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Ivo Hammer, Bernhard Recker, Jan Schubert, Christel Chionye-Ejim, Christel Schmitt,
Marion Eifinger und Lothar Hoffmann
Möglichkeiten und Perspektiven der Konservierung/Restaurierung
Ziele der Erhaltung
Mit der Konservierung/Restaurierung eines Denkmals
sollen zwei wesentliche, ineinander greifende Ziele
erreicht werden:
1. Die Erhaltung der als wertvoll erkannten historischen
Substanz (Konservierung).
2. Die Präsentation des Denkmals in einer Form und
Oberfläche, die seinem historischen und künstlerischen
Wert entspricht (Restaurierung).1
Die heutige Form und Substanz des Kreuzgangs ist
wesentlich geprägt sowohl durch den Bestand des 13.
Jahrhunderts2 als auch durch die unter C. W. Hase im
dritten Viertel des 19. Jahrhunderts ausgeführte Restau-
rierung.3 Im Rahmen dieser Restaurierung wurden nicht
nur ein Großteil der Bauplastik der Ostwand ausgewech-
selt und die Verfügungen dekorativ erneuert, sondern
auch, wie Caroline Assmann nachweisen konnte, die
gesamte Oberfläche vereinheitlichend mit Kalk-Kaseins-
Farbe gefasst. Die erhaltenen Reste dieser Fassung des 19.
Jahrhunderts sind unverzichtbarer Bestandteil der histo-
rischen Substanz des Denkmals.
Die Symptome der Verwitterungsprozesse haben zu Ver-
änderungen der Form und Oberfläche des Denkmals
geführt, die seine ästhetische Einheit, die Lesbarkeit sei-
ner Formen und Farben erheblich beeinträchtigen.
Zugleich führt fast jede Maßnahme der Konservierung
auch zu ästhetischen Veränderungen. Restauratorische
Eingriffe in das Denkmal müssen von der kritischen
Interpretation der ästhetischen Realität des Kunstwerks
ausgehen.4 Die damit verbundenen Zielvorstellungen
sind widersprüchlich. Einerseits soll die künstlerische
Einheit des Kunstwerks erfassbarer gemacht, andererseits
der Quellenwert, die Authentizität des Denkmals erhal-
ten werden. Die Qualität einer Konservierung/Restaurie-
rung hinsichtlich der konkreten Präsentation des Denk-
mals zeigt sich dementsprechend in der überzeugenden
Einheit von Authentizität und von künstlerischer Form.
Therapie der Ursachen, nicht nur der Symptome
Für ein nachhaltig wirkendes Konzept der Konservierung
müssen wir unterscheiden zwischen normaler Alterung
und dramatischen Verfallsprozessen, die wir als Schäden
bezeichnen. Wir brauchen also eine Vorstellung von der
Dynamik der Schadensprozesse. Voraussetzung dafür ist
eine kohärente Vorstellung von den Charakteristika des
physikalischen Systems, das wir als poröse Baustoffe
bezeichnen. Wir brauchen eine Vorstellung davon, wie
dieses System normalerweise funktioniert, warum das
System überhaupt erhalten geblieben ist, wie es auf Ein-
flüsse der Verwitterung reagiert.
Eine nachhaltige Konservierung des Kreuzgangs ist nur
möglich, wenn nicht nur die Symptome der Veränderun-
gen und der Schäden beseitigt werden, sondern auch die
Ursachen der Schäden. Voraussetzung ist allerdings, dass
die Ursachen realistisch und differenziert genug erkannt
werden. Dazu gehört auch die Bewertung (Evaluierung)
der Schadensfaktoren. Der Eingriff in nur einen Scha-
densfaktor kann zur Verstärkung anderer Schadensfakto-
ren führen.
Für nachhaltig wirksame Maßnahmen zur Konservie-
rung/Restaurierung sind also folgende technologische
Zusammenhänge zu berücksichtigen:
1. Die Erhaltung der für die Resistenz gegen Verwitte-
rungsfaktoren günstigen physikalischen Eigenschaften
des Objekts.
- Keine Veränderung des physikalischen Systems ohne
Not (Statik, offene hydrophile Porosität),
- entsprechende Auswahl der Materialien und Metho-
den zur Konservierung und Restaurierung (keine film-
bildenden Materialien),
- Kontrolle der Maßnahmen mit naturwissenschaft-
lichen Methoden.
2. Beseitigung oder Dämpfung der Ursachen dramatischer
Verwitterung. Wenn möglich: Zusätzlicher Schutz vor
normaler Verwitterung (Umgebung oder Oberfläche).
3. Verringerung der technologischen (und ästhetischen)
Folgen (Symptome) der dramatischen Veränderungen
(Schäden).
