22 Anamnese
Spezial-Recherchen zu Fragen der Schadens- und
Restaurierungsgeschichte seit 1970
Dieter Haupt, Ruth Klawun
Das verfügbare Archivmaterial zur
Restaurierungsgeschichte wurde als
Grundlage für weitere interdisziplinäre
Untersuchungen zusammengetragen
und in Aktenexzerpten, versehen mit
einem ausführlichen Schlagwortregister,
ausgewertet. Zur Bearbeitung kamen
zunächst die Bestände des Staatsarchi-
ves Wolfenbüttel, des Landeskirchlichen
Archivs Braunschweig, des Staatshoch-
bauamtes Braunschweig I, der Bezirks-
regierung Braunschweig und des Insti-
tuts für Denkmalpflege Hannover.1 Die
Sichtung des umfangreichen Akten-
materials führte vor allem zu einer ge-
naueren Kenntnis über die Restaurie-
rungsmaßnahmen, die während des 19.
Jahrhunderts an der Kirche durchge-
führt wurden.2
Die für das Schadensbild an der Wand-
malerei möglicherweise besonders wich-
tigen statischen Sicherungsarbeiten, die
von 1974-78 an der Kirche durchgeführt
wurden, ließen sich aus den genannten
Archiven nicht erschließen. Die Akten
des Staatshochbauamtes Braunschweig,
die über die Arbeiten der 70er Jahre
Auskunft geben sollten, waren während
des Bearbeitungszeitraumes nicht ver-
fügbar.
In Zusammenarbeit zwischen dem Archi-
tekturbüro „Arbeitsgruppe Altstadt",
Braunschweig und dem Institut für
Denkmalpflege, Hannover, wurde daher
versucht, durch Sichtung weiterer Archi-
ve, Literaturrecherchen und Befragung
von Gewährspersonen die jüngeren
Sicherungsarbeiten aufzuarbeiten. Sie
wurden zu Beginn der 70er Jahre von
Prof. Klaus Pieper, Braunschweig, konzi-
piert und in den Jahren 1974-78 von
der Firma August Wolfsholz, Frankfurt,
ausgeführt.
Die wesentlichen Informationen zu den
Sicherungsmaßnahmen der 70er Jahre
fanden sich im Archiv des Ingenieurbü-
ros Bernhard Brüggemann in Braun-
schweig und bei der Firma August
Wolfsholz in Frankfurt. Dipl. Ing. Brüg-
gemann hatte als Mitarbeiter von Prof.
Pieper und später in dessen Nachfolge
die Arbeiten als bauleitender Ingenieur
weitgehend betreut. Grundlage zur
Auswertung der Akten und Planunterla-
gen der genannten Firmenarchive bilde-
te ein zusammenfassender Aufsatz zu
den Sicherungsarbeiten von Prof. Pie-
per.3
Die aufwendigen statischen Sicherungs-
arbeiten plante man nach einer einge-
henden Untersuchung der Kirche zu Be-
ginn der 1970er Jahre.
Konstruktiv war das Gebäude seit Bau-
beginn nie richtig zur Ruhe gekommen.
Bereits im 17. Jahrhundert waren die er-
sten nachträglich eingebauten Gewölbe
eingestürzt. Gegen Ende des Jahrhun-
derts errichtete man neue Gewölbe, die
recht kräftig ausgeführt wurden. Aus-
steifungen gegen den Gewölbeschub
sah man jedoch nicht vor. Die daraus
entstehenden Bewegungen hatten zu-
sammen mit einer schlechten Gründung
vermutlich zu den Bauschäden geführt,
die in den 70er Jahren behoben werden
sollten.
Eine eingehende Untersuchung der
Risse und Verformungen machte die
Gefährdung des Baukörpers deutlich.
