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Einleitung.
aber ihre Beziehung zu solchen ist immerhin fühlbar; sie
führen häufig als Notare. Gerichtsschreiber oder Procuratoren
in den bei Gericht vorzulegenden Urkunden der freiwilligen
Gerichtsbarkeit sowohl, als in Processschriften römisch ge-
formten RechtsstofY vor, wie denn überhaupt der Gang der
Geschichte der Reception des römischen Rechtes weniger
der ist, dass es von den Gerichten dem Volke, als umge-
kehrt der, dass es vom Volke, d. h. von den Parteiver-
tretern, welche römisch-rechtliche Bildung hatten, den Ge-
richten gebracht wird. Die ungelehrten Richter müssen
weichen, weil sie über Streitpunkte urtheilen sollen, die sie
nicht beherrschen. Die Umwandlung der Gerichte ist mit-
hin der Schlussstein in der Geschichte der Reception, keines-
wegs etwa der Ausgangspunkt. Zuerst schleichen sich in
den Processverhandlungfen einzelne wenige processualische
Kunstausdrücke ein, die anfänglich tautologisch neben das
bisher übliche Kunstwort des deutschen Processes gestellt
werden, weil sonst der Richter sie nicht verstehen würde;
die „Klage" wird zur actio, die „Antwort" zur exceptio, die
„Widerrede" zur replica u. s. f.; man fängt an von „ein-
räumen und restituiren," „Besitz und Possession," „reinigen
und purgiren," „rechtfertigen und justificiren" zu reden;
dann kommen „die Fragstücke oder interrogatoria^ auf, die
„Artikel und positiones" die „acta und actitata"^ es folgt
die Bezugnahme auf kurze processualische Rechtsparömien,
wie: quilibet praesumitur bonus, actori incumbit probatio und
dergleichen, nach und nach dehnen sich solche Citate aus,
es wird die Stelle — vorerst meist des canonischen Rechts
oder des Codex oder der vom Process handelnden Pan-
dectentitel — hinzugefügt, wo die Citate zu finden sind, auch
fügt man wohl die deutsche Uebersetzung bei,29 um dem
ungelehrten Richter möglichste Hülfe zu leisten. Als aber
nach und nach in allen Richtungen das deutsche Element
von dem fremden überfluthet ist, da bleibt den ungelehrten
Schöffen nur übrig den Gelehrten ihren Platz zu räumen.
39 8. z. B. Anlage 10. 1558 — 1560.
Einleitung.
aber ihre Beziehung zu solchen ist immerhin fühlbar; sie
führen häufig als Notare. Gerichtsschreiber oder Procuratoren
in den bei Gericht vorzulegenden Urkunden der freiwilligen
Gerichtsbarkeit sowohl, als in Processschriften römisch ge-
formten RechtsstofY vor, wie denn überhaupt der Gang der
Geschichte der Reception des römischen Rechtes weniger
der ist, dass es von den Gerichten dem Volke, als umge-
kehrt der, dass es vom Volke, d. h. von den Parteiver-
tretern, welche römisch-rechtliche Bildung hatten, den Ge-
richten gebracht wird. Die ungelehrten Richter müssen
weichen, weil sie über Streitpunkte urtheilen sollen, die sie
nicht beherrschen. Die Umwandlung der Gerichte ist mit-
hin der Schlussstein in der Geschichte der Reception, keines-
wegs etwa der Ausgangspunkt. Zuerst schleichen sich in
den Processverhandlungfen einzelne wenige processualische
Kunstausdrücke ein, die anfänglich tautologisch neben das
bisher übliche Kunstwort des deutschen Processes gestellt
werden, weil sonst der Richter sie nicht verstehen würde;
die „Klage" wird zur actio, die „Antwort" zur exceptio, die
„Widerrede" zur replica u. s. f.; man fängt an von „ein-
räumen und restituiren," „Besitz und Possession," „reinigen
und purgiren," „rechtfertigen und justificiren" zu reden;
dann kommen „die Fragstücke oder interrogatoria^ auf, die
„Artikel und positiones" die „acta und actitata"^ es folgt
die Bezugnahme auf kurze processualische Rechtsparömien,
wie: quilibet praesumitur bonus, actori incumbit probatio und
dergleichen, nach und nach dehnen sich solche Citate aus,
es wird die Stelle — vorerst meist des canonischen Rechts
oder des Codex oder der vom Process handelnden Pan-
dectentitel — hinzugefügt, wo die Citate zu finden sind, auch
fügt man wohl die deutsche Uebersetzung bei,29 um dem
ungelehrten Richter möglichste Hülfe zu leisten. Als aber
nach und nach in allen Richtungen das deutsche Element
von dem fremden überfluthet ist, da bleibt den ungelehrten
Schöffen nur übrig den Gelehrten ihren Platz zu räumen.
39 8. z. B. Anlage 10. 1558 — 1560.