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Akademie der Künste [Hrsg.]
Hans Thoma 1839-1924: aus seinem graphischen Werk : Januar/Februar 1927 — Berlin: Preußische Akademie der Künste, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.48589#0015
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HANS THOMAS LEBENSLAUF
Niedergeschrieben 1918 für das Archiv der Akademie
der Künste.
In Bernau einem der höchstgelegnen Schwarzwald-
thäler kam ich am 2. Oktober 1839 zur Welt. Meine
Eltern waren arm — der Vater von Beruf Müller
hatte keine eigene Mühle und wurde wie die meisten
Einwohner später Holzarbeiter; — er starb als ich 15 Jahre
alt war; mein Bruder der Lehrer war, starb zwei Jahre
früher, so war die Mutter mit mir und meiner jüngern
Schwester in sehr beschränkten Verhältnissen. Sie nahm
aber den Kampf mit dem Leben mutig auf und siegte
über das Elend mit unverdrossenem Arbeitswillen, der
mit frommem Gottvertrauen und heiterem Gemüt ver-
bunden war, sie hatte eine sehr lebhafte Vorstellung
und mein Anteil an Phantasie ist wohl ein Erbgut von
ihr. Ich habe mich eigentlich nie von der Mutter getrennt,
so zog sie als ich in Frankfurt einen festem Haushalt
gewann, mit meiner Schwester als sie schon über 70 Jahre
war zu mir; sie starb dort 1897 in ihrem 93. Jahr.
So lange ich mich erinnere, zeichnete ich immer, der
Vater war stolz auf mein Talent und prophezeite bei den
Nachbarn Großes von seinem Johannes. Nach beendeter
Schulzeit kam ich nach Basel zu einem Lithographen
in die Lehre und weil ich das Sitzen nicht gut ertrug,
später zu einem Dekorationsmaler. — Das Heimweh
nach dem Schwarzwald plagte mich aber und so ging
ich im Winter, nachdem der Vater gestorben war, wieder
zur Mutter. Nun wurde geraten, daß ich die Uhrenschild-

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