Bewertung der Schadensursachen
Gegenüber vergleichbaren Bauwerken ist der Kreuzgang
von St. Michaelis besonders intensiven Verwitterungs-
Ivo Hammer, Bernhard Recker, Jan Schubert, Christel Chionye-Ejim, Christel Schmitt,
Marion Eifinger und Lothar Hoffmann
Möglichkeiten und Perspektiven der Konservierung/Restaurierung
Ziele der Erhaltung
Mit der Konservierung/Restaurierung eines Denkmals
sollen zwei wesentliche, ineinander greifende Ziele
erreicht werden:
1. Die Erhaltung der als wertvoll erkannten historischen
Substanz (Konservierung).
2. Die Präsentation des Denkmals in einer Form und
Oberfläche, die seinem historischen und künstlerischen
Wert entspricht (Restaurierung).1
Die heutige Form und Substanz des Kreuzgangs ist
wesentlich geprägt sowohl durch den Bestand des 13.
Jahrhunderts2 als auch durch die unter C. W. Hase im
dritten Viertel des 19. Jahrhunderts ausgeführte Restau-
rierung.3 Im Rahmen dieser Restaurierung wurden nicht
nur ein Großteil der Bauplastik der Ostwand ausgewech-
selt und die Verfügungen dekorativ erneuert, sondern
auch, wie Caroline Assmann nachweisen konnte, die
gesamte Oberfläche vereinheitlichend mit Kalk-Kaseins-
Farbe gefasst. Die erhaltenen Reste dieser Fassung des 19.
Jahrhunderts sind unverzichtbarer Bestandteil der histo-
rischen Substanz des Denkmals.
Die Symptome der Verwitterungsprozesse haben zu Ver-
änderungen der Form und Oberfläche des Denkmals
geführt, die seine ästhetische Einheit, die Lesbarkeit sei-
ner Formen und Farben erheblich beeinträchtigen.
Zugleich führt fast jede Maßnahme der Konservierung
auch zu ästhetischen Veränderungen. Restauratorische
Eingriffe in das Denkmal müssen von der kritischen
Interpretation der ästhetischen Realität des Kunstwerks
ausgehen.4 Die damit verbundenen Zielvorstellungen
sind widersprüchlich. Einerseits soll die künstlerische
Einheit des Kunstwerks erfassbarer gemacht, andererseits
der Quellenwert, die Authentizität des Denkmals erhal-
ten werden. Die Qualität einer Konservierung/Restaurie-
rung hinsichtlich der konkreten Präsentation des Denk-
mals zeigt sich dementsprechend in der überzeugenden
Einheit von Authentizität und von künstlerischer Form.
Therapie der Ursachen, nicht nur der Symptome
Für ein nachhaltig wirkendes Konzept der Konservierung
müssen wir unterscheiden zwischen normaler Alterung
und dramatischen Verfallsprozessen, die wir als Schäden
bezeichnen. Wir brauchen also eine Vorstellung von der
Dynamik der Schadensprozesse. Voraussetzung dafür ist
eine kohärente Vorstellung von den Charakteristika des
physikalischen Systems, das wir als poröse Baustoffe
bezeichnen. Wir brauchen eine Vorstellung davon, wie
dieses System normalerweise funktioniert, warum das
System überhaupt erhalten geblieben ist, wie es auf Ein-
flüsse der Verwitterung reagiert.
Eine nachhaltige Konservierung des Kreuzgangs ist nur
möglich, wenn nicht nur die Symptome der Veränderun-
gen und der Schäden beseitigt werden, sondern auch die
Ursachen der Schäden. Voraussetzung ist allerdings, dass
die Ursachen realistisch und differenziert genug erkannt
werden. Dazu gehört auch die Bewertung (Evaluierung)
der Schadensfaktoren. Der Eingriff in nur einen Scha-
densfaktor kann zur Verstärkung anderer Schadensfakto-
ren führen.
Für nachhaltig wirksame Maßnahmen zur Konservie-
rung/Restaurierung sind also folgende technologische
Zusammenhänge zu berücksichtigen:
1. Die Erhaltung der für die Resistenz gegen Verwitte-
rungsfaktoren günstigen physikalischen Eigenschaften
des Objekts.
- Keine Veränderung des physikalischen Systems ohne
Not (Statik, offene hydrophile Porosität),
- entsprechende Auswahl der Materialien und Metho-
den zur Konservierung und Restaurierung (keine film-
bildenden Materialien),
- Kontrolle der Maßnahmen mit naturwissenschaft-
lichen Methoden.
2. Beseitigung oder Dämpfung der Ursachen dramatischer
Verwitterung. Wenn möglich: Zusätzlicher Schutz vor
normaler Verwitterung (Umgebung oder Oberfläche).
3. Verringerung der technologischen (und ästhetischen)
Folgen (Symptome) der dramatischen Veränderungen
(Schäden).
Bewertung der Schadensursachen
Gegenüber vergleichbaren Bauwerken ist der Kreuzgang
von St. Michaelis besonders intensiven Verwitterungs-