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Thiel, Viktor
Papiererzeugung und Papierhandel vornehmlich in den deutschen Landen von den ältesten Zeiten bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts. — 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.2403#0031
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136 Papiererzeugung und Papierhandel.

Hadern sammeln dürfe184). Die Papiermühle Altkloster bei Buxtehude
an der Este erhielt von Herzog Johann Friedrich als Erzabt der Stifte
Bremen und Lübeck 1622 das ausschließliche Recht, im Gebiete der
Stifte Hadern zu sammeln185). 1616 erließ Herzog Maximilian von
Bayern ein Verbot gegen Hadernausfuhr von München nach Tirol und
1638 verlieh er dem Papierer Michael Mayr ob der Au bei München ein
Privileg zum Hadernsammeln mit der Bedingung, daß keine Hadern
außer Land geführt werden186).

Wie man sieht, bestand allerorten der gleiche Mangel, allerorten
trachtete man mit den gleichen Mitteln abzuhelfen, durch Sammelprivi-
legien oder durch Ausfuhrverbote. Aber auch die Auswirkung dieser
Mittel war allerorten die gleiche. Unter dem vermeintlichen Schutze
dieser Maßnahmen drückten die Papiermüller den von ihnen angestellten
Sammlern die Hadern um ein Schandgeld ab. Diese wieder zahlten mög-
lichst wenig. So fanden denn die heimlichen Sammler, durch höhere
Preise angeregt, Mittel und Wege, das Material aus dem Lande zu
schmuggeln. Es stand überall ein lebhafter Hadernschmuggel in Blüte.
Die häufige Erneuerung der Ausfuhrverbote zeigt ihre Wirkungslosig-
keit. Auch die Sammelprivilegien nützten den Papiermüllern nur wenig,
wenn städtische und landesfürstliche Obrigkeiten ungeachtet der Ein-
sprüche bereits bestehender Betriebe den Ansuchen um Errichtung neuer
Papiermühlen willig Folge gaben, in der Erwartung hiedurch ihre Ein-
nahmen aus den Abgaben zu vermehren187). So stieg denn die Zahl der
Papiermühlen im Laufe des 17. und 18. Jahrhunderts unausgesetzt.
Allerdings büßte manche Papiermühle durch Kriegsereignisse und Ele-
mentarkatastrophen ihr Dasein ein188).

Da ein großer Teil des hochwertigen Rohmaterials, insbesondere
die feinen Leinenhadern, den Weg ins Ausland fand, verblieb den ein-
heimischen Papiermühlen hauptsächlich nur minderer Rohstoff, aus dem
nur schlechtes Papier erzeugt werden konnte. Klagen der Kanzleien und
Buchdrucker hierüber sind im 17. und 18. Jahrhunderte sehr häufig189);

184) Thiel, Geschichte der Papiererzeugung und des Papierhandels in Steier-
mark S. 5 f.

185) Kirchner, Die Papierfabrikation in den Ländern der Sektion VII der
Papiermacher-Berufsgenossenschaft (S. A. 1910) S. 14.

186) Hössle, Bayerische Papiergeschichte, in: Der Papierfabrikant XXII, 136.

187) Beispiele hiefür bieten u. a. Hössle, Augsburger Papiermühlen S. 15f.;
Thiel, Steiermark S. 5 f.; Derselbe, Oberösterreich S. 11.

188) So in Straßburg, Colmar, Stockach, Bonamer bei Frankfurt, Brunn, Grabow
in Mecklenburg während des Dreißigjährigen Krieges. Z u m a n stellt fest, daß in
Böhmen am Ende des 18. Jahrhunderts ungefähr 102 Papiermühlen im Betriebe
waren, daß hingegen der Bestand von 114 Werkstätten für die Zeit vom 15. bis
Ende des 18. Jahrhunderts belegt erscheint; es sind daher mindestens ein Dutzend
Papiermühlen in Böhmen im Laufe der Zeit wieder abgekommen (Pfehled papiren
v Cechäch v 18. stoleti, in: Casopis XXXVII).

189) Zahlreiche Einzelfälle führt Hössle in seinen verschiedenen papierge-
schichtlichen Aufsätzen an, ebenso F. H. Meyer im „Archiv" XI. Zur Veranschau-
lichung sei ein besonderer Fall angeführt: Mit dem von der Papiermühle der Herr-
schaft Leitomischl erzeugten Papier war die Herrin, Gräfin Eleonora Klara Trautt-
mannsdorff, nicht zufrieden; sie tadelte 1698 die nachlässige Machart des Papiers,
das durchschlage, „also daß wann ein seite beschrieben wird, man es schon nicht
lesen, auf der anderen seite aber gar nicht mehr darauf schreiben kann". (Zü-
rn an in: Casopis XXVII.)
 
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