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Die angenehmen Zeitvertreibe, in den Erzählungen des Herrn von Adelsberg — Frankfurt am Main, 1767 [VD18 14316323]

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https://doi.org/10.11588/diglit.27687#0012
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ler anzudichten, und selbige mit der Geissel der
Zunge unbarmherzig zu züchtigen, um mit diesen
Erdichtungen und Durchziehen seinen Witz zu
zeigen. Sie bemerkt zwar wohl die Fehler der
Nedenmenschen, aber theils sich, theils andere
zu bessern. Sie handelt in ihren Gesprächen
und Unterredungen wichtigere Dinge ab, als Klei-
nigkeiten von Pracht und Kleidermoden, von
abgelegten Besuchen, von eingebildeten Beleidi-
gungen und Vergehungen an den Nächsten. Die
Tugend weiß sehr wohl, daß es nur sehr weni-
ge unter den Menschen giebt, die an nützlichen
Unterredungen ihr Vergnügen finden, deßwegen
wählet sie sich lieber wenige und auserlesene Freun-
de und Freundinnen, die wirklich mit ihrer Gegen-
wart ihr nutzen, als einen Haufen solcher, die
ihr durch ihren Umgang schaden.
Man bemerket sehr leicht, daß die Tugend
ohne Falsch, und im Reden wahrhaftig ist, denn
was sie redet, das sagt sie mit Bedacht, und mit
denen sie reder, deren Bestes sucht sie. Sie ist
aber in ihrcmWitzeund in ihrer Klugheit nicht so
übertrieben, daß sie nicht im Scherze zuweilen ei-
ne Erdichtung machen sollte; denn damit scha-
det sie keinen Menschen und stiftet wohl ihren
Nutzen. Ohne Feinde ist sie nicht, und ihr ärg-
ster Feind ist der Neid. Es ist solches eine Brut,
Die sich bemühet, sehr bemühet, den Namen der
Tugend zu verkleinern und verächtlich zu machen.
Nur der Neid dichtet ihr Vergehungen an, nur
der
 
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