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sen Stelle hier noch der schlichtere Vorgängerbau zu
erkennen ist.
Die ersten Baumaßnahmen im 17. Jahrhundert sind für
den Bereich der Krypta durch Urkunden aus den Jahren
1614 bis 1668 überliefert.5 Als einziges materielles Zeug-
nis dieser architektonischen Veränderungen ist der Tür-
sturz über dem Eingangsportal zur Krypta erhalten
geblieben. Dieser steinerne Türsturz zeigt eine schemati-
sierte Darstellung des Bernwardkreuzes, umrahmt von
der Jahreszahl 1625. Als Grablege des Kirchenstifters
Bischof Bernward hatte die Krypta eine besonders große
Bedeutung für das Kloster und die katholische Gemein-
de. Bis ins 18. Jahrhundert hinein wurde sie dem Kloster
von der evangelischen Gemeinde zur Nutzung überlas-
sen; dies galt auch für den Bereich des Westchores.
Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung des Klosters gegen
Ende des 17. Jahrhunderts begann eine Reihe von Bau-
maßnahmen unter Abt Jakob Dedeken, die von seinen
Nachfolgern fortgeführt wurden. Vom Kreuzgang ausge-
hend, erfuhr der gesamte Klosterkomplex eine Umgestal-
tung im barocken Stil.
Den Beginn der umfangreichen baulichen Veränderun-
gen bildete die Renovierung der Kapelle im Wohnhaus
des Abtes im Jahre 1691.6 Ab 1694 wurde der so genann-
te Kirchflügel, also der Gebäudetrakt mit dem westlichen
Kreuzgangflügel, grundlegend erneuert (Abb. 13). Aus
einem zeitgenössischen Bericht geht hervor, dass man die
Klausur mit der Sakristei, der Bibliothek, der Kapelle der
heiligen Philippus und Jakobus bis auf die Umfassungs-
wände der Keller abtrug und anschließend neu errichte-
te.7
Bei der Sakristei handelt es sich wahrscheinlich um den
Raum, der nördlich an den Chorumgang der Michaelis-
kirche anschließt und das Dormitorium bzw. die Biblio-
thek mit dem Hochchor verbindet. Ursprünglich diente
sie zur Vorbereitung für Chordienst und Messen, die im
Hochchor und an der Altarstelle im westlichen Scheitel
des Chorumganges gefeiert wurden.
Die in dem genannten zeitgenössischen Bericht erwähnte
neu gestaltete Bibliothek befand sich im südlichen Trakt
des „Kirchflügels“, im ersten und zweiten Obergeschoss.
Teile dieser Räumlichkeiten sind noch heute erhalten,
integriert in den Speisesaal bzw. in das Musik- und Kon-
ferenzzimmer des Predigerseminars (Abb. 14). Die bei-
den Räume haben nahezu identische Grundrisse. Sie sind
in sechs Joche gegliedert, deren Kreuzgratgewölbe jeweils
auf zwei Mittelpfeilern ruhen. Die Rund- und Wandpfei-
ler beider Räume sind mit unterschiedlichen, einfachen,
aber handwerklich sehr akkurat aus dem Sandstein he-
Abb. 16 Die Widmungsplatte Abt Dedekens von 1695 an der
Fassade des heute noch erhaltenen westlichen Flügels des
Kreuzganges erinnert an den Initiator der großen barocken
Umgestaltung der Klosteranlagen im 17. und 18. Jahrhun-
dert
rausgehauenen Ornamenten geschmückt (Abb. 15). Die
Gestaltung des Raumes im ersten Obergeschoss ist etwas
aufwendiger und im Detail feiner ausgeführt. Insgesamt
wirken beide Räume eher schlicht, die praktische Nut-
zung steht gegenüber der repräsentativen Funktion im
Vordergrund. Die farbige Gestaltung der Architektur-
oberflächen im späten 17. und frühen 18. Jahrhundert ist
heute leider nicht mehr nachvollziehbar.
Die steinbildhauerische Bearbeitung der Pfeiler, Basen
und Kapitelle dieser Räume ist identisch mit der Bearbei-
tung der Werksteine in der ehemaligen „Kleinen Michae-
liskirche“ (heute „Kreuzkapelle“) im Erdgeschoss des
„Kirchflügels“. Dieselbe Art der Steinbearbeitung zeigt
auch die noch erhaltene Pforte der Klosteranlage an der
heutigen Klosterstraße, die derselben Umbau- und
Umgestaltungsphase im späten 17. und frühen 18. Jahr-
hundert zuzuordnen ist.
sen Stelle hier noch der schlichtere Vorgängerbau zu
erkennen ist.
