VI
Moscherosch entlehnt, welcher (worauf mich Ernst Martin aufmerksam machte) von 1626 an
zwei Jahre lang bei den Söhnen des Grafen Johann Philipp IL von Leiningen-Dagsburg-Hartenburg
Hofmeister war (s. Dittmar in s. Ausg. I 1, 1830, S. XXX).
Wann der werthvolle Band von Heidelberg wieder fortgekommen ist, wissen wir nicht,
wahrscheinlich geschah dies aber bei der grossen Bibliotheks-Katastrophe des Jahres 1622, in
Folge deren, mit Ausnahme einiger gerade verliehener Codices, alle Handschriften von hier
entführt worden sind. — Ob diese Lieder-Sammlung mit der Palatina nach Rom kam oder nicht,
ist ebenfalls unbekannt. Im Jahre 1656 findet sie sich in Paris wieder, im Nachlasse des kgl.
Bibliothekars Jacques Dupuy (= Puteanus); gemäss der Verfügung desselben gelangte sie in
die dortige königl. Bibliothek, welche sie von 1657 —1888 ihr Eigenthum nannte.
Bezüglich der Verhandlungen, welche in letzterem Jahre dank der huldvollen EntSchliessungen
Ihrer Majestäten der Kaiser Wilhelm I. und Friedrich III., sowie unseres gnädigsten Landes-
herrn Seiner Königlichen Hoheit des Grossherzogs Friedrich zu der glücklichen Wiedergewinnung
führten, verweise ich auf meinen Aufsatz in der Westd. Zeitschr. 7, 368 ff. und auf den eben-
daselbst Anm. 93 erwähnten Bericht Karl Trübner's, dessen Mitwirkung bei dieser Angelegenheit
ich dort bereits gebührend hervorgehoben habe. An dieser Stelle sei nachträglich auch noch der
hochstehenden Männer gedacht, deren Eingreifen, wie ich jetzt weiss, für die Rückkehr dieses
deutschen Kleinods gerade nach Heidelberg von hoher Bedeutung war. Es sind dies: Fürst
von Bismarck, sein Stellvertreter Staatsminister Dr. von Bötticher, der Kultusminister Dr.
von Gossler, der Unterstaatssekretär Dr. von Rottenburg, Geheimrath Dr. Althoff und
Generaldirektor Dr. Wilmanns.
Zur Geschichte dieser Handschrift vgl. auch 1) v. d. Hagen, Minnes. IV. S. 895 und bei
Mathieu, 2) F. X. Kraus in der Lichtdruckausgabe aller Miniaturen, 1887, 3) meinen Bericht
im Anhang zur Prorectoratsrede von Julius Arnold, Heidelberg 1888 S. 58 ff.
Der Codex besteht1) aus 426 (0,25 breiten und 0,355 hohen) Pergament-Blättern. Der
Einband in Pappdeckeln mit rothem Leder stammt, wie A. von Oechelhäuser mir in Paris fest-
gestellt hat, aus der Zeit von Ludwig XIV, um 1680. Der ganze Band ist 0,12 stark und wiegt
7170 Gramm.
Ihrem Hauptstocke nach ist die Hs. zu Anfang des 14. Jh. hergestellt; im Verlaufe der
nächsten Jahre wurde dann die Sammlung nach den gleichen Grundsätzen durch Nachträge
ergänzt und gelangte etwa im dritten Jahrzehnt desselben Jahrhunderts zum Abschluss.
