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Der Simpl: Kunst, Karikatur, Kritik: Der Simpl: Kunst, Karikatur, Kritik — 1.1946

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https://doi.org/10.11588/diglit.7376#0107
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DIE QUERLAGE

Unter unserem gesegneten Himmel haben schon viele und wunderliche
Dinge das Licht der Welt erblickt. Dies hat begreiflicherweise den Volks-
körper recht mitgenommen, so daß die Geburten immer schwieriger werden.
Die Entnazifizierung scheint aber wohl d i e schwerste Geburt werden zu
wollen. Der ursprünglich ausersehene Geburtshelfer hielt daher einen opera-
tiven Eingriff für unerläßlich. Als jedoch alle Instrumente bereit lagen und
er das Messer ansetzte, wurde er von einem andersgesinnten.Kollegenkreis
zum Rücktritt gezwungen und durch einen frömmeren Fachmann ersetzt.
Dieser kann — par definition — natürlich kein Blut sehen und hält, wie
seine Kollegen, jeden direkten Eingriff für gefährlich und unfromm. Er wird
außerdem von einem interessierten Fachkreis eifrigst beraten, was also einer
Vielzahl von Geburtshelfern gleichkommt. Damit wird die Geburtshilfe
ungleich „demokratischer", was praktisch etwa folgendermaßen aussieht:

Die Entnazifizierung soll beschleunigt werden. Diese Erkenntnis zeugt von
erfreulicher Einsicht, bedeutet es doch eine Schonung des Verwaltungsap-
parates und eine Beruhigung weitester Kreise. Es gelang zwar vorher schon
der Spruchkammer Deggendorf, in einem Monat noo „kleine Fälle" zu
liquidieren. Als aber eine Münchner Kammer, dadurch ermutigt, versuchte,
eine Rekordziffer für „große Fälle" auf ähnliche Weise zu erreichen, wurde
sie geschlossen. Die Beschleunigung hat also ihre Schwierigkeiten. Nun zeigt
immerhin der Vorschlag zur Einrichtung sog. „kleiner und großer Senate"
bei den Spruchkammern einen neuen Weg. Man könnte vielleicht noch
Spruchkammerüberwachungskommissionen nebst einem Zentralspruchkam-
merüberwachungsausschuß einrichten, um bei der Beschleunigung ganz sicher
zu gehen.

In dieser Hinsicht ist die Errichtung einer eigenen Spruchkammer für
Juristen eine seit langem notwendige Neuerung. Es leuchtet schließlich jedem
ein, daß ein Jurist nicht gut von Laien gerichtet werden kann. Damit taucht
aber ein beängstigendes Problem auf. Wird der Eisendreher als Laienrichter
Verständnis für den Parteieintritt eines Fabrikdirektors haben? Kann ein
Straßenbahnschaffner auf sachliche Beurteilung bei einem Bankangestellten
hoffen, der noch dazu täglich zweimal die Trambahn benutzen muß? All dies
weist auf die dringende Notwendigkeit zur Errichtung von „Berufsspruch-
kammern" hin. Von den Kammern für Großindustrielle oder Hausierer bis
zu denen für Seiltänzer oder Pharmazeuten ist eine Vielheit von Spruch-
kammern denkbar. Würde das nicht erneute Beschleunigung, Schonung der
Arbeitskräfte und soziale Beruhigung bedeuten ? Zur gleichen sozialen Beruhi-
gung wurde übrigens den Betroffenen gestattet, acht Tage vor Verhandlung
Einsicht in die Akten zu nehmen. Diese Verfügung sichert immerhin sieben
ruhige Nächte, die Möglichkeit, sich mit den Zeugen auszusprechen oder eine
Zigarette mit ihnen zu rauchen, zumindest aber noch schnell das zur Ent-
lastung zu tun, was man bisher verabsäumt hatte. Vielleicht ließe sich diese
Frist auf vier Wochen erweitern, da leider nicht allen Leidtragenden eigene
Autos zur Verfügung stehen. Wir sind voller Vertrauen, daß schließlich noch
eine Vereinbarung mit der Post getroffen wird, um den Angeklagten die
Akten zur Durchsicht ins Haus schicken zu können.

Wer kann noch an der Zartheit der Hebammenhand zweifeln? Es wird
bestimmt das Möglichste getan .. . um zu verhindern, daß das Kind lebend
auf die Welt kommt. M. Schrimpf

AUS EINGABEN AN EINE BEHÖRDE.

„ . . auch bin ich leider kein Pg. gewesen, sonst hätte ich ja längst wieder
eine andere Wohnung bekommen."

„ . . war nicht bei der Partei und habe es auch meinem Mann nicht erlaubt,
als er dazu aufgefordert wurde."

„ Am Eintritt in die HJ war ich durch mein Alter, an der Zugehörigkeit zum
BDM durch technische Unterschiede von vornherein verhindert." L.H.

