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Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]; Institut für Denkmalpflege [Hrsg.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Die Schafställe der Nordheide — Hameln: Niemeyer, Heft 10.1994

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Schafställe mit einseitiger Kübbung
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https://doi.org/10.11588/diglit.51141#0095
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Schafställe mit einseitiger Kübbung

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Raum stellt, zugänglich durch eine Grotdör
oder bei geringeren Bedürfnissen durch eine
schmale, einflügelige Tür, den Dielenraum
dar, mit abgegrenzten Stallungen auf der
einen oder auf beiden Seiten. In ihm ist
gegenüber der Tür, in einer der Ecken, der
einzige Wohnraum, bis zur Balkenhöhe und
mit besonderer Zwischendecke abgeteilt, von
dem aus Butzen zugänglich sind. Eine kleine
Vorratskammer liegt bisweilen auf der ande-
ren Ecke. Der Herd hat entweder seine
ursprüngliche Stelle gegenüber dem Haupt-
eingang bewahrt oder hat den häufigeren
Einbauten weichen und mit einem anderen
Platz fürlieb nehmen müssen. Auch die
Seitentür ist da. Der Querschnitt des Hauses
ist einhüftig; er enthält das Stapelwerk mit
einer Ankübbung. Der Platz der Kammer
bindet sich an keine Stelle ausschließlich...
Wie dieser Typus zeitlich und innerlich mit
dem des Sachsenhauses zusammenhängt - er
geht ja auch vom Einraum aus und benutzt
im Aufbau dieselben Elemente - ist nicht zu
sagen.“
Zwar lassen sich auch in anderen Regionen
hier und da Klein-Wohnhäuser mit einseitiger
Kübbung nachweisen. Dieses ist zum Bei-
spiel der Fall in den Vierlanden <157>.
Erwähnenswert sind auch entsprechend
beschaffene Wohnhäuser, die auf der Ham-
burger Elbinsel Wilhelmsburg entdeckt
wurden < 158>. In Leversen am Rande der
Harburger Berge liegt ein ähnliches, als „alte
Räucherkate“ bezeichnetes Gebäude, bei dem
es sich vermutlich um ein ursprüngliches
Häuslingshaus mit einseitiger Kübbung
gehandelt hat. In diesem Fall scheint die
Lage des Gebäudes unmittelbar an der Hof-
grenze dazu geführt zu haben, daß nicht, wie
bei sonstigen Häuslingshäusern der Region
üblich, eine symmetrische Form mit doppel-
seitiger Kübbung errichtet wurde, sondern
daß die an der Straße gelegene Traufseite
hochwandig ausgebildet wurde, was sich
auch im Grundriß des kleinen Wohn-Stall-
hauses ausgewirkt hat. Trotz solcher Einzel-
fälle sind weitreichende Schlußfolgerungen
zur Entwicklung des Bauernhauses, wie sie
Lindner anstellte, sicher nicht gerechtfertigt.
Vor allem besteht die Gefahr einer falschen
Beurteilung durch die Umnutzung von Wirt-
schaftsgebäuden, wobei z.B. an aus der Nut-
zung gefallene Hofschafställe zu denken ist.

In den Heidegebieten sind einzelne Ein-
kübbungs-Schafställe noch in ihrer ursprüng-
lichen Funktion erhalten geblieben. So
weisen die großen Höfe von Nieder- und
Oberhaverbeck neben den schon genannten
reinen Wandständerställen mindestens noch
vier asymmetrische Gebäude auf, die bis in
die jüngere Vergangenheit hinein den
Schnuckenherden als Unterkunft dienten.
Alle diese Ställe zeigen eine einheitliche
Konstruktion mit aufgezapften Weichholz-
balken, die über der offenen Innenständer-
reihe einen erheblichen, durch ein Nacken-
kopfband gestützten Überstand haben. Auf
diese Weise werden Kübbungsbreiten bis zu
zwei Metern ermöglicht. Man kann den Sinn
dieser Entwicklung sicher darin sehen, breite-
re Stallräume zu erschließen.
Einer der Ställe von Niederhaverbeck hat in
den letzten Jahren einen gründlichen Umbau
erfahren, der uns die Möglichkeit gibt, seine
Bauweise sinnfällig zu demonstrieren. Zeigt
das erste Foto (Abb. 71a) zunächst noch den
intakten Stall mit hoher und niedriger Außen-
wand, dem offenen Fachwerk des Giebel-
trapezes und der Wandverbohlung, so ist auf
den beiden folgenden Bildern die Kübbung
entfernt, so daß ein Blick auf die innere
Ständerreihe möglich wird (Abb. 71b und c).
Man erkennt, daß die Ständer ohne Schwelle
auf erhöhten Findlingen stehen und ursprüng-
lich nur durch eine hochsitzende Riegelkette
miteinander verbunden waren. Auch der von
Nackenkopfbändern gestützte Balkenüber-
stand dieser inneren Ständerreihe wird
deutlich.Die hohe Wand hat eine kleine Tür
für den Schäfer und ist sonst mit senkrechten
Weichholzbohlen geschlossen (Abb. 7Id).
Auch bei einem Bohlenschafstall in Rein-
sehlen ging die ursprüngliche Fußgängertür
durch die hohe Längswand. Diese Wand ist
dem Bauernhaus zugewandt und begrenzt
den breiten Hofraum. Alle ringsum mit
eingenuteten Weichholzbrettern geschlos-
senen Wände liegen mit ihren Schwellen
einem hohen Feldsteinsockel auf. Die Innen-
ständer sind mit einer hochliegenden Riegel-
kette und gereihten Kopfbändern verstrebt
(Tafel 16) und stehen auf hochkant einge-
grabenen großen Findlingen. Dieser Stall soll
nach einer jetzt nicht mehr erkennbaren
Inschrift im Jahre 1780 erbaut worden sein.
 
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