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Thiel, Viktor
Papiererzeugung und Papierhandel vornehmlich in den deutschen Landen von den ältesten Zeiten bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts. — 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.2403#0013
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118 Papiererzeugung und Papierhandel.

Handelsverkehr mit Venedig stand (Leinenausfuhr)65), entstand die
Papiermühle in Kempten (1477); im Laufe des 15. und 16. Jahrh. kamen
an der Hier bei Kempten 12 Papiermühlen und noch 4 in weiterer Ent-
fernung hinzu66). In Memmingen wurde 1482 von der Stadt eine Pa-
piermühle am Heuenbach gebaut, nachdem einige Jahre vorher Grün-
dungsversuche gescheitert waren67). Reutlingen erhielt 1486 seine erste
Papiermühle, innerhalb eines Viertel Jahrhunderts noch 3 andere68). Von
Memmingen und Reutlingen aus wurden im Laufe des 16. Jahrhunderts
eine Reihe von Papierwerkstätten in den österreichischen Alpen-, in den
Sudeten- und Karpathenländern begründet. In Oberbeuren wird 1490
der Papierer Honold genannt09). In Kaufbeuren wurde schon vor 1520
Papier erzeugt70). Bei Lauingen an der Donau wurde 1591 von Johann
Zöschlin eine Papiermühle gebaut (Zöschlingsweiler), die hernach
Bayerns größte Papiermühle wurde71). Bei Lindau stand schon vor
1600 eine Papiermühle; 1626 lagen im Streiteisfinger Tobel zwei Werk-
stätten nebeneinander72).

Gegenüber der vielfältigen Entwicklung in Schwaben, wo es um
1600 an 30 Papiermühlen gab, nimmt sich jene in Ober- und Nieder-
bayern bescheiden aus. Doch auch diesem Gebiete kam die günstige
Lage im Flußnetze der Donau zugute. Nachdem in Schrobenhausen 1480
eine Papiermühle begründet worden war, 1489 in Landshut, erbaute
1490 der Münchener Patrizier Balthasar Pratschner eine Papiermühle ob
der Au, deren Leitung der Papiermeister Wolfgang Sorg übernahm, seit
1540 die Papiererfamilie Wurmb, zunächst als Bestandinhaber, hernach
als Eigentümer. Bald nach 1500 wurde auch in Landsberg am Lech
Papier erzeugt73). 1539 erstand die Papiermühle in der Reichsstadt
Regensburg, 1544 wird eine solche in Oberölsbach, 1570 in Haunritz
genannt74). In Hof (Oberfranken) wurde 1571 eine Papierwerkstätte
begründet (Briquet Nr. 1236f.).

Verhältnismäßig spät fand die Papiererzeugung in die österreichi-
schen Alpenländer Eingang. Es bestand bisher die Meinung, daß hier
die Papiermühle in Leesdorf bei Baden in Niederösterreich, errichtet
1513, die älteste sei. Nunmehr kann ich feststellen, daß in Wiener-Neu-
stadt bereits 1498, bei St. Polten wahrscheinlich schon vor 1506 eine

Rob. Poppe, Die Augsburger Handelsgesellschaft Österreicher 1590—1618, in:
Abhandlungen zur Geschichte der Stadt Augsburg, Heft 2 (1928).

65) Hössle, Geschichte der alten Papiermühlen im ehem. Stifte und in der
Reichsstadt Kempten, im Allgäuer Geschichtsfreund XII und XIII.

66) Baumann, Geschichte des Allgäus III, 572ff.

67) Fr. Hössle, Die Papiermühlen im bayrischen Allgäu (1908) S. III. Vgl.
Archivalische Zeitschrift VIII (1833) S. 131 ff.

e8) Theodor Schön, Über die Papierer in Reutlingen, in: Klemms Archival.
Mitteilungen aus der Familiengeschichte. Pforzheim 1899 S. 118. Vgl. F. Herrn.
Meyer a. a. O. XI, 310, 312; ferner Briquet a. a. O. Nr. 1177f.

69) Hössle a. a. O. S. XIII. — 7°) Ebd. S. XII.

n) Hössle, Bayrische Papiergeschichte, in: Der Papierfabrikant XXXIII
Heft 7. — 72) Hössle, Papiermühlen im Allgäu S. IX.

73) Hössle, Bayrische Papiergeschichte a. a. O. Heft 21. — Nach Kapp,
Geschichte des Buchhandels I, 230, soll 1347 die Münchener Papiermühle begründet
worden sein: doch ist diese Annahme nicht belegbar.

74) Hössle a. a. O. — Karl Schottenloher, Das Regensburger Buch-
gewerbe im 15. und 16. Jahrhundert, in: Veröffentlichung der Gutenberggesell-
schaft XIV—XIX S. 11, 28 ff., 103 ff.
 
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