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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

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1. Maiheft
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Hoefner, Friedrich: Die Frühjahrsausstellung der Bildenden Künstler in Rom
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0342
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Die pt?(ibjabt?saus{iellung dev Bildenden Künßleü in Rom

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Von unserem Römischen Kunstreferenten
Dr. Friedrich Hoefner geht uns der nachstehende Bericht
über die Frühjahrsausstellung der Societä Amatori
e Cultori zu Rom zu:

Rom, 27. April 1920.

Auch in Rom ist der Gedanke der Protestausstellungen
durchgedrungen. Hier aber ist es die Jury selbst,
welche ihn aufgenommen und durchgeführt hat, indem sie
den Zurückgewiesenen anschließend an die eigentlichen

Abb. 1. Sartorio Aristide „Pferdekopf“.

Ausstellungsräume eigene Säle zuwies. Dieses Vorgehen
ist durchaus nicht günstig beurteilt worden, denn die an
und für sich sehr reich beschickte Ausstellung ist nur
um eine Reihe gleichgültiger Werke gleichgültiger Autoren
vermehrt worden und hat dadurch nur verloren; sie ist,
abgesehen von der auch sonst großen Milde der Jury,
langatmig und ermüdend.

Umsomehr wollen wir daher das Tägliche und All-
zutägliche beiseite lassen. In einem eigenem Saale hat
Aristide Sartorio ausgestellt. Es ist eine lange
Serie von Aquarellen, Stimmungen aus dem Felde, die
aber nicht das Visionäre des Kampfes schildern. Die
Soldaten sind ihm nur Staffage, höchstens Genre. Der
Künstler belauscht hier die zackigen Linien und die
fahlen Farben des Karstes oder die helleren Töne der
venezianischen Ebene. Tiefes Können steckt in den oft
kühn gezeichneten Bildern, die durch die Reinheit und
das Stählerne der Farben an Pettenkofen gemahnen.
Aber lieber ist uns sein Pferdekopf, der Kopf eines be-

rühmten Renners arabischen Blutes. (Abb. 1). Welche
Meisterschaft! Die Ausdruckskraft dieses feinnervigen
Pferdekopfes mit den bebenden Nüstern und den adeligen
Linien läßt wahrscheinlich an die Pferdeköpfe denken,
die Phidias für den Ostgiebel des Parthenon in Athen
schuf.

Ein Seitenstück dazu, nicht so beseelt, aber gleich
virtuos in der Ausführung und Zeichnung finden wir in
einer Radierung „Die Parzen“ von der Hand L i p i n s -
kys, eines der beiden deutschen Maler, die sich an
der Ausstellung beteiligt haben. Hier ist das Auge des
Malers, das mit grausamer Nüchternheit die Natur
meistern will. Doch die verklärende Liebe fehlt. Von
eben denselben Vorzügen und von dem gleichen Fehler
ist auch sein wundervoll gezeichneter Mädchenkopf „Eva“
behaftet.

Der zweite deutsche Maler ist Max Roeder, der
in Berlin hinlänglich bekannt ist. Er hat in dem Rom
nach dem Kriege noch keine Heimstätte gefunden und
daher nur einige kleine Landschaftsbildchen ausgestellt,
die er aus seiner Heimat mitgebracht hatte. Kleine
Fleckchen deutscher Erde nur sind es, die er schildert;
ein bischen Ackerland im Vordergrund, ein wenig Wald,
doch aus den braunen Schollen steigt Heimatsgeruch
und Tannenduft zieht von dem umblauten Wäldchen her.
Wir empfinden die Liebe, mit der der Künstler sieht,
der Künstler, dem Sehen Erlebnis wird.

Ein anderer Gast ist noch hier, der uns mit seinen
Werken gefangen nimmt. Ein blutjunger Bulgare,
Boris Georgieff, aus dessen Bildern aber russisches
Gemüt spricht. Eines seiner Bilder nennt sich „Der
Wanderer und seine Schwester“ oder „Autobiographie“.
Aus einer stilisierten Landschaft tritt das asketische Ge-
sicht des Wanderers mit den schwermütigen, alles ver-
stehenden Augen um so eindringlicher entgegen. Die
Huldgestalt seiner Schwester schwebt neben ihm. Es

Abb. 2. Ciardi Emma „Goldene Stunde“.

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