Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Meyer, Hans; Königliche Akademie der Künste zu Berlin [Mitarb.]
Die graphische Kunst: Rede zur Feier des allerhöchsten Geburtstages Seiner Majestät des Kaiser und Königs am 27. Januar 1908 in der öffentlichen Sitzung der Königlichen Akademie der Künste — Berlin: Ernst Siegfried Mittler und Sohn, Königliche Hofbuchhandlung, 1908

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.70860#0010
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
8

Aber sehr bald, schon mit der Wende des 15. Jahr-
hunderts, trat sie als nach schaffende, vervielfältigende
Kunst auf. Es war ja so natürlich, daß Kunstwerke, Bilder,
die allgemeinen Beifall fanden, weitere Verbreitung durch
Vervielfältigung erhalten mußten.
Nicht immer aber war der Maler des Originalbildes
willens oder vielleicht auch befähigt, sein Werk in kleinerem
Maßstabe selbst zu vervielfältigen. Es bildete sich allmählich
eine bestimmte Gilde heraus, die der Kupferstecher, die,
vielleicht unproduktiv als selbsterfindende Künstler, ver-
anlagt aber zum Nachempfinden gegebener Schönheit und
technisch geschickt in der Behandlung der schwer zu diri-
gierenden graphischen Instrumente und Hilfsmittel, es ver-
standen, sich in den Geist des Schöpfers eines Originals zu
versenken und dieses durch getreue Wiedergabe zum leicht
zugänglichen Allgemeingut zu machen.
Aber mit dem Berufsmäßigen, dem Gilden- und Hand-
werksmäßigen des vervielfältigenden Künstlers kam natur-
gemäß allmählich das Betonen der Technik der Wiedergabe.
Die Technik vervollkommnete sich und verfeinerte sich im
Laufe des 17. und 18. Jahrhunderts bei der Wiedergabe der
Bildnisse der hervorragenden Persönlichkeiten jener Epochen
bis zu einem Grade, daß der künstlerische Geist des Werkes
notwendigerweise dabei zu kurz kam. Die Technik wurde
eben zur Hauptsache. In langsamer Steigerung schritt das
künstlerische Verständnis und die künstlerische Darstellung
zur Höhe eines Gerhard Edelink und Robert Nanteuil, um
dann in technischer Ueberbietung durch Leistungen Drewet’s,
Wille’s und anderer geistig zu fallen.
Auch die Kupferstecher des vorigen Jahrhunderts, weiter-
bauend auf einer Tradition der Technik, wie sie ihnen aus
den hohen Schulen der Kupferstechkunst eines Volpato in
Rom und eines Toschi in Mailand übergeben wurde, steigerten
 
Annotationen