Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Hausmann, Raoul; Große Berliner Kunstausstellung <1921, Berlin>
Führer durch die Abteilung der Novembergruppe: Kunstausstellung Berlin 1921 — Berlin: Otto Elsner, 1921

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.47093#0009
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
wegung zu erfassen. Früher sah und stellte man die Dinge
beharrendf unbewegt, aus dem lebendigen Zusammenhang
gerissen dar; der Begriff der Schönheit war unzertrennlich
mit der Erstarrung, der Abgrenzung und der Vorstellung
des aüf den Fleckgebanntseins, der Schwerkraft verbunden.
Heute haben wir durch die Eisenbahn, das Flugzeug, den
photographischen Apparat, die Röntgenstrahlen praktisch
eine solche Unterscheidensfähigkeit des optischen Bewußt-
seins erlangt, daß wir durch die mechanische Steigerung
der naturalistischen Möglichkeiten frei geworden sind für
eine neue optische Erkenntnis und damit für die Er-
weiterung des optischen Bewußtseins in einer schöpfe-
rischen Gestaltungsweise des-Lebens, das wieder Gleich-
nis der weltbewegenden Kräfte werden kann. Wir haben
für einen nützlichen Naturalismus eine geistige Wahrhaftig-
keit gewonnen; auch die. Wissenschaft wird nicht an der
rein mechanischen Optik Newtons festhalten können und
wird mit neuen Hilfsmitteln die Goethesche Optik nach-
prüfen müssen — wenn sie nicht durch die Entdeckung von
Ernst Marcus in Essen gezvzungen sein wird, sich von
Grund aus umzugestalten, Marcus weist wissenschaftlich
genau nach, daß wir nicht fertiges Licht durch die Netz-
haut und den Sehnerv in das Gehirn leiten — sondern, daß
das, was wir Licht nennen, durch einen schöpferischen Akt
in unserem Zentralorgan Gehirn immer neu erzeugt wird,
wenn durch die von den Körpern ausgehenden (wahrschein-
lich chemischen), aber an sich lichtlosen, in unserer mensch-
liches Auge einfallenden Strahlungen das Gehirn gewisser-
maßen explosiv das Licht (und damit die Farben) erzeugt.
Im Auge sitzen aber auch Tastempfindungen (ohne die wir
niemals eine Raumvorstellung uns bilden könnten), und im
Vorgang des Sehens sendet nun das Gehirn Taststrahlungen
aus, bis an die örtliche Oberfläche des gesehenen Körpers,
(

7
 
Annotationen