Mensch und Umwelt
3 Elementgehalte von Blei, Cadmium,
Kupfer, Zink, Aluminium (mg/kg) und
Pollenanteile für Fagus, Betula und Secale
(%) im Profil des „Silberhohls" bei
Seesen (Pollenanalysen: Chen 1982.
Geochemie: Hettwer 1999).
Ab der Völkerwanderungszeit beginnen die Schwermetallge-
halte leicht anzusteigen (380 cm). Stärkere Schwermetalleinträge
sind ab dem frühen Mittelalter erkennbar (300 cm). Im späten Mit-
telalter erreichen die Schwermetallgehalte im Silberhohl ihren
Höhepunkt mit einem zeitgleichen Niedergang der Rotbuchen-
pollen-Kurve (Fagus), was durch den hohen Holzverbrauch in der
Verhüttung erklärt werden kann (230 cm). Auf den Kahlschlägen
siedelten sich Pioniergehölze wie die Birke (Betula) wieder an. Ein
ebenso einschneidendes Ereignis ist die spätmittelalterliche
Wüstungsperiode (200 cm) mit einem plötzlichen und starken
Rückgang der Schwermetallgehalte sowie der Roggenpollenan-
teile (Secale). Mit Ausnahme des Cadmiums wurden die mittel-
alterlichen Schwermetallanreicherungen im Silberhohl auch in der
jüngeren Neuzeit nicht mehr übertroffen (90 cm) (Chen 1988.
Hettwer 1999).
Rezente Schwermetallbelastung durch frühe und
spätere Metallgewinnung
Jahrzehnte, zum Teil sogar Jahrhunderte nach der Stilllegung der
letzten Gruben und Hüttenbetriebe führen die Harzflüsse immer
noch eine enorme Schwermetallfracht, die bei Hochwässern in die
Flußauen des Harzvorlandes getragen wird. Im Frühjahr 1994
wurden an 52 aus dem niedersächsischen Harz austretenden
Bachläufen von S. Cramer und anderen Mitarbeitern der Arbeits-
stelle Montanarchäologie in Goslar Hochflutsedimente beprobt,
die nach einem Hochwasser auf landwirtschaftlichen Flächen di-
rekt am Harzrand abgelagert worden sind (Abb. 4).
In allen untersuchten Proben konnten Schlackenpartikel nach-
gewiesen werden. Insofern wurden in allen Einzugsgebieten der
aus dem Harz austretenden Bachläufe ehemals Erze verhüttet. Die
Gehalte der Schwermetalle Blei, Cadmium, Kupfer und Zink sind
in sämtlichen Überflutungssedimenten gegenüber den natürlichen
Gehalten erhöht. Die höchsten Anreicherungen finden sich am
nördlichen Harzvorland im Überflutungsbereich von Innerste und
Oker. Aus den Cadmium/Zink-Verhältnissen dieser Proben geht
hervor, dass neben Schlacken vor allem Erzpartikel für die hohen
Schwermetallbelastungen verantwortlich sind.
Die Zinkblende ist der wichtigste natürliche Cadmiumträger.
Zinkblende aus Harzer Erzen weist Cadmium/Zink-Verhältnisse von
ca. 1/100 bis 1/700 auf, Schlacken von meist < 1/50000. Die am
nördlichen Harzrand untersuchten Proben weisen Cadmium/Zink-
Verhältnisse von 1/120 bis zu 1/670 auf und decken sich damit
weitgehend mit denen der Erze. Die Erzpartikel können aus der
Erzwäsche oder aus Bergbau- und Pochsandhalden stammen, wie
sie im Oberlauf von Innerste und Oker zahlreich vorkommen. Im
Gebiet östlich von Oker-Harlingerode wurden die höchsten Cadmi-
um/Zink-Verhältnisse von bis zu 1/55 angetroffen. Diese relativ
hohen Cadmiumgehalte bei verhältnismäßig niedrigen Zinkkon-
zentrationen können auf die Cadmium-Immissionen der Zinkhütte
Oker zurückzuführen sein (Lindorfer 1997).
Maßnahmen gegen die Schwermetallbelastung
Sowohl der gelöste als auch der partikuläre Schwermetallaustrag
aus den Schlacken- und Bergbauhalden ist erheblich. Es gibt ver-
schiedene Möglichkeiten, dieser potentiellen Gefahr entgegen-
zuwirken. Von der scheinbar naheliegenden Maßnahme, die
Schlacken- und Bergbauhalden einfach abzutragen, muss abgera-
ten werden. Es würden abrupt erhebliche Mengen schwermetall-
reicher Partikel in die Bäche gelangen, die weit über das heutige
Maß hinausgehen. Unabhängig davon, dass mit dem Abtragen
eines Verhüttungsplatzes ein einmaliges Kulturdenkmal zerstört
wird, dessen systematische Erforschung erst vor wenigen Jahren
begonnen hat, wäre der zu erwartende Effekt frühestens nach
Jahrzehnten messbar, da viele Halden nicht entdeckt wurden und
die Bachbettsedimente durchgehend belastet sind.
Ein anschauliches Beispiel hierfür bietet eine hochgradig
belastete Hochflutsedimentprobe, die 1994 bei Langelsheim aus
dem Überflutungsbereich der Innerste entnommen wurde
(Abb. 4). Die hohen Blei-, Cadmium-, Kupfer- und Zinkgehalte
dieser Probe werden vorwiegend von Schlacken und besonders
von Erzpartikeln verursacht, deren Halden zum Großteil am Ober-
lauf der Innerste liegen. Zwischen der Probennahmestelle und den
Schlacken-, Bergbau- und Pochsandhalden befindet sich seit der
Mitte der 60er Jahre der Innerste-Stausee. Obwohl 30 Jahre zwi-
80
3 Elementgehalte von Blei, Cadmium,
Kupfer, Zink, Aluminium (mg/kg) und
Pollenanteile für Fagus, Betula und Secale
(%) im Profil des „Silberhohls" bei
Seesen (Pollenanalysen: Chen 1982.