Die Anzahl der in ihr enthaltenen Minnesänger beträgt 140. Die Hs. ist ferner aus-
gestattet mit 137 je eine ganze Seite einnehmenden Gemälden (darunter für den Sängerkrieg
und Hadlaub je ein Doppelbild) und 1 künstlerisch ausgeführten Federzeichnung auf Bl. 196
(zu Goesli, dem auch ein Gemälde gewidmet ist). Drei Dichter (s. unten) entbehren des
Bildes. Von der ersten Hand ist der Grundstock (110 Dichter) geschrieben, das Uebrige von
mehreren anderen Händen; s. Apfelstedt, Germania 26 S. 213 ff., welcher dieser Frage eine
eingehende, übrigens in einigen Einzelheiten nicht zutreffende, Untersuchung gewidmet hat. Was
die Gemälde betrifft, so sind ausser dem Künstler, dem der Grundstock zu verdanken ist,
nach Rahn drei Maler zu unterscheiden. Vgl. Rudolf Rahn 1) Geschichte der bild. Künste in
der Schweiz 1876 S. 635 ff., 2) Anzeiger f. Schweiz. Alt. 1877 S. 774 ff. und 3) Kunst-
und Wanderstudien 1883 S. 79-109; ferner: Baechtold, Zur. Taschenbuch 1883 S. 207 und
Springer, Repertorium f. Kunstvviss. XI (1888) S. 327 ff Eine eingehende Behandlung der die
verschiedenen Maler betreffenden Frage nebst einer Beschreibung aller Bilder wird A. von Oechel-
häuser im IL Bande seines Werkes über die Miniaturen der Heidelberger Bibliothek bringen.
Dieser Band wird auch farbige (bereits fertig gedruckte) Reproductionen von vier Gemälden
enthalten, welche von den verschiedenen Malern herrühren (Breslau, Anhalt, Goesli und Kol von
Nüssen). Die allmähliche Entstehung tritt uns in dem zu Anfang der Handschrift stehenden (bei
Kraus in Lichtdruck copirten) Register anschaulich entgegen. Die erste Hand hatte ursprünglich
eine Liste von 112 aufgestellt und durchnumerirt, diese Zahl aber dann in 114 geändert. Von
1) Abgesehen von 4 leeren Papier-Blättern am Anfang (3), bezw. am Ende (1) und den im 17. Jahrh. mit
einem Register beschriebenen Papier-Blättern 1 und 2. Blatt 3—428 bilden den alten Codex.
Moscherosch entlehnt, welcher (worauf mich Ernst Martin aufmerksam machte) von 1626 an
zwei Jahre lang bei den Söhnen des Grafen Johann Philipp IL von Leiningen-Dagsburg-Hartenburg
Hofmeister war (s. Dittmar in s. Ausg. I 1, 1830, S. XXX).
Wann der werthvolle Band von Heidelberg wieder fortgekommen ist, wissen wir nicht,
wahrscheinlich geschah dies aber bei der grossen Bibliotheks-Katastrophe des Jahres 1622, in
Folge deren, mit Ausnahme einiger gerade verliehener Codices, alle Handschriften von hier
entführt worden sind. — Ob diese Lieder-Sammlung mit der Palatina nach Rom kam oder nicht,
ist ebenfalls unbekannt. Im Jahre 1656 findet sie sich in Paris wieder, im Nachlasse des kgl.
Bibliothekars Jacques Dupuy (= Puteanus); gemäss der Verfügung desselben gelangte sie in
die dortige königl. Bibliothek, welche sie von 1657 —1888 ihr Eigenthum nannte.
Bezüglich der Verhandlungen, welche in letzterem Jahre dank der huldvollen EntSchliessungen
Ihrer Majestäten der Kaiser Wilhelm I. und Friedrich III., sowie unseres gnädigsten Landes-
herrn Seiner Königlichen Hoheit des Grossherzogs Friedrich zu der glücklichen Wiedergewinnung
führten, verweise ich auf meinen Aufsatz in der Westd. Zeitschr. 7, 368 ff. und auf den eben-
daselbst Anm. 93 erwähnten Bericht Karl Trübner's, dessen Mitwirkung bei dieser Angelegenheit
ich dort bereits gebührend hervorgehoben habe. An dieser Stelle sei nachträglich auch noch der
hochstehenden Männer gedacht, deren Eingreifen, wie ich jetzt weiss, für die Rückkehr dieses
deutschen Kleinods gerade nach Heidelberg von hoher Bedeutung war. Es sind dies: Fürst
von Bismarck, sein Stellvertreter Staatsminister Dr. von Bötticher, der Kultusminister Dr.
von Gossler, der Unterstaatssekretär Dr. von Rottenburg, Geheimrath Dr. Althoff und
Generaldirektor Dr. Wilmanns.
