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Rott, Hans
Kunst und Künstler am Baden-Durlacher Hof bis zur Gründung Karlsruhes — Karlsruhe, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.8256#0026
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Ableben dieser Ursula von Rosenfeld errichten ließ und dazu den Meister einer nahen
anerkannten Werkstatt, den damals in Baden lebenden Christoph von Urach, erwählte, der
eine treffliche Probe seines Könnens am Monument des Bruders Philipp geliefert hatte.

In zahlreichen Fällen wurden damals Grabmäler schon bei Lebzeiten in Bestellung gegeben,
namentlich gemeinsame, wenn eines von den beiden Ehegatten bereits gestorben war. Bei-
spielshalber finden sich unter den elf bis jetzt nachgewiesenen Grabdenkmälern von der
Hand eines andern Urachers, des Bildhauers Joseph Schmid, allein drei, die zehn Jahre vor
dem Ableben des Dargestellten aufgerichtet wurden.l) Fast ein Jahrzehnt vor dem Tod
des Baumeisters Wilhelm von Janowitz auf Hohenasperg, den wir später als Berater Mark-
graf Karls in fortifikatorischen Dingen antreffen werden, steht schon sein Grabmal fertig.
Das von dem Bildhauer Johann von Trarbach zu St. Johannisberg geschaffene Prachtepitaph
des Wild- und Rheingrafen Johann Christoph war schon zwölf Jahre vor dessen Tod voll-
endet. Die Tumba des 1568 verstorbenen Herzogs Christoph von Württemberg schuf
Leonh. Baumhauer in den Jahren 1560 und 1561 für die Tübinger Stiftskirche; die seiner
1589 abgelebten Gattin Anna Maria 1570—1572, und 13 Jahre vor seinem Ende stellte
Wolf von Weiler sein von Sem Schioer gemeißeltes Epitaph in Oberstenfeld auf. Markgraf
Georg Friedrich von Brandenburg-Ansbach ließ 156668, also 37 Jahre vor seinem Tode
schon, seine von des gleichen Meisters Hand gefertigte Tumba in der Klosterkirche zu
Heilsbronn aufrichten,'2) woraus man Vorsicht lernen kann bei der zeitlichen Fixierung von
Werken der Grabplastik nach dem auf dem Denkmal angebrachten Todesdatum

Bei der Aufstellung der Doppeltumba des Markgrafen Ernst und seiner verstorbenen
Gemahlin wurde offensichtlich noch Rücksicht genommen auf den dahinter auf höherer Stufe
stehenden Hochaltar. Das Epitaph störte nicht bei der Zelebrierung des Altarsakraments.
Der Hochaltar aber befand sich bis mindestens Herbst 1556, also nach dem Tode Emsts,
noch an der alten Stelle, ebenso wie das Chorgestühl, auf dem der markgräfliche Superintendent
und Reformator Jakob Heerbrand damals ein kunstvoll gesticktes Kissen sah, mit der
ergötzlichen, satirischen Geschichte, wie der Wolf in einer Mönchskutte von der Kanzel
herab andächtigen, rosenkranztragenden Gänsen eine Predigt hält. Ein dabeistehender Fuchs
stellt den Narrenvogel.3)

Es hätte für die überlebende dritte Gemahlin Anna Bombast von Hohenheim etwas -
Befremdliches, ja fast Verletzendes an sich gehabt, erst nach dem Tode ihres Gatten ein
Doppelgrabmal entstehen zu sehen mit dem Reliefbild der längst verstorbenen Vor-
gängerin und Ehegenossin Emsts. Bei einer Aufstellung des Grabmonuments nach dem
Tode des Markgrafen im Jahre 1553 hätte der Nachfolger den Auftrag dazu wie zu einem
solchen des fast gleichzeitig abgelebten Bruders Bernhard vermutlich dem gleichen Meister
übertragen, woraus dann künstlerisch verwandte Arbeiten entstanden wären. Bernhards völlig
verschiedenes, vor 1557 errichtetes Wandepitaph (Abbild. 11) stammt aber von der Hand eines

') Demmler, Die Grabdenkm. d. württemb. Fürstenhauses und ihre Meister p. 95.
2) Demmler, 1. c. p. 140, 181.

s) Jakob Heerbrand, Refutatio defensionis assertat. Jesuiticar. de ecclesia Christi, Tübingen 1577 (Exemplar
der Breslauer Univ.Bibl.): »Cum ante annos viginti et amplius vocatus essem Pfortzheimium, civitatem non ignobilem,
ubi marchiones Badenses et Hochbergenses tum more majorum aulam habebant, ut abrogata idololatria et expurgatis
sordibus pontificiis syncera instauraretur religio: ingressus templum collegiatum, quod arci vicinum D. Michaeli est
dedicatum, pulvinar quoddam vidi e regione summi altaris, ad parietem in sede, qua Praepositus sacra sua interdum
festivitatibus solennioribus faciens, defatigatus pro more requiescere solitus erat, valde artificiose contextum et pictum
variegatis filis atque imaginibus . . . Hoc pulvinar, quia magnam referebat vetustatem, ego tum ad rei memoriam ab
iis, quibus haec procuratio data erat, emi.« Als Inschrift las man darauf den Vers:

Ich will euch guitte vil fabeln sagen,

biss ich fülle den meinen kragen.
Jak. Heerbrand stand vom 21. Sept. 1556 bis zu seiner Berufung als Tübinger Professor (Herbst 1 5 5 7) im badischen Dienst
als Leiter des markgräflichen Kirchenwesens zu Pforzheim. Herzog-Hauck, Realencycl. d. prot. Theologie VII, 519 ff.
 
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