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Meggendorfer-Blätter — 52.1903 (Nr. 627-640)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16702#0100
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Meggendorfer-Blätter, Blünchen


seinen Blick so flehentlich bittcnd auf sich gerichtet sah, verstummte
sie und erhob sich mit einem konventionellen Lächeln,

„Glückaufl mein lieber Rustenberg!" rief der alte Schrobner
den jungen Leuten von der Veranda nach, und mit kräftigen
Ruderschlägen trieb der junge Mann das Boot hinaus in den
See, indes Lmmy geschickt das Steuer lenkte, Als sie schon
weit draußen waren, ließ Rustenberg mit einmal die Ruder
sinken und seinem reizenden Vis-a-vis tief in die Augen blickend,
begann er:

„Fräulein §mmy, ich habe Ihnen ein Geständnis zu niachen
und bitte Sie —"

„G, sprechen Sie nicht, kserr Rustenbergl" unterbrach ihn
lebhaft und tief errötend, das Mädchen, „Papas Glückauf!"
von vorhin ließ mich's ja ahnen, was Sie vorhaben; aber so
sehr ich Sie persönlich hochschätze, mein bserr, so könnte ich mich
nie und nimmer entschließen, einem Mann, der eine — der eine
solch gut gefärbte Nase hat, die ksand zu reichen und mit ihm
dann zum Gespötte der Udelt mein Leben lang herumzulaufen!"
Rustenberg senkte verlegen den Blick und sah demnach nicht den
Schimmer in den Augen seiner lieblichen Partnerin, als sie,
gleichsam, ihn zu trösten, hinzusetzte: „Ia, wenn Sie eine
andere Nase hätten , , ,1" Als nun der junge Mann wieder
aufsah, schlug das Mädchen, ob ihres Freimutes errötend, die
Augen nieder, und sie sah daher nicht, wie Rustenberg schalk-
haft lächelnd sein Taschentuch ins Wasser tauchte und — —
sich die Nase abriebl

„Nun, Fräulein Emmy," rief er dann zu der verwirrt vor
sich Lsinstarrenden und deutete mit glückseligem Gesichte auf
seine, wunderbarerweise, nun nicht mehr rote Nase, „nun
nehme ich Sie beim Wort!"

„kserr Rustenberg , , , !"

„Ia, staunen Sie nurl Meinen Gesichtsvorsprung hab'
ich mir ja nur aus Geschäftsrücksichten rot gefärbt; nun
aber, da mein Lebensglück an dem roten Riff zu schei-
tern drohte, hab' ich mich
abgeschminkt, , , , lVollen
Sie — willst Du nun? ,,,"

„V, tferr Rustenberg,
das — das kam —"

„So unerwartet, nicht
wahr?"

„Ia, und wie — wie
gut Sie jetzt aussehen l, , ,

G, lherr Rustenbergl"

„Lminyl"

„willi!"

„Was wird aber papa
dazu sagen, daß Sie, daß
Du ihn so an der Nase
herumgeführt!"

„D, das wird sich
schon machen; er wird nicht
grausam seinl"

Der glutrote Sonnen-
ball war untergegangen
und der bleiche Mond stieg
herauf und immer noch
saßen die Iungverlobten
im leiseschaukelnden Boot,
und die Wellen rauschten
und schlugen auf an den

Bordwänden, daß es schmatzte und klatschte, gleich als ob sich
zwei junge Leutchen küßten und herzten, —

jdapa Schrobner, der von der veranda Ausschau hielt, ward
ob des langen Ausbleibeus der beiden schon etwas unruhig,
„Lntweder ist ihnen — was Gott verhüte — ein Unglück zu-
gestoßen oder — oder, na, mir kann's recht seinl"

Da knirschte ein Aiel am Sande und gleich darauf stürmte
es die Treppen herauf.

„Papal Papal Ach, was bin ich glücklichl" jauchzte Tmmy
und flog ihm an dcn lhals, „Na, siehst Du, Du kleiner Eigen-
sinn; nun hast Du ihn ja doch genommen, trotz seiner roten
Nasel" Dann wandte er sich zu dem bescheiden dastehenden
Rustenbcrg und rief: „Gratuliere, gratulierel mcin Lieber —"
In dicsem Moment kam das Dienstmädchen mit dcr Lampe,
Der Weinhändler stockte und starrte seinen neugebackenen
Schwiegersohn an.

„Ia, — was ist — wo ist denn Ihre, Deine rote —"
„In den See ist sie untergangen, gleichwie der glutrote
Sonnenball!" kicherte Lminy vergnügt,

„Was? Ia, wie ist denn das möglich?!"

„Sie war ja nur gefärbt, väterchen!"

Paxa Schrobner mußte sich setzen. So ein Spitzbub war
ihm nicht vorgekommen! ?llso nur gefärbt! Unwillkürlich griff
er sich an seine Nase — aber da ging keine Farbe ab; die
war waschecht! Iinmer wieder flog sein Blick hinüber zu dem
fröhlich lächelnden jungen Mann, und er mußte sich zugestehen,
daß derselbe nun doch viel hübscher wie vordem aussah.

„Na, Iungel" rief er endlich und zog ihn ans kserz. „Ich
sehe schon, daß Du ein geriebener Schlaukopf bist und Deine
rote Nase , . , na ja, dafür hab' ja ich immer noch die meine,
wollen wir von nun ab gerne vermissenl"

„Gewiß, Papal" rief Rustenberg lächelnd; „denn mit der
roten Nase machte ich bloß Geschäfte; mit der weißen Nase
aber — mein Glückl"

Verhängnisvoll'er Zrrtmn.

Gouverneur: „Den lherrn jdrofessor habt ihr gefressen? Das erfordert'strenge Sühne!"
ksäuxtling Igrinsend): „Bitte, sehen Sie ffelbst, en hat ffich statt in die Lmpfangsliste in die
Speisekarte eingetragenl"

verantwortlicher Redakteur: Max Schreiber, Druck von I. F. Schreiber, beide in Eßlingen bei Stuttgart,
In Desterreich-Ungarn für lferausgabe und Redaktion verantwortlich: Robert Mohr in Mien I.
Vrrlag oon I. F. Schrriber in Münchrn und Etzlingrn.
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
Verhängnisvoller Irrtum
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Meggendorfer-Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
B 2529-158-1 Folio

Objektbeschreibung

Objektbeschreibung
Bildunterschrift: Gouverneur: "Den Herrn Professor habt ihr gefressen? Das erfordert strenge Sühne!" / Häuptling (grinsend): "Bitte, sehem Sie selbst, er hat sich statt in die Empfangsliste in die Speisekarte eingetragen!"

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Schramm, Viktor
Entstehungsdatum (normiert)
1902 - 1902
Entstehungsort (GND)
Esslingen am Neckar

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift
Häuptling
Gouverneur
Kannibalismus <Motiv>
Schriftstück
Indigenes Volk

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Zeitpunkt Aufnahme (normiert)
2013-10-16 - 2013-10-16
Aufbewahrungsort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Meggendorfer-Blätter, 52.1903, Nr. 634, S. 96

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CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
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