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Münchner kunsttechnische Blätter — 15.1918-1919

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Nr. 17
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Berger, Ernst: 25 Jahre Münchener Maltechnik [10]
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Hillig, Hugo: Dekorative Techniken [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36588#0099
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Nr. '7

Münchner kunsttechnische Blätter.

und die Zulassung zum Gebrauch entweder ge-
billigt oder abgelehnt, eine Art Selbstschutz gegen
Uebervorteilung oder unrichtige Reklame.
V.
Durch die staatliche Uebernahme der Versuchs-
anstalt und Auskunftsstelle für Maltechnik an der
Kgl. technischen Hochschule, die sich allen Auf-
gaben hinsichtlich der Erforschung und technischen
Verwendbarkeit des Farbenmateriales widmen
konnte, musste die Tätigkeit der „Deutscheu Ge-
sellschaft für rationelles Malverfahren" in andere
Bahnen gelenkt werden; sie wäre sonst eigentlich
überflüssig geworden. Auf die Vorstandschaft
von Marrs folgte Prof. Hermann Urban, der als
praktischer Künstler selbst technisch viele Erfah-
rungen gesammelt hatte, aber aus Gesundheits-
rücksichten sein Amt nicht lange versehen konnte.
Eine kurze Zeit dauerte dann Max Dörners
Führung der Gesellschaft, bis infolge von Meinungs-
differenzen über die vorzunehmenden Arbeitspläne
ein Wechsel in der Vorstandschaft nötig wurde.
Soviel darüber verlautete, hielt die Partei Dörners
eine baldige völlige Klärung hinsichtlich der
„Normalfarbenskala" für angezeigt, während Keim
die Erledigung des „Farbenbuches" für dringlicher
hielt und die Frage der Normalfarben erst nach
Regelung des obschwebenden Streites mit der
„Farbenzeitung" hinausschieben wollte.
Seitdem die „Vereinigung der Farbeninter-
essenten" begründet war, hatte Keim die Führung
der „Farbenbuch-Kommission" wohl nominell ab-
gegeben, aber er blieb doch die Seele des Unter-
nehmens. Ein ausführliches Programm für die
einzelnen Abschnitte des „Farbenbuches" und die
Verteilung dieser Arbeit an alle Mitbeteiligten
zeigte wieder Keims grosses Geschick im Orga-
nisieren. Das „Deutsche Farbenbuch" sollte ein
Merkstein in der gesamten Fachliteratur werden
und gleichzeitig eine Art Gesetzbuch für alle, die
mit der Erzeugung, dem Handel und Gebrauch
von Farben zu tun hatten. Demgemäss sollten
alle im Farbenhandel gebräuchlichen Geschäfts-
usancen auf ihre rechtlichen Grundlagen geprüft
und handelsgesetzmässig festgestellt werden. Die
juridischen Berater hatten eine Menge Arbeit, um
eingerissene Handelsgewohnheiten auf ihren Wert
zu untersuchen, bestimmte Normen für die allge-
meinen Begriffe, von „Treu und Glauben", für die
Bezeichnungen von „rein", „chemisch und technisch
rein", wie sie in den Lieferungsscheinen üblich
waren, festzulegen u. dergl. mehr. Eine besondere
Liste von Farben, die ohne weitere Bezeichnung
bisher als „rein" von den Fabriken in den Handel
gebracht wurden, war Anlass zu Differenzen
zwischen den Vertretern der Fabrikanten und der
Farbenbuch-Kommission und da man sich beider-
seits nicht einigen konnte, wurde die Entscheidung
einem Schiedsgericht, dessen Vorsitz der Präsident

99

des Deutschen Hansabundes, Geheimrat Risser,
führte, übertragen. Die Entscheidung frei zuun-
gunsten des Keimschen Vorschlages aus und
infolgedessen legte Keim, von Berlin zurück-
gekehrt, alle seine Aemter nieder, ein in der
ersten Erregung gefasster Entschluss, den er nur
teilweise wieder rückgängig zu machen sich be-
quemte.
(Fortsetzung folgt.)
Dekorative Techniken.
Von Hugo Hillig.
(2. Fortsetzung.)
Solche Abwandlungen des Tones sind also nicht un-
dankbar und können mitunter sehr feine Effekte geben.
Nur wenn der Unterschied zwischen den Farben zu gross
wird, dann verunglückt das Experiment leicht, wer z. B.mit
einem dunklen Rot auf hellem Grün oder mit einem dunk-
len Blau auf hellem Gelb, mit einem brillanten Gelb auf
Ultramarinblau und dann auch wieder mit hellen Grün
auf Rot tupfen wollte, der würde keine ansehenswerte
Arbeit zustande bringen. Warum nicht, das müsste
eigentlich schon aus den ersten Worten dieses Kapitels
hervorgegangen sein. Die hier aufgeführten Beispiele
nennen immer zwei Komplementärfarben. Und diese,
vertragen sich nur, wenn sie gegeneinander gestellt
werden, wenn sie getrennt auf das Auge wirken, nie-
mals aber, wenn sie zusammen, d. h. miteinander eine
Farbenempfindung auf der Netzhaut des Auges auslösen
In der Farbentheorie lernen wir, dass solche Farben-
zusammenstellungen immer Grau ergeben, wenn sie
spektrisch rein sind; Grün und Rot, Blau und Gelb
zusammengemischt, ergeben immer ein neutrales Grau,
theoretisch; praktisch jedoch, weil unsere Farbstoffe
nicht reine Spektralfarben sind, wird das erzielte Grau
freilich einen farbigen Charakter haben, Grüngrau, ja
sogar Grün oder Braun heissen. In jedem Falle aber
ist eine Einbusse an farbiger Intensität der einzelnen
Komponenten einer solchen Farbenmischung unver-
meidbar, und es wird also nun klar, warum gerade beim
Tupfen solche Farbenzusammenstellungen vermieden
werden müssen. Nicht eine farbige Vertiefung der ge-
tupften Fläche entspringt daraus, sondern eine farbige
Abtötung, und gerade eine solche unsympatischer Art.
Und das will doch kein geschickter Maler erreichen,
wenn er eine Fläche tupft.
Ebenso ist das Tupfen nicht geeignet, zwei oder
mehr Farben aufeinander zu bringen. Die Flocken,
die der Schwamm erzeugt, sind zu gross, sie können
sich einander nicht ausweichen und die Folge ist, dass
die zweite und dritte Tupffarbe fast regelmässig wie-
der die erste decken wird; das ergibt wieder eine fleckige
Fläche. Zudem sind auch die verschiedenfarbigen
Flocken zu auffällig, zu aufdringlich. Es sei denn, der
Maler müsste von Segantinis Maimanier etwas absehen
und müsste die Farben in Strichen nebeneinanderlegen.
Aber das wäre dann kein Tupfen mehr, denn der Schwamm
wäre dabei nicht zu gebrauchen. Will man durchaus
mehrere Farben auf die Fläche bringen, so muss man
zum Spritzen der Fläche greifen. Und davon soll im
nächsten Artikel die Rede sein.
III.
Das Spritzen.
Das Spritzen ist des Malers Lust, des alten Stuben-
und Bauernmalers Lust war es wenigstens. Heute sieht
man es wohl kaum als vergnügliche Arbeit an. Wir
begegnen der Spritztechnik überall, wo die Stubenma-
 
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