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Krumm, Carolin; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Editor]; Institut für Denkmalpflege [Editor]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Der Hasefriedhof in Osnabrück: der Friedhof als Garten ; zur Entstehung, Konzeption und Entwicklung des Osnabrücker Friedhofes in der Hasetorvorstadt — Hameln: Niemeyer, Heft 19.2000

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.51268#0029
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te, durch zehn/elf Steinreihen ausgebildete und auf Sand verlegte
Rinnenmulde, die die Kapelle beidseitig umläuft und demnach ein-
deutig nach 1860/66 datiert; nur zur östlich gelegenen Wasser-
stelle schließt ein sehr regelmäßiges, in Bögen gesetztes Kleinpflaster
an, das in dieser Form auf eine deutlich spätere Zeitsetzung ver-
weist; dementsprechend wird es in einer Planzeichnung um 1940
als „Kleinpflaster neu" bezeichnet170.
Mit der Eröffnung der dritten Abteilung verliert sich dieses älte-
re Rinnensystem mit Ausnahme wiederum des Wegabschnittes
gegen Westen, der nach wie vor mehrreihige Wasserrinnen aus
quadratischen Steinblöcken innen und längeren Randsteinen
außen zeigt. Dementgegen wurde an der dadurch vermutlich
weniger von Staunässe in Mitleidenschaft gezogenen Mittelachse
nunmehr der Ziegelrandstein verlegt, zu dem ein schmaler Erd-
streifen parallel verlief. Seine Verwendung unterstreicht, wie auch
die Einfassung der zentralen Blumenrabatte mit glasierten hoch-
kant versetzten Ziegeln, dass das Augenmerk zunehmend auf
dekorative ausschmückende Aspekte verlagert wurde, auch wenn
die Rotfärbung der einfach gebrannten oder aber glasierten Ziegel
kaum mit den rautenförmig versetzten Klinkern aufwendiger Ent-
wässerungsrinnen Berlins171 konkurrieren kann. Das Kleinpflaster
mit längsliegenden Ziegeln als Randsteinmaterial wurde in unver-
änderter Form auch für die nachfolgende vierte Abteilung über-
nommen; dementsprechend wurden im Jahr 1897/98 gut 202
Mark für „90 qm Mosaikpflaster von der Bedürfnisanstalt bis zur
Ausfahrt nach dem Müll- und Abfall-Lagerorte hinter dem Todten-
hofe"172 berechnet. Allerdings wechselt das Randsteinmaterial hier
auf der Höhe der historischen „Bedürfnisanstalt" von Ziegeln nach
wiederum hochkant gesetzten Steinplatten, deren Länge bis
60/70 cm betragen konnte. Sie leiten zur Pflasterung (nach 1893)
der fünften Abteilung über, die über die gesamte Mittelachse bis
zum Brunnenrondell das für die Zeit um/nach der Jahrhundert-
wende typische in Bögen verlegte Kleinplaster aufweist, hier aller-
dings in der „unpraktischten und dabei teuersten Verlegungsart"173,
der fächerförmigen Verlegung. Schließlich weist als einzige Abtei-
lung die letzte und sechste Abteilung lediglich unbefestigte Wege
ohne jede Akzentuierung auf.
Das historische Grab und seine Bepflanzung
Leider fehlt für die früheste Friedhofsgeschichte jeglicher Hinweis
auf die damalige Grabbepflanzung, sieht man von den als blühen-
de Wiese belassenen Reihengräbern ab. Erst um 1840 mehren sich
die Belege, die eine differenzierte Bepflanzung zumindest der
Mauergräber wahrscheinlich werden lassen. Vermutlich wurden
auf diesen bereits früh „Bäume oder baumartige Gesträucher 174
gesetzt, so dass sich die Mauergräber als eine Art grüne Wand
gegen die weite Binnenfläche absetzen mussten.
Für das Jahr 1843 bestätigt angefordertes Prospektmaterial
eines Gärtnereibetriebes, dass nun auch differenziertere Bepflan-
zungen des Friedhofes angedacht waren, wobei unklar bleibt, ob
es sich hierbei um eine geplante Gestaltung der Binnenfläche oder
aber der Grabbeete175 handelte. In jedem Fall zog man eine Ausge-
staltung durch farbenstarke Trichterwinden (Ipomea) und Gaukler-
blumen (Mimulus) in Betracht, wobei die Mimulus-Sorten formosa,
Greouii, Harissonii, moschatus, atrococcinea und Thompsonii
gesondert gekennzeichnet wurden176. Da zur gleichen Zeit auch
die ersten Pflegeverträge einsetzen, wird eindeutig, dass den Grä-
bern nunmehr eine gesteigerte Bedeutung zuteil wird, die sich in
einer intensiveren Bepflanzung und somit einem erhöhten Pflege-
aufwand niederschlägt177; folgerichtig wird dieser gerne über ein
sog. Stiftungsentgeld an die Friedhofsverwaltung abgegeben,
wobei diese Pflegeverträge häufiger über Jahrzehnte bis einhun-
dert Jahre laufen. Die erste gesicherte Stiftung des Geheimrats
Graf von Wedel fordert im Gegenzug auf die Einzahlung von 200
Talern „das Grab seiner ersten Gemahlin [...] von Unkraut rein zu
halten und mit Blumen und blühenden Stauden zu bepflanzen 178.
Nach dem Wortlaut der späteren Stiftungen zu folgern, nahm der

