gehender aber in neuerer Zeit die Geschichte der Aufnahme
des römischen Rechtes zu erforschen versucht wird, desto
mehr zeigt sich., dass diese Aufnahme viel später sich voll-
endete, als man sonst behauptete. Das Entscheidende ist
nicht, dass in Urkunden und Actenstücken die Kenntniss
des römischen Rechts documentirt und auf dasselbe sich be-
rufen, sondern dass von den Gerichten, und zwar von den
weltlichen Gerichten, nach römischen Rechtssätzen entschie-
den wird.20 Solche Entscheidungen setzen ein römisch ge-
bildetes Gericht voraus. „In Wahrheit ist desshalb die
Geschichte der Reception des römischen Rechtes nichts An-
deres, als die Geschichte der Umwandlung der Volksgerichte
in gelehrte Gerichte." 21
Gegensätzlich zu den Volksgerichten sprachen die geist-
lichen Gerichte schon Jahrhunderte früher nach römischem
Rechte. Päpstliche Delegaten wiesen schon 1232 und 1248
ex primo und ex secundo decreto rei servandae causa in
possessionem. Das Consistorium des Mainzer Erzbischofs
(die „judices sanctae Moguntinae sedis") erkannten sodann
schon 12ßl über eine servitus altius non tollendi, ne lumi-
nibus und ne prospectui officiatur.22 Als erster schriftlicher,
nach römisch-canonischen Formen verhandelten Process23
wird ein Process des Jahres 1311 vor dem Scholasticus von
Halberstadt genannt.24 Gerichtsordnungen für die geist-
lichen Gerichte nach römischem Schnitte kommen bereits
1342, 1422 und 1447 vor.25 Den geistlichen Gerichten
folgten, aber auch erst nach mehr als einem Jahrhundert,
die königlichen und dann die fürstlichen Hofgerichte. Der
Anfang der theilweisen Besetzung des königlichen Hofgerichts
'20 Stobbe I, 642, Note 91.
21 Franklin, Beiträge S. 27.
22 Gudenus, cod. dipl. II, 62; III, 957; I, 688.
23 Ob er wirklich der erste ist, dürfte bezweifelt werden; einen
weitläufigen schriftlichen Process von 1300 in S. der Stadt und des
Bischofs von Lübeck s. Schi.-Holst. Urkundensammlung I, S. 149 ff.
?4 Schaumann, die Acten des ersten schriftlichen Processes in Deutsch-
land. Jena 1847.
25 Stobbe I. 403.
des römischen Rechtes zu erforschen versucht wird, desto
mehr zeigt sich., dass diese Aufnahme viel später sich voll-
endete, als man sonst behauptete. Das Entscheidende ist
nicht, dass in Urkunden und Actenstücken die Kenntniss
des römischen Rechts documentirt und auf dasselbe sich be-
rufen, sondern dass von den Gerichten, und zwar von den
weltlichen Gerichten, nach römischen Rechtssätzen entschie-
den wird.20 Solche Entscheidungen setzen ein römisch ge-
bildetes Gericht voraus. „In Wahrheit ist desshalb die
Geschichte der Reception des römischen Rechtes nichts An-
deres, als die Geschichte der Umwandlung der Volksgerichte
in gelehrte Gerichte." 21
Gegensätzlich zu den Volksgerichten sprachen die geist-
lichen Gerichte schon Jahrhunderte früher nach römischem
Rechte. Päpstliche Delegaten wiesen schon 1232 und 1248
ex primo und ex secundo decreto rei servandae causa in
possessionem. Das Consistorium des Mainzer Erzbischofs
(die „judices sanctae Moguntinae sedis") erkannten sodann
schon 12ßl über eine servitus altius non tollendi, ne lumi-
nibus und ne prospectui officiatur.22 Als erster schriftlicher,
nach römisch-canonischen Formen verhandelten Process23
wird ein Process des Jahres 1311 vor dem Scholasticus von
Halberstadt genannt.24 Gerichtsordnungen für die geist-
lichen Gerichte nach römischem Schnitte kommen bereits
1342, 1422 und 1447 vor.25 Den geistlichen Gerichten
folgten, aber auch erst nach mehr als einem Jahrhundert,
die königlichen und dann die fürstlichen Hofgerichte. Der
Anfang der theilweisen Besetzung des königlichen Hofgerichts
'20 Stobbe I, 642, Note 91.
21 Franklin, Beiträge S. 27.
22 Gudenus, cod. dipl. II, 62; III, 957; I, 688.
23 Ob er wirklich der erste ist, dürfte bezweifelt werden; einen
weitläufigen schriftlichen Process von 1300 in S. der Stadt und des
Bischofs von Lübeck s. Schi.-Holst. Urkundensammlung I, S. 149 ff.
?4 Schaumann, die Acten des ersten schriftlichen Processes in Deutsch-
land. Jena 1847.
25 Stobbe I. 403.