fruchtbar erwiesen, oft
^ gestalten." Das Thema der heil. drei Könige
wegen des festlichen Pompes und der reichen
^?^"ste, die dabei entfaltet werden konnten, Rubens
spii^^ zU- Zuerst behandelte er es in Brüssel;
st., ^ führte er die ursprüngliche Anlage viel reicher,
Pvs^ sicherer für Mccheln durch, und diese Kom-
>st entschieden die beste; nachher fügte er neue
lj^^ungen hinzu und überraschte durch die Uncrschöpf-
st>"er Hilfsquellen, bcachte aber keine bessere
v^""g hervor. Das Triptychon von Mccheln muß
"'bhr als oie vollendelste Gestaltung dieses Stofses

und als eines dcr schönsten Äiubens'schcn Prnnkbilder
(doil68 ü Arunä spootÄvlö) angeschcn werden. Auch der
„Wundcrbare Fischzug" in Notre-Dame ist ein hervor-
ragcndes Bild, in welchem insbesondere die M^jswr-
schaft des Künstlers in der Darstcllung von Figuren
und Scenen aus dcn unteren Volksschichten zur Gellung
gelangt. Frvmentin hebt mit Recht die Vcrwandtschaft
hcrvor, welche sich hier zwischen Rubens nnd Jordacns
zeigt und die Unerschrockcnheit, mit wclcher der ästhetisch
gebildete Meister „rohe Dinge roh darstellt". Daneben
hat diescs Bild das Verdienst, die Geheimnisse der
Rubens'schcn Palette vollkommcn klar zu legen. Daran
allein kann man die Malweise des Mcisters crschöpfend
studiren und inne werden, daß er keinen Pinsclstrich
ohnc Zweck zu machen pflegte, so zwar, „daß man in
jedcm Pinselstriche, den man etwa wegputzcn wollte,
einen Zug des Künstlers vernichten würde."

Oskar BeiMruen.

Die Kaiserproklamation in Versailles von
Änton v. Werner.

Dcr achtzigste Geburtstag hat dem greiscn Kaiser
Wilhelm zwei Gaben von hervorragendem künstlcrischem
Werlhe gebracht: cin Kolossalbilb von A. v. Werner,
welches den denkwürdigen Akt in der Omlorio äos
Aiuoo8 in Bersailles verewigt, und das lebensgroße
Hilfsmodell zu einer Statue der Kömgin Luise von
E. Encke, welche als Pendant zum Stanbbilve König
Friedrich Wilhelm's III. ini Thiergarten errichtet
werden soll.

Der Vorgang, welchen das Werner'sche Bild dar-
stellt, ist durch zahlreiche, allgemein verbreitete Ab-
bilbungen längst in großcn Zügen fixirt worden, so
daß sich der Malcr schwerlich eine Abweichung erlauben
durfte. Das preußische Hofceremoniel gestattet der
künstlerischen Phantasie keine Seitensprünge. Auch in
diesen scheinbar so unwichtigen Aeußerlichkeiten offcnbart
sich ein Stück jcner stranimen Disciplin, die auswärts
das ewige Stichblatt des Spottes hergcben muß, die
aber im Lande längst als nothwendig und selbstverständ-
lich anerkannt worden ist. Was wir errungen haben,
ist ja zum besten Theile dieser viel bespöttelten preußischen
Disciplin zu verdanken.

Die lanbläufigen Abbildungen halten gewöhnlich
den Moment nach der Verlesung der Proklamation durch
den Fürsten Bismark fest, den Moment, wo der Kron-
prinz sich niederbeugt und seine Lippen auf die Hand
des Vaters 'drückt. Der Maler hat mit Recht diesen
in die Länge gezogenen Kuß vermicden- Der Kronprinz
steht zur Rechten des Kaisers, zur Linken der Großherzog
von Baden, der eben das Hoch auf den Kaiser aus-
gebracht hat, in welches bie Bersammlung jubelnd ein-
 
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