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Krebs, Carl; Königliche Akademie der Künste zu Berlin [Contr.]
Mozart: Rede zur Feier des allerhöchsten Geburtstages Seiner Majestät des Kaiser und Königs am 27. Januar 1906 in der öffentlichen Sitzung der Königlichen Akademie der Künste — Berlin: Ernst Siegfried Mittler und Sohn, Königliche Hofbuchhandlung, 1906

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https://doi.org/10.11588/diglit.70863#0016
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Liebesfeuer spielt; Mozart schied aus, was ihm die Reinheit
der Erscheinung störte, und fafste das neugewonnene Bild in
Töne. So wurde auch bei ihm Susanne aus einem ver-
schlagenen Kammerkätzchen zu einer herzlichen, treuen Seele,
Sarastro aus einem Phrasenfürsten zu einer priesterlich ehr-
würdigen Persönlichkeit.
Aber nicht allein musikalische Charaktere zu schaffen
vermochte Mozart, er besafs die höhere Kunst, selbst beim
Zusammenwirken der Solisten jedem einzelnen diesen Charakter
soweit wie möglich zu wahren. Bewunderungswürdig hebt
sich der unermüdliche Schwätzer Leporello aus jedem Ensemble
ab, selbst in den furchtbarsten Situationen, beim Tod des
Komthurs, in der Kirchhofsszene, bei der Katastrophe im
letzten Akt, — überall erkennen wir seine Art, sich zu äufsern,
wieder. Ganz ähnlich ist es mit Don Giovanni, mit Pamina
und Papageno.
Und dazu nun dies selbständige Orchester, das, ohne die
Singstimme zu schädigen, die Charakteristik auf eigene Hand
betreibt, ja, das öfter die Führung übernimmt, wie in Figaros
Arie: »Dort vergifs süfses Flehn, leises Wimmern«, oder als
Susanne den Cherubin verkleidet, oder in Leporellos Register-
arie. Wie lebhaft und ausdrucksvoll ist die Orchestergeberde
z. B. auch in Zerlinens »Batti batti« oder bei der Abstrafung
des Monostatos in der »Zauberflöte«, oder in den Finales vom
»Don Giovanni«. An diesem eigenmächtigen Hervortreten des
Orchesterspiels scheinen Sänger und Publikum zu Mozarts Zeit
am meisten Anstofs genommen zu haben. Sagte doch Kaiser
Joseph nach der Aufführung von »Belmonte und Constanze«
zum Komponisten: »Gewaltig viel Noten, lieber Mozart«. Die
schlagfertige Antwort: »Gerade soviel Noten, Ew. Majestät, als
nötig sind«, zeigt, wie bewufst Mozart die instrumentale Seite
bei der Opernkomposition betont hatte.
 
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