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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 12.1877

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Römische Kunstausstellung, [2]
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Römische Kunstausstellung.

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. "bländer, Amerikaner und Russen sind nur durch wenige
^ repräsentirt, dagegen hat Spanien mehrercs, und
^unter manches, was zum Besten gehört, ja sogar das
^ptstück der Ausstellung, das Aller Augcn auf sich
^ ", i,nd dies auch in manchem Betracht und in dieser
^'3ebung nicht ohne Berechtigung, ausgestellt. — Anch
^ lirängt sich dem Beschauer sofort die Beobachtung
r '' baß die Ziele der modernen italienischen Malerei,
sie wcnigstens hier repräsentirt ist, nicht nach
^ ^lem, Hohem, Stilvollem gehen, sondern am Realen,
w^lichx^ Alltäglichen klcbcn. Kein einziges historisches
, i ^ hohen Stils ist ausgcstellt, selbst nur ganz wenige
^ '-^ischen Genre's; ein einziges Gemälde aus der heiligen
^chichte, „Christus, den Fraucn im Garten begegnend"
, Guardabassi aus Rom, auch dieses so modern ge-
^ ' daß man — um bezüglich des Gegenstandes der
^^stellung alle Zweifel zu bannen, an die untrügliche
^°Ntät des Kataloges appelliren muß; — auch der
n,/^! ^ vorhandencn Genrebilder ist, wie absichtlich,
^^'chst unbedeutcnd gewählt (z. B. Giotto, der dcm
a besandten Benedikt's IX. den von ihm mit freier
>Ui, einem Täfelchen gezogenen Kreis prasentirt!),

. l>ann dafür allen Nachdruck um so mehr auf die tech-
^ 'e Behandlung zu lcgen. Dagcgen sind cine Menge
9'ttz'^ dem unbedeutendsten Alltagsleben mit ihrcm
sta ^"^len Zubchör von Atlaskleidern, Toilettengegen-
Teppichcn und Draperien dargcstellt, anch wohl
sv ^us dem Volksleben des Landes, diesem seit jeher
h ^hr ausgebeuteten und wie der Augenschein lehrt,
ininier nicht erschöpften Bronnen für malerische
^ 'chraiion — wenigstens sind auch diesmal die Werke,
zj ^ Stoff aus diesem Kreise entlehnt ist, mit die an-
d^^sten der ganzen Ausstellung. Recht stark ist auch
inm d^rträt, besonders das Frauenporträt vertreten
ungefähr 20 Bildnissen finden sich blos zwei
„g^erporträts, auch ein Zeichen der Zeit!); allein
^igen wenigen Ausnahmen, vor Allem dem sehr
„^^eristisch uud naturwahr gemalteu Kopfe einer
Ih . Bäuerin, dcren Züge noch jeue Regelmäßigkeit be-
die ihr in ihrer Jugend wohl dcn Anspruch
'll, hohe Schönheit gegeben haben mochte (von der
^i, ^anerin E. Boot) und zwei weitcrhin zu bcsprechen-
sast ^°^räts cines spanischcn Künstlers — ist auch hier
Svri^H^ nnr Mittclgut, vieles selbst unter diese Kate-
h'uabgehend. — Erfreulich ist im Allgemeinen der
tzo der ausgestellten Landschaftcn, unter denen vicl
lich-j^iiches zu finden, mchr, als man nach dem land-
Ausspruche, dem Südländer gehe der Sinn für
zvb,^E)önheit der ihn umgebenden Natur ab, erwarten
^l»ei ^i>er wäre dieser Sinn nur der Vorzug ein-
Änsj^'^und gälte im Allgcmcinen doch die citirte

^ach diesem allgemeincn Ueberblick über das Ge-

botene bleibt nur noch iibrig, einige dcr hervorragendercn
Stücke anzuführen, und da müssen wir dcnn mit dcm
schon oben crwähnten Glanzstück der Ausstellung, den:
Werke des Spaniers Casado delAlisol, beginncn. Es
stellt in Lebcnsgröße die Favoritin eines vornehmen
orientalischen Harems dar, wie sie in teppichbedccktem,
mit reichsten Stoffen ausgestattetcm Gemache auf kost-
bar gestickten Kissen, mit cntblößtem Obcrleib in halb
aufgerichteter Lage, bedcckt vou schimmerndcr Seivendeckc,
daliegt und dcn Schmuck, den sie einem neben ihr
stehendeu Kästchen entnommen hat, spielend durch die
Finger gleiten läßt. Die Pracht der Stoffe, dcren Dar-
stcllung der Gegenstand nach dem eben Geschildertcn for-
derte, ist von dem Maler mit einer solchen technischcn Vir-
tuosität auf die Leinwand gebannt, daß man iiii ersten
Momente nicht vor einem Gemälde, sondcrn vor einer
im Atelier arrangirten Modellsccne, beider die Drape-
rien rc. die Hauptrollc zu spielen berufen sind, zu stchen
meint, dcnn im Grunde gcnommen ist ja das Bild
lcider auch nichts anderes. Vor diesem Nebensächlichen
tritt auch die Hauptfigur zurück, obwohl sie rccht
hübsch modellirt und fein ausgeführt ist. Das Ganze
ist eine Verirrung, aber die Berirrung eines malcrischen
Talcntes hohen Ranges, das berufen scheint, wcnn cs
den rechten Weg siudct, Bedeutcndcs zu leistcu. Denn
daß demselben 'zu dem vollendctcn tcchnischcn Können
auch die Kraft der Charakteristik nicht abgcht, das zeigt
sich uns in zwei Porträts, von denen das eine nicht nur
unter den übrigen Bildnissen der Exposilion den ersten,
sondern überhaupt einen sehr hohcn Rang cinnimmt. Es
stellt eine schwarzhaarige Dame mit interessanten Zngcn,
besonders fein gcschnittenem Munde, dar, die in moder-
ncm Kostüme (lichtgelbesSeidenkleid mitSpitzenchemisette,
aus der der schlanke Hals herauswächst) dasitzt. Dcm
Gesichtsthpus nach ist dieselbe offenbar Spanieriu. Hier
ist mit wenig Aufwand von Mitteln Staunenswerthcs
erreicht, was Leben, geistreiche Auffässung und Wieder-
gabe und Noblcsse der Gcsammtwirkung anbelangt.
Der Maler hat keinen einzigen Pinselstrich zu vicl gc-
than, so daß es beim ersten Amblick scheint, als wäre
das Bild unvollcndet, so lcicht aufgesetzt, so wenig pastoS ^
ist der Farbenauftrag; allein wenn man näher zusieht,
merkt man crst, wie gerade diese Behandlung für die
Wiedergabe dieser feinen, scnsitiven Erscheinung, die über
den Reiz der crsten Jugendschönheit lange hinaus ist
und nns doch so schr anzieht, die einzig richtigc ist. Man
kann so zu sagen jeden Pinselstrich, den der Meister lhat,
verfolgen und findet, daß das Resultat aller derselben
ciu ungemcin geistreich hingeschriebenes Bildniß ist. Daß
der Künstler aber, wo cs nöthig ist, auch stber einen
pastosen Farbenauftrag und über die Reizmittel eines
glühenden Kolorits gebictet, zeigt er uns in einem zweiten
Porträt, das eine üppige junge Spanierin im National-
 
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