Prinzipien der Textgestaltung

Die Texte dieser Edition bestehen grundsätzlich aus zwei Schichten: der Transkription der Handschriften auf der einen Seite und der editorischen Bearbeitung derselben durch Normalisierungen, Korrekturen und Zeichensetzung auf der anderen Seite.

Die Transkriptionen

  1. Die Transkriptionen folgen getreu den Handschriften und bilden auch Spalteneinteilung, Verseinrückungen, farbige Lombarden und ähnliches ab. Einiges muss jedoch bei aller Genauigkeit immer vereinheitlicht werden.
  2. Aus praktischen Gründen wurde von den (in den vorliegenden Handschriften nicht häufigen) variierenden Graphemen für gleiche Buchstaben (also z.B. unterschiedliche Formen von s, d, r) nur das Schaft-s <ſ> verwendet.
  3. Groß- und Kleinschreibung der Handschrift am Versanfang wurde respektiert. Die Entscheidung, ob es sich um Majuskeln handelt, ist aber oft grenzwertig. Von einer relativen Größe auszugehen, schafft eine zu große Grauzone. Nach unserer Einschätzung muss bei einer Majuskel der Schriftzug anders sein als bei der Minuskel. Doch auch so ist eine Entscheidung immer wieder schwierig.
  4. Nicht immer ist eindeutig zu entscheiden, welches Zeichen als Diakritikum verwendet wurde. In solchen Fällen vereinheitlichen wir behutsam.
  5. Die Transkription von A (1870 verbrannt, bekannt durch die Editionen von Myller 1784 und Grimm 1815) folgt Myller, weil er reiner transkribiert. So behält er z.B. die Abkürzungen bei, die bei den Grimms nicht mehr erkennbar sind. Zwar löst Myller die mit diakritischen Zeichen markierten Diphthonge auf, aber immer so, dass sie erkennbar bleiben und nachgebildet werden können. Die Korrekturen der Brüder Grimm an Myllers Transkription werden übernommen.
  6. Bei den Transkriptionen der Fragmente haben wir für die auch bei Sonderaufnahmen nicht mehr lesbaren Teile in D und E uns auf jene Transkriptionen gestützt, die Kurt Gärtner auch mit Blick auf frühere Untersuchungen anfertigte und im Hartmann-Portal zur Verfügung gestellt hat.
  7. Die Transkriptions- und Editionsdaten im XML-Format nach den Richtlinien der Text Encoding Initiative (TEI) finden Sie hier.

Editorische Normalisierungen

  1. Die Edition verwendet moderne Buchstabentypen; eine Darstellungsoption erlaubt es, Allographen zu vereinheitlichen (in unserem Fall nur die Umwandlung <ſ> → <s>).
  2. Wir lösen Kürzel auf. Der sog. Nasalstrich wird zu <m> oder <n> oder <en> oder <e> aufgelöst; <v>̄   wird zu vnd. Die sog. r-Kürzel ̾  wird zu <r> oder <er> oder <re> aufgelöst, je nach Position und Bedeutung.
  3. Den für mittelalterliches Schrifttum typischen wechselnden Gebrauch von <u> und <v> regulieren wir: <u> bezeichnet den Vokal (vndund), <v> den Konsonanten (grauegrave). Dasselbe gilt für <i> und <j> (vokalisch jmmerimmer; halbvokalisch iamerjamer).
  4. Diakritische Zeichen werden unterschiedlich behandelt. Sollen sie einen Umlaut kennzeichnen, werden sie als solcher dargestellt, z.B. <u>e  , <v>e  , <v>ˆ   für /ü/ werden zu <ü>. Markieren sie einen Diphtong, so werden sie aufgelöst: z.B. <u>o   → <uo>, <o>v   → <ou>. Ist kein Lautwert ersichtlich, dann ist das Diakritikum weggelassen worden: ẏ → y. Das in Hs. A öfter vorkommende <u>'   für /i/ (ſu', wu' r) geben wir als Umlaut <ü> wieder.
  5. Die Getrennt- und Zusammenschreibung folgt im Prinzip der Handschrift (wobei der handschriftliche Befund nicht immer eindeutig ist), wenn wir auch manche eindeutige Komposita, die getrennt erscheinen, zusammenschreiben und auch die in Bb (und in geringerem Maße auch in Ba) öfter vorkommenden, deutlich vom Wortstamm getrennten Präfixe wieder mit dem Verb verbinden.
  6. In Ba und Bb dient meist ein senkrechter Strich zur Abgrenzung oder Markierung des Wörtchens e (mhd. ê, nhd. ehe / eher); wir behandeln diesen Strich ähnlich wie Interpunktionszeichen der Handschrift. Diese bestehen meist lediglich aus Reimpunkten (Punkt auf Mitte) oder senkrechte Striche (Virgeln); ihre Funktion führen wir in moderne Zeichensetzung über.
  7. Interpunktion setzen wir nach modernen Regeln und entsprechend unserem Verständnis des Textes. Apokoinu-Konstruktionen sind durch fehlende Satzzeichen deutlich, so auch in der Übersetzung. Direkte Rede wird durch Anführungszeichen markiert; nach inquit-Formeln setzen wir Doppelpunkt.
  8. Lombarden der Handschriften werden in der Transkription als solche wiedergegeben; in der Edition erscheinen sie lediglich farblich hervorgehoben. Sie sind auch zu Beginn des Textes meist zweizeilig, nur bei Buchstaben mit Oberlänge dreizeilig, und nach mittelalterlichem Gebrauch abwechselnd rot und blau koloriert. Sie stehen in unregelmäßigen Abständen und markieren Absätze unterschiedlicher Länge und Art. Eine inhaltliche Logik lässt sich meist, aber nicht immer erkennen; die Lombarden könnten bisweilen als Lesezeichen zur Markierung von interessanten Stellen gedient haben. Zwischen Hs. A und den Hss. Ba und Bb gibt es kaum Übereinstimmung der Lombarden. Zwischen Ba und Bb stimmen sie mehrheitlich, aber auch nicht immer überein. Fragment E benutzt zur Abschnittsmarkierung das Absatzzeichen ¶.
  9. Wir setzen keine Längenzeichen über Vokale (^). Wir gehen davon aus, dass eine anzunehmende Vokallänge in der Regel vom Leser leicht erkannt werden kann.
  10. Eine Umsetzung der Texte in ein ›klassisches‹ Mittelhochdeutsch ist nicht vorgesehen, weil es darum geht, jedes Zeugnis in seiner historischen Gestalt zu zeigen.

Editorische Eingriffe

  1. Eingriffe bestehen in (seltenen) Korrekturen oder Ergänzungen bei offensichtlichen Fehlern. Als Fehler gelten nur Phänomene, die keinen Sinn ergeben und die sich nicht wiederholen, also nicht Systemcharakter haben.
  2. Unreine Reime oder metrische Überlängen oder Kürzen gelten nicht als Fehler.

Übersetzungen

Dietmar Peschels Übersetzungen finden Sie sowohl in der Handschriftenansicht unter der Transkription, wie in der Edition. Sie verlaufen ganz nahe am Originaltext und versuchen nicht, irgendetwas an ihm zu verschönern, sondern ihn in seiner ursprünglichen Form dem modernen Publikum zugänglich zu machen. Daher übernehmen sie auch Apokoinu-Konstruktionen, lassen gedankliche Sprünge oder scheinbare Widersprüche stehen und machen manchmal auch Ironien oder offensichtliche Plattitüden nach.