Zeitschrift für Humor und Kunst
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Berechtigter Einwand — „Was willst denn, Seppl, geschoren muß das
Schaf doch mal werden, — aus der Wolle werden
doch Slrümpfe gemacht."
— „Ich erlaub's aber nicht, — ich geh' doch barfuß."
Das Opferlamm Von C. A. Lennig
Als ich gestern in den „Goldenen Greif" eintrete, sitzt
da ein Mann mit total umwickeltem Kopfe, und als ich
näher hinschaue, sehe ich, daß es mein Freund Lansel ist.
Zum wenigstens war es seine Nase, wenn sie auch ein
wenig aus der Form geraten und arg zerschunden war.
„Lansel," sagte ich, „wenn du es wirklich bist — wie
kommst du denn zu dieser Vermummung? Bist du die
Treppe hinuntergefallen?"
Keine Anlwort. Nur die zerkratzten Nasenflügel vi-
brierten nervös.
„Lansel, was hast du denn?" forschte ich weiter. „Ist
dir sonst ein Anglück zugestoßen?"
Wieder keine Antwort.
„Wenn es dir schwer fällt zu reden, Lansel," fahre ich
geduldig fort, „so laß es gehen, und ich werde nicht weiter
in dich dringen. Wir können unsere Schoppen auch als
stumme Gesellschafter trinken."
„O, reden kann ich schon noch," knurrte Lansel wie aus
einem Wä'cheschrank heraus, „aber ich wünsche, der Lenker
holte alle neugierigen Fragerl"
„Dann wärst du beffer auf den Friedhof gegangen an-
statt in den Greif," gab ich gekränkt zurück. „Denn hier
mußtest du doch gewärtig sein, Bekannte zu treffen und
deine seltsame Erscheinung macht doch eine teilnehmende
Frage verzeihlich."
Wieder schwieg Lansel. Nach einer Weile stieß er
aber ganz unvermittelt und mit förmlich explosiver Gewalt
heraus: „Weißt du, was ein Preisausschreiben ist?"
„Natürlich, Lansel," antwortete ich. „Ein Preisaus
schreiben ist eine Veranstaltung, bei der man niemals etwas
kriegt."
„Da irrst du. Meine Frau hat tausend Mark gekriegt
und ich diese Daseinsverschönerung."
Ich schüttelte den Kopf, zuckte mit den Achseln und
kehrte die Landteller nach außen, ein vielfaches Zeichen,
daß seine Gegenbehauptung für mich in mystisches Dunkel
gehüllt sei.
„Ich will dir die Geschichte erzählen," kam er mir ge-
fälligerweise entgegen.
„Ohne Zorn und ohne Nückhalt, denn heraus muß fie
doch einmal."
Ich nickte zustimmend und erwartungsvoll.
„Meine Frau hält, wie du vielleicht weißt, die bekannte
Lausfrauenzeitung: ,Die vielseitige Familienmutter mit
Schnittmustern und einer Sonntagsbeilage^."
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Berechtigter Einwand — „Was willst denn, Seppl, geschoren muß das
Schaf doch mal werden, — aus der Wolle werden
doch Slrümpfe gemacht."
— „Ich erlaub's aber nicht, — ich geh' doch barfuß."
Das Opferlamm Von C. A. Lennig
Als ich gestern in den „Goldenen Greif" eintrete, sitzt
da ein Mann mit total umwickeltem Kopfe, und als ich
näher hinschaue, sehe ich, daß es mein Freund Lansel ist.
Zum wenigstens war es seine Nase, wenn sie auch ein
wenig aus der Form geraten und arg zerschunden war.
„Lansel," sagte ich, „wenn du es wirklich bist — wie
kommst du denn zu dieser Vermummung? Bist du die
Treppe hinuntergefallen?"
Keine Anlwort. Nur die zerkratzten Nasenflügel vi-
brierten nervös.
„Lansel, was hast du denn?" forschte ich weiter. „Ist
dir sonst ein Anglück zugestoßen?"
Wieder keine Antwort.
„Wenn es dir schwer fällt zu reden, Lansel," fahre ich
geduldig fort, „so laß es gehen, und ich werde nicht weiter
in dich dringen. Wir können unsere Schoppen auch als
stumme Gesellschafter trinken."
„O, reden kann ich schon noch," knurrte Lansel wie aus
einem Wä'cheschrank heraus, „aber ich wünsche, der Lenker
holte alle neugierigen Fragerl"
„Dann wärst du beffer auf den Friedhof gegangen an-
statt in den Greif," gab ich gekränkt zurück. „Denn hier
mußtest du doch gewärtig sein, Bekannte zu treffen und
deine seltsame Erscheinung macht doch eine teilnehmende
Frage verzeihlich."
Wieder schwieg Lansel. Nach einer Weile stieß er
aber ganz unvermittelt und mit förmlich explosiver Gewalt
heraus: „Weißt du, was ein Preisausschreiben ist?"
„Natürlich, Lansel," antwortete ich. „Ein Preisaus
schreiben ist eine Veranstaltung, bei der man niemals etwas
kriegt."
„Da irrst du. Meine Frau hat tausend Mark gekriegt
und ich diese Daseinsverschönerung."
Ich schüttelte den Kopf, zuckte mit den Achseln und
kehrte die Landteller nach außen, ein vielfaches Zeichen,
daß seine Gegenbehauptung für mich in mystisches Dunkel
gehüllt sei.
„Ich will dir die Geschichte erzählen," kam er mir ge-
fälligerweise entgegen.
„Ohne Zorn und ohne Nückhalt, denn heraus muß fie
doch einmal."
Ich nickte zustimmend und erwartungsvoll.
„Meine Frau hält, wie du vielleicht weißt, die bekannte
Lausfrauenzeitung: ,Die vielseitige Familienmutter mit
Schnittmustern und einer Sonntagsbeilage^."
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Meggendorfer Blätter
Titel
Titel/Objekt
Berechtigter Einwand
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Meggendorfer-Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Inschrift/Wappen/Marken
Transkription
- "Was willst denn, Seppl, geschoren muß das Schaf doch mal werden, - aus der Wolle werden doch Strümpfe gemacht." - "Ich erlaub's aber nicht, - ich geh doch barfuß."
Anbringungsort/Beschreibung
Bildunterschrift
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
B 2529-158-1 Folio
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsdatum
um 1918
Entstehungsdatum (normiert)
1913 - 1923
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Zeitpunkt Aufnahme (normiert)
2009-10-21 - 2009-10-21
Aufbewahrungsort (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Meggendorfer-Blätter, 115.1918, Nr. 1459 (12.12.1918), S. 165
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg