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6. Vom Kilon.

Chylon ist ein Meerthier,1) welches die Eigentümlichkeit hat,
dass es kein Futter zu sich nimmt, sondern von seiner eigenen
Feuchtigkeit, die aus seinem Leibe hervorgeht, gespeist und ernährt
wird, wie Aristoteles berichtet. Die Feuchtigkeit, mit der es
sich ernährt, ist sehr zähe. Aus diesem Grunde ist das Thier zwar
allezeit nüchtern aber doch von grosser Leibesstärke und Kraft.
Dieselbe Erscheinung nehmen wir bei den Frauen wahr, die auch
das Fasten besser ertragen wie die Männer, weil sie feuchterer
Natur und reicher an überflüssigen Säften sind, wie die Männer.
Das Thier ist uns ein Sinnbild der freien, unabhängigen Geister,
die alle Dinge der Aussenwelt gering achten und, auf sich selbst
zurückgezogen, in sicherer Ruhe leben.

7. Vom Meerhund.

Canis marinus heisst ein Meerhund.2) Das ist ein grausames
Thier, wie Plinius erzählt, und bläst die Leute gar feindlich an,
denn es ist ein Feind aller lebenden Geschöpfe, die ihm entkommen.
Die Meerhunde jagen die Fische im Meer, wie die wirklichen Hunde
auf dem Lande andere Tliiere jagen, und fangen ihrer eine grosse
Menge. Aber die Meerhunde bellen nicht, sie fauchen nur mit den
Mäulern. Der Meerhund ist das Sinnbild des bösen Geistes, der
Tag und Nacht jagt, um uns in diesem elenden Meere zu fangen
und nicht bellt, sondern nur heimlich uns anfaucht, um uns vor
seiner Nachstellung nicht zu warnen. Ach der feige Hund, warum
hat er uns Annen die Seligkeit entrissen! Gott erbarme sich
über uns!

8. Vom Meerdrachen.

Draco maris heisst ein Meerdrache.3) Das ist ein grausames
Meerthier, lang und so gross, wie ein wirklicher Drache, nur dass
ihm die Flügel fehlen. Der Meerdrache hat einen knotigen Schwanz
und, im Verhältniss zu seiner Grösse, einen kleinen Kopf. Sein
Biss ist für den Menschen ebenso giftig wie für die Fische im
Meer. An Stelle der Flügel führt er breite Flossen, mit denen er

J) Nicht bestimmbar.

-) Phoca vitulina L., Seehund, oder eine andere Robbenart?
3) Scjuatina angelusC, Engelhai, Meerengel? oder, wegen des Schwanzes,
ein Koche?

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