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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 12.1877

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Römische Kunstausstellung, [2]
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399

Römische Kunstausstellung.

kostüm, von jenem vollen, glühenden Typus darstellt, den
wir aus den Darstcllungen spanischen Volkslebens kennen
und geneigt sind als den nationalen xur oxostlonos
zu betrachten. Obwohl viel glänzender in der malerischen
Ausführung, kann sich dies zweite Porträt in geistreicher
Auffassung und Wiedergabe nicht neben das erste stellen.

Unter den Genrebildern nimmt ein kleines Gemälde
von Iulian a, auch einem Spanier, wohl den ersten Rang
ein. Es stellt eine Scene in der Straße irgend einer
arabischen Stadt vor deni Laden eines Waffenhändlers
vor. Rechts sieht man durch die offene Thür des Ladens
den letzteren am Ambos bei der Arbeit, nach links zieht
sich die fensterlose enge Gasse hin, beiderseits vor den
Häusern mit Steinbänken. Jm Vordergrnnde, vor dem
Laden sind drei Beduinengcstalten auf einer der erwähn-
ten Bänke gelagert, mit dem Prüfen und Proben der
aus dem Laden zum Kauf herbcigeholteu Waffen, lang-
rohrigen Flinten und kruminein Säbel, in vollem Eifer
beschäftigt. Das Ganze ist lebensvoll angeordnet, und
die Ausführung hält zwischen geleckter Tüftelei und nach-
lässigem Hinwcrfen jene glückliche Mitte, die wir bei den
größteu Meistern des Genre's so gern bewundern. Es
liegt in dem kleinen Bildchen, nach Größe, geistreicher
Auffassung desStoffes und malerisch vollendeterDarstellung
desselben, etwas von einem Meissonier, ehe dieser in seine
bcklagenswerthe Miniaturmalerei verfiel, in der er sich
seit einiger Zeit gefLllt.

Ferner ist ein größeres Bild des Römers Tiratelli,
„Die Nückkehr von der Arbeit in den Sümpfen von
Maccarese" darstellend, hervorzuheben. Auf dem mit
vier schwarzen Büffeln bespannten, landesüblichcn Karren
mit zwei hohen Rädern, wie man ihm oft in den Seiten-
straßen Roms begegnet, und der eigentlich nur aus der
auf dem Wagengestelle ruhenden Plattform besteht,
worauf eine Querbank befestigt ist, sitzt die hcimkehrende
Familie des Contadino, der selbst auf der nach hinten
verlängerten Stange des Karrens hockend, die müdcn
Füße herabhängen läßt. Die Mutter, auf der Holz-
bank sitzenb, hat das jüngste Kind der Familie, ein
halbwüchsiges Mädchen, vor sich im Schooße lehnen
und verrichtet im üppigen Haare desselben einen Liebes-
dienst, mit dem man die Mütter auch sonst öfters auf
der Schwelle des Hauses sitzend beschäftigt sieht, wenn
man am Abend durch die engen Gassen kleinerer Stävte
Jtaliens streift — während die prächtige Gestalt einer
crwachsenen Schwester, nachlässig ruhend an die hoch-
hinaufreichende Seitenborde des Karrens gelehnt dasteht,
und der Sohn des Hauses vorn mit dem Antreiben
der trägen Thiere beschäftigt ist, damit sie den Karren
eher nach Hause bringen. Ringsum die Stille und
Oede der abendlichen Campagna mit ihren fahlen, ein-
förmigen Farbentönen, über das Ganze jene eigenthüm-
lich schwermüthige Stimmung ausgegossen, die die Poesie

4(tO

dieser traurigcn Landstriche bildet und den Wandere',
der sich in dieselben verloren, so mächtig ergreift.

Um nicht allzn weitlänfig zn werden, führe > i
unter den übrigen Genrebilvern nur noch des ParnicsaU^
Barilli „Kinder vom Orkan ereilt" an, ein Geschwist^
paar vor dem einsamen Steinbilde ciner Mntter Goll^
sich furchtsam ineinander schmiegend, währcnd ringsuj"
Sturm und Gewitter toben; sowie des Russen BroNZj'
koff „Müßiggänger der Piazza del popolo", ww"'
diese an genannteni Orte iminer in vielen Exempla^
anzutreffende Kategorie der Bevölkerung Roins
einigen originellen Thpen mit vielem Humor und lüöh
tigem malerischen Können dargestellt ist.

Eine ganze Reihe von Genrebildern behandclt de>u
antiken Leben entnommene Motive. Da ist z. B. des
mers Bompiani „Opfer", ein junge reizende Röiuer^
den mit Rosen gefüllten Korb dem sie an der Schw>'^
des Tempels empfangenden Priester darbringend. ^
ist des Neapolitaners Mazzotta „Dionys der Tyra»>d
der sich von seinen eigeneu Töchtern Bart und Haa>'
brennen und frisiren läßt"; da ist des Römers Magg'^
rani „Triclinium", drei üppige Frauengestalten, uaöy
lässig beim Mahle gelagert, mit obligater pompcjaiiisst^
Wanddekoration uud Ausblick in das blumen-
säulengeschmückte Peristyl; da sind noch manch' aude^
ähnliche antike Scenen, doch keine in Stoff odcr Da>"
stellung über das gewöhnlichste Niveau dieser
hinausreichend.

Unter den Landschaften nimmt „Ein Blick auf


ii»

Nemisee" von Sassi aus Alexandria eine hervorrage»
Stelle ein; im Vordergrunde eine prächtige Buch^
partie, hinter und neben welcher sich nach links hiu
Mittelgrunde der Nemisee, von der Höhe aus gcschs^
ausdehnt, im Hintergrunde die majestätisch-ruhigen Liu's
des gegen Süden hinziehenden Gebirges. Das Bild >
stilvoll komponirt und stimmungsvoll ausgeführt,
ist der stille, idyllische Zauber, der den Nemisee ^
allen seines Gleichen auszeichnet, darin etwas zu we" ^
betont. Ein Bilb der Amerikanerin Penniman zaub^
uns in meisterlich feiner Ausführung all' den zu',.,,
Duft vor's Auge, der über der „Bucht von Auwkst
liegt; hier ist keine Jdealisirung und Stilisirung, sondt'
nur ein Abschreiben des Wirklichen nöthig, um uns 9'''
dem den Eindruck des Märchenhaften zu gewähren.

Aiich

Knebel aus Rom (ein Deutscher?) hat nüt e>>^
stimmungsvollen Ansicht von Ariccia im Albancrgebi'^
mit einigen seiner berühmten Eichenpartien ein
gelungenes Werk geliefert, während Ner ly aus De'
mit einer äußerst trocken, glanz- und lichtlos behanN .
Ansicht des Hafens von Venedig keinen glücklichen ^
gethan. ^

Jndem ich viel Mittelgut übergehe, will ich
Schlusse meines Berichtes nur noch eines, unter vu'
 
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