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Abb. 93 Hygroskopische und thermische
Kondensation im Fußbodenbe-
reich der Ostwand von Joch 4
und 5
Korrespondierend zu den Schwankungen des Außenkli-
mas, das — etwas gedämpft — auch im Inneren des Kreuz-
gangs wirkt, finden Kristallisations- und Lösungszyklen
der Salze statt. Jene Relative Luftfeuchtigkeit (RLF), bei
deren Überschreitung Salzkristalle in Lösung gehen und
bei deren Unterschreitung Salzlösungen auskristallisieren,
bezeichnet man als Gleichgewichtsfeuchtigkeit (GGF).
Bei niedriger Temperatur gehen die Salze schwerer in
Lösung, die GGF ist im Winter also höher als im Som-
mer. Salzmischungen haben eine andere GGF als einzel-
ne Salze. Während der Pilotarbeit in Joch 7 konnte be-
obachtet werden, dass die an der Oberfläche konzentrier-
ten hygroskopischen Salzmischungen bei einer RLF von
ca. 70 % und einer Raumtemperatur von ca. 15° C24 in
Lösung befindlich sind. In Form von Lösungen breiten
sich die Salze immer weiter aus. Wenn Krustenbildungen
im Sockelbereich die Trocknung blockieren, können die
Salze in beträchtliche Höhe „wandern“.25
Wir wissen heute, dass die thermische Kondensation bei
Architekturoberfläche, die der Außenverwitterung ausge-
setzt ist, fast jede Nacht und häufig nach Niederschlägen
stattfindet, verstärkt natürlich im Frühjahr (Abb. 93).26
Durch die hygroskopische Feuchtigkeit wird sekundär
auch thermische Kondensation begünstigt und hervorge-
rufen.
In der einschlägigen Literatur wird bis heute die Infiltra-
tion von Feuchtigkeit als Schadensquelle überbewertet,
und demgegenüber die hygroskopische Kondensation zu
wenig oder gar nicht beachtet.2 Auch im Falle des Kreuz-
gangs von St. Michaelis wurde noch 1988 nach bauphy-
sikalischen Untersuchungen die „aufsteigende Feuchtig-
o 22 o o
keit“, also die kapillare Infiltration von Wasser in den
Sockelbereich, als wesentliche Feuchtigkeitsquelle be-
zeichnet.28
Seit den Analysen von Erwin Stadlbauer von 1992 ist die
hygroskopische Kondensation von Feuchtigkeit durch
die an der Oberfläche konzentrierten Salze in ihrer Rele-
vanz als wesentlicher Schadensfaktor bekannt.24
Der Gehalt von löslichen Salzen ist in den Materialien
unterschiedlich. Die Zementverfugungen enthalten trotz
ihrer hohen Dichtigkeit und geringen Porosität einen
erheblichen Gehalt an wasserlöslichen Bestandteilen, die
zu Salzausblühungen führen können.30
Das wenig lösliche Salz Gips findet sich überall in der
Nähe der Oberfläche: In den schwarzen Krusten, in den
Verputz- und Fassungsresten als Umwandlungsprodukt
von Kalk und in den Verfugungsmörteln aus Zement.
Die Relevanz des Gipses für die Schadensprozesse im
konkreten Fall muss differenziert betrachtet werden.11 Bei
Salzmischungen ist zyklische Kristallisation von Gips
möglich.32 Von einigen Forschern wird Gips als das
gefährlichste Salz angesehen.33 Auch die sperrende Wir-
kung von Gips sollte nicht vergessen werden. Durch die
Verlangsamung der Trocknungsgeschwindigkeit können
alle Schadensprozesse, die mit Feuchtigkeit Zusammen-
hängen, länger und intensiver einwirken.
Abb. 93 Hygroskopische und thermische
Kondensation im Fußbodenbe-
reich der Ostwand von Joch 4
und 5
Korrespondierend zu den Schwankungen des Außenkli-
mas, das — etwas gedämpft — auch im Inneren des Kreuz-
gangs wirkt, finden Kristallisations- und Lösungszyklen
der Salze statt. Jene Relative Luftfeuchtigkeit (RLF), bei
deren Überschreitung Salzkristalle in Lösung gehen und
bei deren Unterschreitung Salzlösungen auskristallisieren,
bezeichnet man als Gleichgewichtsfeuchtigkeit (GGF).
Bei niedriger Temperatur gehen die Salze schwerer in
Lösung, die GGF ist im Winter also höher als im Som-
mer. Salzmischungen haben eine andere GGF als einzel-
ne Salze. Während der Pilotarbeit in Joch 7 konnte be-
obachtet werden, dass die an der Oberfläche konzentrier-
ten hygroskopischen Salzmischungen bei einer RLF von
ca. 70 % und einer Raumtemperatur von ca. 15° C24 in
Lösung befindlich sind. In Form von Lösungen breiten
sich die Salze immer weiter aus. Wenn Krustenbildungen
im Sockelbereich die Trocknung blockieren, können die
Salze in beträchtliche Höhe „wandern“.25
Wir wissen heute, dass die thermische Kondensation bei
Architekturoberfläche, die der Außenverwitterung ausge-
setzt ist, fast jede Nacht und häufig nach Niederschlägen
stattfindet, verstärkt natürlich im Frühjahr (Abb. 93).26
Durch die hygroskopische Feuchtigkeit wird sekundär
auch thermische Kondensation begünstigt und hervorge-
rufen.
In der einschlägigen Literatur wird bis heute die Infiltra-
tion von Feuchtigkeit als Schadensquelle überbewertet,
und demgegenüber die hygroskopische Kondensation zu
wenig oder gar nicht beachtet.2 Auch im Falle des Kreuz-
gangs von St. Michaelis wurde noch 1988 nach bauphy-
sikalischen Untersuchungen die „aufsteigende Feuchtig-
o 22 o o
keit“, also die kapillare Infiltration von Wasser in den
Sockelbereich, als wesentliche Feuchtigkeitsquelle be-
zeichnet.28
Seit den Analysen von Erwin Stadlbauer von 1992 ist die
hygroskopische Kondensation von Feuchtigkeit durch
die an der Oberfläche konzentrierten Salze in ihrer Rele-
vanz als wesentlicher Schadensfaktor bekannt.24
Der Gehalt von löslichen Salzen ist in den Materialien
unterschiedlich. Die Zementverfugungen enthalten trotz
ihrer hohen Dichtigkeit und geringen Porosität einen
erheblichen Gehalt an wasserlöslichen Bestandteilen, die
zu Salzausblühungen führen können.30
Das wenig lösliche Salz Gips findet sich überall in der
Nähe der Oberfläche: In den schwarzen Krusten, in den
Verputz- und Fassungsresten als Umwandlungsprodukt
von Kalk und in den Verfugungsmörteln aus Zement.
Die Relevanz des Gipses für die Schadensprozesse im
konkreten Fall muss differenziert betrachtet werden.11 Bei
Salzmischungen ist zyklische Kristallisation von Gips
möglich.32 Von einigen Forschern wird Gips als das
gefährlichste Salz angesehen.33 Auch die sperrende Wir-
kung von Gips sollte nicht vergessen werden. Durch die
Verlangsamung der Trocknungsgeschwindigkeit können
alle Schadensprozesse, die mit Feuchtigkeit Zusammen-
hängen, länger und intensiver einwirken.