Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 12.1877

DOI Artikel:
Die Konkurrenz für die Ausschmückung des Kaiserhauses in Goslar
DOI Artikel:
Lampert, Friedrich: Altdeutsche Bilder in der Münsterkirche zu Kloster Heilsbronn, [2]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5785#0413

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
817

Altdeutsche Bilder in der Münsterkirchs zu Kloster Heilsbromr

818

liches geleistet. Auf dem auch sonst ziemlich befremdlichen
Enlwurfe von A. Baur steht z. B. ein schwarz und
weiß karrirter Herold im erstcn Plan der Komposition.
Man denke sich diese Figur mit den schwarzen und
weißen Quadraten in kolossalcm Maßstabe ausgeführt!

Wislicenus' geistige Richtung ist bekannt: cs kreuzen
sich in seinem künstlcrischen Charakter die Einflüsse von
Cornelius, von Schnorr, von Bendemann, uud wcnn-
gleich in manchen seiner Schöpfungen der Geist dcr
Langeweile umgeht, so spricht doch aus ihncn cin auf
das Große gcrichteter Sinn, cin ernstes Streben, das
an die Traditionen der klassischen Zeit anknüpft. Man
protegirt jetzt diese Richtung vielfach, und so dürfte sich
vielleicht die Wage zu seinen Gunstcn neigen. Er würde
sich dann freilich — auch ein nothwendiges Uebel der
Konkurrenzen — zu wesentlichen Umarbeitungen ent-
schließen müsscn.

Von den anderen verdient von Deutsch cine
rühmliche Crwähnung, der namentlich recht hübschc Licht-
effektc erzielt hat, und Knackfuß. Letzterer bekundet in
zwei Kompositionen — Friedrich's II. Einzug in Jcru-
salem und Friedrich Barbarossa's Sieg über die Römer
am Tage seiner Krönung — ein so emincntes Farben-
gefühl, daß man auf ausgeführte Gemälde von seiner
Hand gespanut sein sollte. Aber es leuchtet ihm bei
der Ausführung seiner Bilder leider kcin gleich glück-
licher Stern. K.

Ält-eutsche Silder in der Miinjterkirche
M Kloster Heilsbronn.

(Schluß.)

Wenden wir uns zu einem weiteren Gemälde, in
dem auch die Technik einen vollen Triumph gefeiert hat!
Wir sehen uns von ihm in die besteZeit der deutschen
Kunst versetzt. Denn ein Deutscher war jedenfalls der
unbekannte Maler dieses Bildes. Mit dem Ausdruck
strenger Hoheit, himmelsköniglicher Majestät tritt uns
Maria — denn sie ist der eigentliche Gegenstand und
Mittelpunkt des Bildes — entgegen. Es ist die Jung-
frau mit dem Kiude, die wir hier gemalt sehen; aber sie
gehört bereits jenem Kreise der dogmatisch reflektirenden
Kunst an, der die biblische, geschichtliche Maria in die
der Kirche umgesetzt, ihr die volle Glorie der „Mutter
Gottes" gegeben hat. Die sceptertragende Königin der
Heiligen und des Himmels, mit der ewigen Krone ge-
schmückt, erscheint hier augenfällig als „Mutter aller
Gnaden", und zwar in einer ganz besonderen Beziehung,
in einer unmittelbar dem Kloster Heilsbronn geltenden.
Das Kloster hat diese Madonna für sich malen lassen,
sie als seine speciclle Schutzherrin proklamirt. Denn des
Klosters sämmtliche Insassen, von dem hochwürdigcn

Abt an, haben unter dem Gnadenmantel der Jungfrau
Platz und Zuflucht gefunden: über sie streckt sie schützeud
die königliche Hand aus.

Ob nun der Abt, der so sich und seinen Convcnt
in diese uumittclbaren Beziehungen zur Himmclskönigin
setzen ließ, der im Jahre 1498 gestorbene Abt Haunold
war, über dessen Votivtafcl das Bild im Capitolium
hing, wollen wir dahiu gcstcllt sein lassen; gewiegtc
Stimmcn sprechcn dafür. Betrachten wir das Gemälde
näher. Es ist von ziemlicher Größe, 7 ^ Fuß hoch, 3
breit. Maria steht in ganzer Figur vor uns, cine hchre
Gestalt, die durch und durch etwas Jmponirendes hat.
Jn dem uns voll zugewendetcn Gesichte aber ist der ernste
Zug strenger Majestät durch einen Zug hoher Anmuth
und sanfter Weiblichkeit gemilvert, der unverkennbar an
den Zauber der Holbein'scheu Madonnen mahnt. Unter
der hohen, stolzen Stirn blickt namcntlich aus deui
großen, blauen Auge eine Welt voll Leben; der Muud
ist lcicht geschlosscn, als wollte er sich eben öffnen, cin
Wort des Segens oder der Guadcnspendung denen zu
sprechen, die sich in ihren Schutz begeben. Neich uud
fürstlich ist die Gcwandung: über dcm goldbrokatenen,
hoch hcranfgehenden Kleive fällt der blane mit Gold-
kanten besetzte Mantcl in reichcm Faltenwurf herab;
der am Hinterhaupt befestigte Schleier geht nicht, wie
sonst bei der iimtkr äolorosu, tief herein; das goldene
Diadem der Himmclsherrschast ruht schon auf der Stirue,
und darum bleibt diese frei und offcn; nur eine Fülle
goldener Locken windet sich durch den blinkenden Reif
und wallt über die Schultern nieder.

Auf der linken Hand trägt Maria das göttliche
Kind, mit einem Christkindgesicht, so lieb und schön, wie
es nur auf unsern besten alten Bildern zu sehen ist; den
rechten Arm hat es um die Muttcr gclegt, in der linken
Hand 'hält es an einem Faden ein Vögelein.

Unter den Falten des Mantels knieen die Mönche,
die Klienten der himnilischen Fürsprccherin, eine originelle,
mit Ausdruck und Humor gemalte Gruppe. Auf der einen
Seite hat Maria ihnen sclbst Platz gemacht, indem da
die rechte, prächtig gefornite, den Scepter tragende Hand
den Mantel auscinander schlägt und so Einen nach
dem Andern sich darunter bergen läßt. Es sind das
offenbar die Vornehmsten, die Ersten des Convents:
voran, der Madonna am nächstcn, der Abt mit der
Jnful, hinter ihm die andern Würdenträger, znnächst
noch zwei ganzc Figuren, dann die Andern, Kopf an
an Kopf hintereinander vorschauend, zwar alle wohlge-
nährte, aber zugleich schöne, ausdrucksvolle, zum Theil
sehr geistige Gesichter. Auf der linken Seite sind die
Knicenden versteckter, kriechen fast unter den Mantelfalten
hervor, dcm Einen verdecken diese z. B. die ganze obere
GesichtshLlfte, von dem Andern sieht man nur die Augen.
Aber auch hier siud die beiven Vordcrmänner in ganzer
 
Annotationen