Ein Riß, der sich über die gesamte Länge
der Kirche durch den Gewölbescheitel
zog, sowie meßbare Verformungen der
Wände deuteten daraufhin, daß der
Schub der Gewölbe die Wände des
Langhauses auseinanderdrückte. Längs-
und Querrisse sowie Verformungen im
Bereich von Chor, Querhaus und Vie-
rung zeigten auch hier eine Gefährdung
des Bestands. Deutlich erkannte man
Abrisse der Gewölbekappen von den
Spezial-Recherchen zu Fragen der Schadens- und
Restaurierungsgeschichte seit 1970
Dieter Haupt, Ruth Klawun
Das verfügbare Archivmaterial zur
Restaurierungsgeschichte wurde als
Grundlage für weitere interdisziplinäre
Untersuchungen zusammengetragen
und in Aktenexzerpten, versehen mit
einem ausführlichen Schlagwortregister,
ausgewertet. Zur Bearbeitung kamen
zunächst die Bestände des Staatsarchi-
ves Wolfenbüttel, des Landeskirchlichen
Archivs Braunschweig, des Staatshoch-
bauamtes Braunschweig I, der Bezirks-
regierung Braunschweig und des Insti-
tuts für Denkmalpflege Hannover.1 Die
Sichtung des umfangreichen Akten-
materials führte vor allem zu einer ge-
naueren Kenntnis über die Restaurie-
rungsmaßnahmen, die während des 19.
Jahrhunderts an der Kirche durchge-
führt wurden.2
Die für das Schadensbild an der Wand-
malerei möglicherweise besonders wich-
tigen statischen Sicherungsarbeiten, die
von 1974-78 an der Kirche durchgeführt
wurden, ließen sich aus den genannten
Archiven nicht erschließen. Die Akten
des Staatshochbauamtes Braunschweig,
die über die Arbeiten der 70er Jahre
Auskunft geben sollten, waren während
des Bearbeitungszeitraumes nicht ver-
fügbar.
In Zusammenarbeit zwischen dem Archi-
tekturbüro „Arbeitsgruppe Altstadt",
Braunschweig und dem Institut für
Denkmalpflege, Hannover, wurde daher
versucht, durch Sichtung weiterer Archi-
ve, Literaturrecherchen und Befragung
von Gewährspersonen die jüngeren
Sicherungsarbeiten aufzuarbeiten. Sie
wurden zu Beginn der 70er Jahre von
Prof. Klaus Pieper, Braunschweig, konzi-
piert und in den Jahren 1974-78 von
der Firma August Wolfsholz, Frankfurt,
ausgeführt.
Die wesentlichen Informationen zu den
Sicherungsmaßnahmen der 70er Jahre
fanden sich im Archiv des Ingenieurbü-
ros Bernhard Brüggemann in Braun-
schweig und bei der Firma August
Wolfsholz in Frankfurt. Dipl. Ing. Brüg-
gemann hatte als Mitarbeiter von Prof.
Pieper und später in dessen Nachfolge
die Arbeiten als bauleitender Ingenieur
weitgehend betreut. Grundlage zur
Auswertung der Akten und Planunterla-
gen der genannten Firmenarchive bilde-
te ein zusammenfassender Aufsatz zu
den Sicherungsarbeiten von Prof. Pie-
per.3
Die aufwendigen statischen Sicherungs-
arbeiten plante man nach einer einge-
henden Untersuchung der Kirche zu Be-
ginn der 1970er Jahre.
Konstruktiv war das Gebäude seit Bau-
beginn nie richtig zur Ruhe gekommen.
Bereits im 17. Jahrhundert waren die er-
sten nachträglich eingebauten Gewölbe
eingestürzt. Gegen Ende des Jahrhun-
derts errichtete man neue Gewölbe, die
recht kräftig ausgeführt wurden. Aus-
steifungen gegen den Gewölbeschub
sah man jedoch nicht vor. Die daraus
entstehenden Bewegungen hatten zu-
sammen mit einer schlechten Gründung
vermutlich zu den Bauschäden geführt,
die in den 70er Jahren behoben werden
sollten.
Eine eingehende Untersuchung der
Risse und Verformungen machte die
Gefährdung des Baukörpers deutlich.
Ein Riß, der sich über die gesamte Länge
der Kirche durch den Gewölbescheitel
zog, sowie meßbare Verformungen der
Wände deuteten daraufhin, daß der
Schub der Gewölbe die Wände des
Langhauses auseinanderdrückte. Längs-
und Querrisse sowie Verformungen im
Bereich von Chor, Querhaus und Vie-
rung zeigten auch hier eine Gefährdung
des Bestands. Deutlich erkannte man
Abrisse der Gewölbekappen von den