Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Hausmann, Raoul; Große Berliner Kunstausstellung <1921, Berlin>
Führer durch die Abteilung der Novembergruppe: Kunstausstellung Berlin 1921 — Berlin: Otto Elsner, 1921

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.47093#0016
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
kosmischem Aufleuchten, dann auch das Groteske, das Heitere
und in der Plastik wie in der streng und steil anstrebenden
„Klage“, die doch weich und leicht geneigt in sich zurückkehrt,
sowie in „Eruption“, „Sinfonie“ dynamisches Wollen neben den
lustigen, aus der Mode entwickelten drei Köpfen, An der ersten
Querwand fesselt uns das Feuer, die musikalische Bewegtheit
von Frauen, die in einem Klang von Gelb sich grotesk gegen den
dunkelblauen Raum sich wie an einem Faden gehaltene Puppen
aufspielen; dies ist ein Gemälde satirischer Art, Die Ver-
körperung, ein Werk von starker Eindringlichkeit der Linien-
führung, ganz Entschiedenheit in dem unerbittlichen Schwarz,
wie in dem Kreisen der Formen bis zur Gestaltung des Hauptes:
die „Komposition“ in starken Farben eine Verbildlichung eines
Reiches ohne Raum, ganz zweidimensionale Vergeistigung der
Fläche. Der Waldbach gibt in abstrakten Formen die ganze
Frische und Unmittelbarkeit eines ursprünglichen Naturgefühls
wieder: das helle und kühle Sprudeln des Wassers, das kräftige,
warme Rot des Erdbodens und das Fächeln der Bäume; dann
stehen wir vor dem Gegensatz: „Brücke — Stadt“, In dem
Bilde sind alle konstruktiven Elemente, Häuser, Eisenkon-
struktionen von der Atmosphäre erfaßt, aufgelöst und in einem
seltsamen Morgenlicht aufs neue zu einer Einheit verwoben.
Rund um dieses Werk vier Aquarelle des gleichen Künstlers,
die von der Entrücktheit einer Welt aus Farbenflattern wie von
seltenen Schmetterlingen Kunde gibt — diese Märchenkom-
positionen vermitteln uns eine ganz persönliche und doch ver-
bindende Anschauung, in der durch die feinen Form- und Farb-
abstufungen ein reiner Geist sich ausspricht. Ganz anders ist
die Welt der Sinnlichkeit im nächsten Bilde gestaltet, beinahe
fleischiges Rot entwindet sich einem Raum, in dem auch Kantiges
sich aus Bläulichgrün loßreißt und hemmend dem roten Ueber-
wuchern entgegensteht. Auf der linken Seife der Brücke dann
der Wald, eine starke Gestaltung des Dahinschreitens der Licht-
wogen durch die kubischen Massen des Laubes, dem Lagern des
Erdbodens durch die Pfeilerhaftigkeit der Stämme verbunden'
und eingegliedert. Sitzender Mann, ein Ausdruck des magisch
in sich beschlossenen Ruhens, eine kühne und feste Konstruktion
im Gegenklang von Rot und Blau. An der großen Querwand
fällt uns in die Augen die Frau, eine Welt von Hoffnung, eine
weiche menschliche Bewegung, von fernem Licht überstrahlt.
Die Bilder Mann mit Gläsern und 2 Figuren sind Versuche, die
Gegenstände nicht äußerlich und richtig perspektivisch auf einem
Grundplan aufgebaut darzustellen, sondern ihre Dinglichkeit
durch die unmittelbare Wiedergabe ihrer ?>laterie auf einer ge-
dachten Bewußtseinsfläche in gleichzeitigen Durchdringungs-
beziehungen darzustellen, so, wie wir etwa mit einem neuen Sinn

14
 
Annotationen