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Hausmann, Raoul; Große Berliner Kunstausstellung <1921, Berlin>
Führer durch die Abteilung der Novembergruppe: Kunstausstellung Berlin 1921 — Berlin: Otto Elsner, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.47093#0010
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z, B. bis zu den Sternen. Wir sind durch die, wie Marcus
sie nennt, ,,exzentrische Empfindung“ vor die Tatsache
einer ungeheuren Erweiterung unserer Beziehungen in der
Körperwelt gestellt, weit über die Grenzen des Leibes
hinaus. Faßt man nun mit Goethe die Farben als Trübung
des Lichtes oder Aufhellung der Dunkelheit durch ein
Mittel, wie die Luft, und nimmt man die sich aus der
Marcusschen Auffassung ergebenden Folgen hinzu
(chemische und Tastvorgänge im Sehapparat Auge), so er-
gibt es sich klar, daß das Newtonische weiße Licht, das
die sieben Spektralfarben in sich enthalten soll, eine Ab-
straktion von der Wirklichkeit ist, und daß die Farben eine
subjektive menschliche Schöpfung sind. Sehen wir uns
aber solchermaßen an den Anfang einer neuen optischen
Wissenschaft gestellt, in der wir kaum noch die erstem
Schritte getan haben, so müssen wir auch den schöpfe-
rischen Gestaltungen des Sehens der Welt mehr Wirklich-
keit zugeben als bisher. Der Urteilstrug, dem wir im
naturalistischen, gegenständlichen Darstellen verfallen, als
könnte die Erweckung des Anscheins der Dinge uns noch
ein Gleichnis ihrer lebendigen Kräfte-'bieten, weil wir durch
das gewohnheitsmäßige Schließen vom äußeren Anschein
auf die Wirklichkeit Rückbezüge mechanisch machen, ist
wohl leicht zu durchschauen. Wie Marcus erweist, ist
Tastbarkeit und Sichtbarkeit nicht das gleiche, und die
nur gesehene Welt ist nicht wirklicher als ein Spiegelbild,
also ,,nur ein traumhaft zartes Empfindungsgebilde".
Wir sehen nun heute so vielerlei verschiedene
malerische Darstellungsmöglichkeiten, gegenständliche und
ungegenständliche, die wieder in akademische, im-
pressionistische, halbexpressionistische, expressionistische,
primitive, formal-ästhetische usw. geschieden werden
können, daß es schwer ist, hier Wahres von Falschem auch

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