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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 1.1890

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Ein Relief von Giovanni della Robbia
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https://doi.org/10.11588/diglit.3941#0007
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EIN RELIEF VON GIOVANNI DELLA ROBBIA.

Farben und eine sehr vertriebene Art der Modellirung
zeigen. Dass aber Luca nicht der Künstler sein kann,
brauche ich Ihnen nicht erst zu beweisen: ganz ab-
gesehen von der grossen stilistischen Verschieden-
heit zwischen diesem Relief und den Meisterwerken
des alten Luca della Robbia, ist dasselbe ja nach
einem fremden Vorbilde gearbeitet, auf welches
Verrocchio 1477 den Auftrag erhielt, das aber erst
mehrere Jabre später begonnen und erst im 17. Jahr-
hundert notdürftig fertig gemacht wurde.

Wenn Sie die Photographie des Grabmals Forte-
guerri zur Hand nehmen und den Vergleich zwischen
beiden Arbeiten ziehen, so können Sie mir mit Recht
einwenden, dass dieselben von einander nicht unbe-
trächtlich abweichen. Das ist in der That der Fall:
bei Wiederholung des Aufbaues im Ganzen ist doch
im Einzelnen nur der untere Engel rechts eine nahezu
treue Kopie; bei den übrigen Engeln hat Giovanni
keineswegs die Mannigfaltigkeit Verroccbio's in der
Bewegung und in den Faltenmotiven angestrebt, er
hat vielmehr jenen einen Engel, der ihm besonders
gefiel, fast treu nach den anderen drei Engeln, welche
die Mandorla halten, wiederholt. Genau wie an das
grosse Marmororiginal, das im Anfange des 16. Jahr-
hunderts jedenfalls noch unvollendet in irgend einer
Werkstatt am Dome magazinirt war, hat sich Gio-
vanni übrigens an das Modell gehalten, für das uns
eine erste kleine Skizze im South-Kensington-Museum
erhalten ist; hier sind namentlich auch die beiden
Cherubim am oberen und unteren Abschluss der
Mandorla genau so wie in Ihrem Robbiarelief,
während sie im Marmorrelief am Grabmal selbst
fehlen.

Dass Giovanni berühmte Originale älterer Flo-
rentiner Bildhauer kopirte, wird uns durch eine ganze

Reihe erhaltener Arbeiten des Künstlers bezeugt; meist
sind dieselben in ähnlich freier Weise kopirt wie in
Ihrem Relief. Ich nenne Ihnen als Beispiele ein Rund
mit der Madonna zwischen zwei schwebenden Engeln
in zwei Exemplaren (im Bargello und in der Akademie
in Florenz), sowie ein kleines Flachrelief der Madonna
in ganzer Figur (im Handel in Florenz), beide nach
Originalen des alten Luca della Robbia; ein rundes
Madonnenrelief in der Akademie nach der Madonna
des Benedetto da Majano über dem Grabmal des
Filippo Strozzi; ein Madonnenrelief nach Mino im
Besitz von M. Edouard Andre in Paris; Christus
und Thomas nach Verroccbio's Bronzegruppe in
S. Jacopo a Ripoli in Florenz. Verroccbio's Marmor-
madonna im Bargello hat er mehrfach kopirt, z. B. in
einen Relief der Capella Medici in Sa. Croce u. s. f.

Sie sehen, gerade Giovanni hat sich Verrocchio
besonders gern zum Vorbilde genommen. Zu Ihrem
Kölner Relief hat er zweifellos die Anregung be-
kommen, als er seit 1514 in Pistoja den berühmten
Fries mit den Werken der Barmherzigkeit am Ho-
spital des Ceppo ausführte. Dadurch wird auch die
Zeit der Entstehung Ihres Reliefs einigermassen ge-
sichert, die nicht vor das Jahr 1514 fallen wird,
was auch durch den Stil der Arbeit bestätigt wird.

Von den gewöhnlichen Arbeiten des Giovanni
della Robbia zeichnet sich dieses Tympanon vorteil-
haft aus durch die Kraft der Farben, die noch har-
monisch wirken, durch die gute und gleichmässige
Glasur und die verhältnismässig tüchtige Durch-
bildung der Figuren bis in die lieblichen Köpfe
hinein. Kurz, es ist ein Stück, das ich mit Freude
auch in unserer Berliner Sammlung sehen würde,
obgleich dieselbe so reich an verschiedenartigsten
Arbeiten der Robbiawerkstatt ist.
 
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