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Meier-Graefe, Julius [Hrsg.]
Die Weltausstellung in Paris 1900 — Paris, 1900

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https://doi.org/10.11588/diglit.1400#0088
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V.
DIE KUNST AUF DER WELTAUSSTELLUNG

PARIS ALS
KUNSTSTADT

ARIS, die Stadt der Künste,
musste, das verstand sich
von selbst, auf dieser Aus-
stellung, in der alles nur
Erdenkliche massenhaft zu
finden ist, ihre eigenste Do-
mäne, die Kunst, besonders
würdig vertreten. Mochten
sich die anderen Länder den
Vorrang in der Industrie und
im Gewerbe streitig machen, Frankreich musste vor
allem die Hegemonie der Künste bleiben. Man kann
über die volksökonomische Berechtigung dieses Stand-
punktes streiten. Nüchternen Augen ist die Wohlthai,
die dem Volk in Frankreich damit geschieht, nicht ohne
weiteres ersichtlich; die einseitige Bevorzugung der
abstrakten Künste hat eine Vernachlässigung anderer
Gebiete zur Folge, die heute nicht nur von Banau-
sen für mindestens ebenso wesentlich erachtet
werden. Der Vorteil kommt weniger dem Lande
als seiner Hauptstadt zu gute. Das berühmte Cen-

tralisierungssystem ist in der Pariser Kunst denkbar
treffend symbolisiert. Wie dem auch sei und ob sich
auch unter dem glänzenden Blumenkranz der fran-
zösischen Kunst gar manche viel bedeutende Lücke
in der übrigen Entwickelung des Volkes verbirgt,
jedenfalls ist der Kranz ein wahres Wunder von Schön-
heit, und sicher konnte er in seiner eigentümlichen
Pracht nur hier, unter Mitwirkung all der schlimmen
und guten Instinkte von Paris gewunden werden.

Ein ungeheurer Apparat wurde diesmal dafür
aufgeboten. Die zwei einzigen festen Paläste, die
die Ausstellung hervorbrachte und die noch in
fernen Zeiten von ihr berichten werden, sind die
der Kunst, von deren Äussern wir in der ersten
Lieferung dieses Werkes berichteten. Und auch
darin liegt ein Symbol. Was unseren Enkeln als
typisch für das Frankreich am Schluss des 19. Jahr-
hundert gelten wird, ist diese künstlerische Aureole.
Man wird staunen darüber, wie wir heute noch
vor dem Opus Griechenlands wie vor etwas Un-
begreiflichem stehen, das schon durch die Vielseitig-

DER GROSSE KUNSTPALAST (HAUPTPORTAL)

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