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Schulz, Hugo [Bearb.]; Conradus <de Megenberg> [Bearb.]
Das Buch der Natur: die erste Naturgeschichte in deutscher Sprache — Greifswald, 1897

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https://doi.org/10.11588/diglit.2070#0378
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lateinische Text von Albertus geschrieben ist, weil er sich in
anderen Schriften ganz abweichend über die Gegenstände äussert,
die unser Text behandelt. Vielleicht lässt sich die Annahme auf-
stellen, dass es sich um eine Jugendarbeit des Albertus handelt,
die er verfasst hat, bevor er eigene Ansichten hatjen und aussprechen
konnte. Das Werk, das ich hier aus dem lateinischen Wortlaut
iu's Deutsche übertragen habe, ist eine Zusammenstellung der An-
schauungen alter Gelehrter, wie der Verfasser am Ende des Werkes
selbst zugiebt. Meine Ansicht ist also die: Gott verlieh den Steinen
ihre Kräfte nach den Gesetzen der Natur unter Benutzung der
zwisehenwirkendeu Einflüsse der Gestirne des Himmels, grade so,
wie es bei den Pflanzen auch der Fall ist.

Es ist zu beachten, dass durch die Kräuter die Geister, welche
dem Menschen günstig sind, gewissermassen angelockt werden, so dass
sie unter dem Einflüsse von Produkten der Natur bei den Menschen
verweilen. Hierüber spricht der heilige Augustinus im Buche
vom Gottesstaate, im fünften Kapitel. Er sagt dort, die Kräfte der
Geister würden dem Menschen zu eigen und an ihn gefesselt durch
mancherlei Steine, Kräuter, Holz, Thiere wie auch durch ver-
schiedene Dichtungen und Worte. Ebenso liest man auch, dass
Salomo einen Ring besessen habe, in welchem mit Hülfe von Edel-
steinen Geister eingeschlossen waren. Es wird auch berichtet, dass
der arabische König Evax dem Kaiser Nero die Namen und Farben
der Edelsteine aufgeschrieben habe, und dass man aus dieser Schrift
gebundene Rede, was wir Verse nennen, gefertigt habe. Diese
Verse sind Wälz- oder Kehrreime, weil man die Worte hin und
her wälzen und kehren muss, ehe man sie kunstgerecht bemessen
kann. Sinn und Meinung dieser Verse berücksichtigt unser Text
besonders bei den edelen Steinen und verbindet dainit die Lehren
der alten Meister. Am Schlüsse des Abschnittes über die Steine
bringt das Buch die Ideen der ältesten Gelehrten über die Steine,
auf denen Thiergestalten eingegraben oder in erhabener Form in
wechselnder Gestaltung sichtbar sind. Indess bestätigt das Buch
weder durchgehend die Anschauungen der genannten Autoren noch
auch verwirft es dieselben völlig und folgt damit dem heiligen
Lehrer Sankt Augustinus.

Es wird auch gesagt, die Israeliten, das sind die gläubigen
Juden, hätten vor Zeiten in der Wüste allerlei Formen und Ge-
stalten in edele Steine, besonders in Karneole, geschnitten und in
 
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