XCtne nor&ifd)e *)tn= un& ^erfahrt

AM RANDE

Man teilte uns mit, daß zur Leitung des Krankenhauses Lenggries der ehe-
malige Chef des Stabes der Heeres-Sanitäts-Inspektion Berlin, Dr. Jo edi g e,
ausersehen wurde. Dr. Joedige ist ein besonders verdienstvoller Arzt, der
u. a. als Verfasser der „Verschärften Anweisungen zur Beurteilung der
Kriegsbrauchbarkeit verwundeter und kranker Soldaten" ein hohes Maß von
Pflichtbewußtsein bewiesen hat. Viele von ihm im letzten Kriegsjahr noch
kv-geschriebene Soldaten denken mit Rührung an seine selbstlose und
menschliche Größe. Der „Dank des Vaterlandes" hat gerechterweise nicht
auf sich warten lassen.

Über die Veröffentlichung „Verschärfter Anweisungen zur Beurteilung der
Arbeitsfähigkeit werdender und tuberkulöser Mütter" ist uns bisher noch
nichts bekannt.

Beim Staatskommissar für das Flüchtlingswesen sitzt ein Herr Dr. Wieland,
Major a. D. beim Oberkommando des Heeres bis 194 s und Verbindungs-
offizier zwischen der OT und dem OKH. Jetzt trägt er den nicht weniger
interessanten Titel eines „Staatsbeauftragten der Bayrischen Landesregie-
rung", d. h. genau genommen, hat er ihn sich zugelegt.
Dr. Wieland soll auch ein ausgezeichneter Geschäftsmann sein und in den
Jahren 1944-1945 allein 80000 RM Provisionsgelder in Verbindung mit
einer Transaktion bezogen haben.

Nach seinem Fragebogen wurde er allerdings 1944 als Hauptmann der
Pioniere entlassen und hat außerdem nur 7500RM verdient. Der Frage-
bogen ist ein offizielles Dokument. . .

Wir halten es auch für einen puren Zufall, daß Dr. Wieland gerade beim
Staatskommissar für das Flüchtlingswesen beschäftigt ist, der seinerseits stark
am Kapp-Putsch interessiert und dann — Belohnung oder nicht? — lang-
jähriger Oberpräsident in Breslau war.

Dr. Wielands Beziehungen reichen selbstverständlich viel weiter von den
OT-Offizieren bis zu den heute höchsten Verbindungen. Es wäre indessen
irrig, daraus folgern zu wollen, daß das Flüchtlingswesen etwa ein lukratives
Geschäft sei. Marc Martell

J£in ftämmiger ©ermatte ging
©efpannten Jlegettfcfnrms ?um (Ebing,
©ebon glaubt er boeberfreut, er bätte
Ärreicbt bes Cbtnges beÜ'ge L>tätte,
Weil plötjlicb ba an einer XOanb
©an? &eutltd> „Cing" gefebrteben ftant»,
Sa merft er ^trifeben Cur unb Dingel:
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©ab Ocbirmcben aber ab unb 1\e\x\e.

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Unb ließ ftcb mit bem t>orfa$ ineber:
Sas eine bloß, bann geb' icb vtneber!
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ttTft ftabgereimten Urvualbjoten,
Gecbs füße Sacbfenmabcben ;eigen
©tcb bann in einem ©cbönbettereigen,
Äur? unfer Äecfe fam in ,5abrt
Unb balb mit mett>erEIebtem 23art
©vöblt er am 23ufen einer JTtaib:
„itin Profit ber ©emütlicbfeit!"

i£rft als es früb ans Salden ging,
Sa fiel ibm ein: beut' war ja (Ebing!
<Jtin 2$artcben aus bem 23ummelor*al
£ntfcbulbigt ii>n für biefes UTal,
Sod> untertrieben aueb bie Samen
Unb ?voar mit ibren IRofenamen.

Sein clbingwart vear für Weiterleitung
?tns Obergauamt jveeef0 ä£ntfd>eibung!
»Sier läd>elt ©auaffeflor ©ebramm
t>erftänbniet>oll: »Cherchez la femmel«
Sann ftabl ein 2luebilferunenfcbreiber
Sie naeften (Eingel-Xangelweiber.

Surcb feinen Teutoburger VTalb
Siebt äcb?enb beimwarts >Sabubalb
Unb glaubt v>or lauter ©cbäbelbrummen,
Saß ringe bie weiften 23ären fttmmen.
<t> titenfd), nie aus (Tbaraftermangel
©eb' ftatt ;um (Ebing ins <Eingeb(Eangel!

Zeichnung: M. Radler E.Klotz

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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Die Strandung. Eine nordische Hin- und Herfahrt"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Der Simpl: Kunst - Karikatur - Kritik
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-11-5 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Radler, Max
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

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Creditline
Der Simpl, 1.1946, Nr. 9, S. 107.

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