Geochemie: Hettwer 1999).
Ab der Völkerwanderungszeit beginnen die Schwermetallge-
halte leicht anzusteigen (380 cm). Stärkere Schwermetalleinträge
sind ab dem frühen Mittelalter erkennbar (300 cm). Im späten Mit-
telalter erreichen die Schwermetallgehalte im Silberhohl ihren
Höhepunkt mit einem zeitgleichen Niedergang der Rotbuchen-
pollen-Kurve (Fagus), was durch den hohen Holzverbrauch in der
Verhüttung erklärt werden kann (230 cm). Auf den Kahlschlägen
siedelten sich Pioniergehölze wie die Birke (Betula) wieder an. Ein
ebenso einschneidendes Ereignis ist die spätmittelalterliche
Wüstungsperiode (200 cm) mit einem plötzlichen und starken
Rückgang der Schwermetallgehalte sowie der Roggenpollenan-
teile (Secale). Mit Ausnahme des Cadmiums wurden die mittel-
alterlichen Schwermetallanreicherungen im Silberhohl auch in der
jüngeren Neuzeit nicht mehr übertroffen (90 cm) (Chen 1988.
Hettwer 1999).
Rezente Schwermetallbelastung durch frühe und
spätere Metallgewinnung
Jahrzehnte, zum Teil sogar Jahrhunderte nach der Stilllegung der
letzten Gruben und Hüttenbetriebe führen die Harzflüsse immer
noch eine enorme Schwermetallfracht, die bei Hochwässern in die
Flußauen des Harzvorlandes getragen wird. Im Frühjahr 1994
wurden an 52 aus dem niedersächsischen Harz austretenden
Bachläufen von S. Cramer und anderen Mitarbeitern der Arbeits-
stelle Montanarchäologie in Goslar Hochflutsedimente beprobt,
die nach einem Hochwasser auf landwirtschaftlichen Flächen di-
rekt am Harzrand abgelagert worden sind (Abb. 4).
In allen untersuchten Proben konnten Schlackenpartikel nach-
gewiesen werden. Insofern wurden in allen Einzugsgebieten der
aus dem Harz austretenden Bachläufe ehemals Erze verhüttet. Die
Gehalte der Schwermetalle Blei, Cadmium, Kupfer und Zink sind
in sämtlichen Überflutungssedimenten gegenüber den natürlichen
Gehalten erhöht. Die höchsten Anreicherungen finden sich am
nördlichen Harzvorland im Überflutungsbereich von Innerste und
Oker. Aus den Cadmium/Zink-Verhältnissen dieser Proben geht
hervor, dass neben Schlacken vor allem Erzpartikel für die hohen
Schwermetallbelastungen verantwortlich sind.
Die Zinkblende ist der wichtigste natürliche Cadmiumträger.
Zinkblende aus Harzer Erzen weist Cadmium/Zink-Verhältnisse von
ca. 1/100 bis 1/700 auf, Schlacken von meist < 1/50000. Die am
nördlichen Harzrand untersuchten Proben weisen Cadmium/Zink-
Verhältnisse von 1/120 bis zu 1/670 auf und decken sich damit
weitgehend mit denen der Erze. Die Erzpartikel können aus der
Erzwäsche oder aus Bergbau- und Pochsandhalden stammen, wie
sie im Oberlauf von Innerste und Oker zahlreich vorkommen. Im
Gebiet östlich von Oker-Harlingerode wurden die höchsten Cadmi-
um/Zink-Verhältnisse von bis zu 1/55 angetroffen. Diese relativ
hohen Cadmiumgehalte bei verhältnismäßig niedrigen Zinkkon-
zentrationen können auf die Cadmium-Immissionen der Zinkhütte
Oker zurückzuführen sein (Lindorfer 1997).
Maßnahmen gegen die Schwermetallbelastung
Sowohl der gelöste als auch der partikuläre Schwermetallaustrag
aus den Schlacken- und Bergbauhalden ist erheblich. Es gibt ver-
schiedene Möglichkeiten, dieser potentiellen Gefahr entgegen-
zuwirken. Von der scheinbar naheliegenden Maßnahme, die
Schlacken- und Bergbauhalden einfach abzutragen, muss abgera-
ten werden. Es würden abrupt erhebliche Mengen schwermetall-
reicher Partikel in die Bäche gelangen, die weit über das heutige
Maß hinausgehen. Unabhängig davon, dass mit dem Abtragen
eines Verhüttungsplatzes ein einmaliges Kulturdenkmal zerstört
wird, dessen systematische Erforschung erst vor wenigen Jahren
begonnen hat, wäre der zu erwartende Effekt frühestens nach
Jahrzehnten messbar, da viele Halden nicht entdeckt wurden und
die Bachbettsedimente durchgehend belastet sind.
Ein anschauliches Beispiel hierfür bietet eine hochgradig
belastete Hochflutsedimentprobe, die 1994 bei Langelsheim aus
dem Überflutungsbereich der Innerste entnommen wurde
(Abb. 4). Die hohen Blei-, Cadmium-, Kupfer- und Zinkgehalte
dieser Probe werden vorwiegend von Schlacken und besonders
von Erzpartikeln verursacht, deren Halden zum Großteil am Ober-
lauf der Innerste liegen. Zwischen der Probennahmestelle und den
Schlacken-, Bergbau- und Pochsandhalden befindet sich seit der
Mitte der 60er Jahre der Innerste-Stausee. Obwohl 30 Jahre zwi-
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