Zur Geschichte dieser Handschrift vgl. auch 1) v. d. Hagen, Minnes. IV. S. 895 und bei
Mathieu, 2) F. X. Kraus in der Lichtdruckausgabe aller Miniaturen, 1887, 3) meinen Bericht
im Anhang zur Prorectoratsrede von Julius Arnold, Heidelberg 1888 S. 58 ff.
Der Codex besteht1) aus 426 (0,25 breiten und 0,355 hohen) Pergament-Blättern. Der
Einband in Pappdeckeln mit rothem Leder stammt, wie A. von Oechelhäuser mir in Paris fest-
gestellt hat, aus der Zeit von Ludwig XIV, um 1680. Der ganze Band ist 0,12 stark und wiegt
7170 Gramm.
Ihrem Hauptstocke nach ist die Hs. zu Anfang des 14. Jh. hergestellt; im Verlaufe der
nächsten Jahre wurde dann die Sammlung nach den gleichen Grundsätzen durch Nachträge
ergänzt und gelangte etwa im dritten Jahrzehnt desselben Jahrhunderts zum Abschluss.
Die Anzahl der in ihr enthaltenen Minnesänger beträgt 140. Die Hs. ist ferner aus-
gestattet mit 137 je eine ganze Seite einnehmenden Gemälden (darunter für den Sängerkrieg
und Hadlaub je ein Doppelbild) und 1 künstlerisch ausgeführten Federzeichnung auf Bl. 196
(zu Goesli, dem auch ein Gemälde gewidmet ist). Drei Dichter (s. unten) entbehren des
Bildes. Von der ersten Hand ist der Grundstock (110 Dichter) geschrieben, das Uebrige von
mehreren anderen Händen; s. Apfelstedt, Germania 26 S. 213 ff., welcher dieser Frage eine
eingehende, übrigens in einigen Einzelheiten nicht zutreffende, Untersuchung gewidmet hat. Was
die Gemälde betrifft, so sind ausser dem Künstler, dem der Grundstock zu verdanken ist,
nach Rahn drei Maler zu unterscheiden. Vgl. Rudolf Rahn 1) Geschichte der bild. Künste in
der Schweiz 1876 S. 635 ff., 2) Anzeiger f. Schweiz. Alt. 1877 S. 774 ff. und 3) Kunst-
und Wanderstudien 1883 S. 79-109; ferner: Baechtold, Zur. Taschenbuch 1883 S. 207 und
Springer, Repertorium f. Kunstvviss. XI (1888) S. 327 ff Eine eingehende Behandlung der die
verschiedenen Maler betreffenden Frage nebst einer Beschreibung aller Bilder wird A. von Oechel-
häuser im IL Bande seines Werkes über die Miniaturen der Heidelberger Bibliothek bringen.
Dieser Band wird auch farbige (bereits fertig gedruckte) Reproductionen von vier Gemälden
enthalten, welche von den verschiedenen Malern herrühren (Breslau, Anhalt, Goesli und Kol von
Nüssen). Die allmähliche Entstehung tritt uns in dem zu Anfang der Handschrift stehenden (bei
Kraus in Lichtdruck copirten) Register anschaulich entgegen. Die erste Hand hatte ursprünglich
eine Liste von 112 aufgestellt und durchnumerirt, diese Zahl aber dann in 114 geändert. Von
1) Abgesehen von 4 leeren Papier-Blättern am Anfang (3), bezw. am Ende (1) und den im 17. Jahrh. mit
einem Register beschriebenen Papier-Blättern 1 und 2. Blatt 3—428 bilden den alten Codex.