Die ersten Baumaßnahmen im 17. Jahrhundert sind für
den Bereich der Krypta durch Urkunden aus den Jahren
1614 bis 1668 überliefert.5 Als einziges materielles Zeug-
nis dieser architektonischen Veränderungen ist der Tür-
sturz über dem Eingangsportal zur Krypta erhalten
geblieben. Dieser steinerne Türsturz zeigt eine schemati-
sierte Darstellung des Bernwardkreuzes, umrahmt von
der Jahreszahl 1625. Als Grablege des Kirchenstifters
Bischof Bernward hatte die Krypta eine besonders große
Bedeutung für das Kloster und die katholische Gemein-
de. Bis ins 18. Jahrhundert hinein wurde sie dem Kloster
von der evangelischen Gemeinde zur Nutzung überlas-
sen; dies galt auch für den Bereich des Westchores.
Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung des Klosters gegen
Ende des 17. Jahrhunderts begann eine Reihe von Bau-
maßnahmen unter Abt Jakob Dedeken, die von seinen
Nachfolgern fortgeführt wurden. Vom Kreuzgang ausge-
hend, erfuhr der gesamte Klosterkomplex eine Umgestal-
tung im barocken Stil.
Den Beginn der umfangreichen baulichen Veränderun-
gen bildete die Renovierung der Kapelle im Wohnhaus
des Abtes im Jahre 1691.6 Ab 1694 wurde der so genann-
te Kirchflügel, also der Gebäudetrakt mit dem westlichen
Kreuzgangflügel, grundlegend erneuert (Abb. 13). Aus
einem zeitgenössischen Bericht geht hervor, dass man die
Klausur mit der Sakristei, der Bibliothek, der Kapelle der
heiligen Philippus und Jakobus bis auf die Umfassungs-
wände der Keller abtrug und anschließend neu errichte-
te.7
Bei der Sakristei handelt es sich wahrscheinlich um den
Raum, der nördlich an den Chorumgang der Michaelis-
kirche anschließt und das Dormitorium bzw. die Biblio-
thek mit dem Hochchor verbindet. Ursprünglich diente
sie zur Vorbereitung für Chordienst und Messen, die im
Hochchor und an der Altarstelle im westlichen Scheitel
des Chorumganges gefeiert wurden.
Die in dem genannten zeitgenössischen Bericht erwähnte
neu gestaltete Bibliothek befand sich im südlichen Trakt
des „Kirchflügels“, im ersten und zweiten Obergeschoss.
Teile dieser Räumlichkeiten sind noch heute erhalten,
integriert in den Speisesaal bzw. in das Musik- und Kon-
ferenzzimmer des Predigerseminars (Abb. 14). Die bei-
den Räume haben nahezu identische Grundrisse. Sie sind
in sechs Joche gegliedert, deren Kreuzgratgewölbe jeweils
auf zwei Mittelpfeilern ruhen. Die Rund- und Wandpfei-
ler beider Räume sind mit unterschiedlichen, einfachen,
aber handwerklich sehr akkurat aus dem Sandstein he-
Abb. 16 Die Widmungsplatte Abt Dedekens von 1695 an der
Fassade des heute noch erhaltenen westlichen Flügels des
Kreuzganges erinnert an den Initiator der großen barocken
Umgestaltung der Klosteranlagen im 17. und 18. Jahrhun-
dert
rausgehauenen Ornamenten geschmückt (Abb. 15). Die
Gestaltung des Raumes im ersten Obergeschoss ist etwas
aufwendiger und im Detail feiner ausgeführt. Insgesamt
wirken beide Räume eher schlicht, die praktische Nut-
zung steht gegenüber der repräsentativen Funktion im
Vordergrund. Die farbige Gestaltung der Architektur-
oberflächen im späten 17. und frühen 18. Jahrhundert ist
heute leider nicht mehr nachvollziehbar.
Die steinbildhauerische Bearbeitung der Pfeiler, Basen
und Kapitelle dieser Räume ist identisch mit der Bearbei-
tung der Werksteine in der ehemaligen „Kleinen Michae-
liskirche“ (heute „Kreuzkapelle“) im Erdgeschoss des
„Kirchflügels“. Dieselbe Art der Steinbearbeitung zeigt
auch die noch erhaltene Pforte der Klosteranlage an der
heutigen Klosterstraße, die derselben Umbau- und
Umgestaltungsphase im späten 17. und frühen 18. Jahr-
hundert zuzuordnen ist.