zu betreibende gärtnerische Aufwand nur gering zu, allerdings
wurde die Blumenauswahl zunehmend individuelleren Ansprüchen
unterworfen, die mitunter auch zur Beschaffung von Exotika
führen konnte; das Spektrum reicht hiervon „mit Blumen einfach
geziert", über die „dauernde Ausschmückung der Plätze mit Bäu-
men, Sträuchern und Blumen", wobei „hochstämmige Rosen"
stets aus einem Extraetat erneuert werden sollen bis hin zur
Bepflanzung mit „neu zu beschaffenden Rosen und sonstigen sel-
tenen Pflanzen" oder aber „gewöhnlichen Sommerblumen oder
Efeu"179.
Da man sich um 1880 die Begräbnis-Ordnung der Stadt Dort-
mund zuschicken ließ, ist davon auszugehen, dass man wesentli-
che Grundsätze - z.B. die Grabanlage in der Art eines Gartenbee-
tes bei Vermeidung weitwurzelnder Akazien und Pappeln - wenn
nicht übernahm, dann doch zumindestens als Anregung nutzte180.
Dementsprechend belegt auch eine Entwurfs- und Bestandszeich-
nung des Jahres 1895181, dass das langgestreckte Erbbegräbnis der
verwandtschaftlich eng verbundenen Familien Gruner, Wüste und
Droop, wie auch dasjenige der Familie Pagenstecher als dekorative
Zierbeete gestaltet waren, wobei bei ersteren das Einzelgrab bzw.
die Grablege gärtnerisch hervorgehoben wurde, indem man ovale
Beetflächen unmittelbar an der Stelle der Grabgrube plazierte.
Anders präsentiert sich dementgegen die Pagenstecher'sche Erb-
begräbnisstätte, wo die Einzelgrablegen zugunsten einer zusam-
menfassenden Gesamtanlage in den Hintergrund treten. Dabei
wurden in beiden Fällen Bodendecker, respektive Rasen mit zier-
lichen Strauchbepflanzungen, respektive hochstämmigen Rosen
kombiniert.
Wie massive Einwände des Totengräbers und zugleich als Fried-
hofsgärtner tätigen W. Koch belegen, scheint eine um 1900 stetig
zunehmende Bedeutung des Lebensbaumes Typ Thuja occidenta-
lis zu einer ausgesprochen uniformen, fast monotonen Friedhofs-
flora geführt zu haben182, die der Gartenbaudirektor Freytag spä-
ter sogar als unwürdig und liederlich beschrieb. Anders bewertete

23 Pflasterung der ersten Abteilung in einer historischen Fotografie Lich-
tenbergs (Städt. Denkmalpflege, Osnabrück).


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