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Müller, Michael Christian; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Editor]; Institut für Denkmalpflege [Editor]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Orgeldenkmalpflege: Grundlagen und Methoden am Beispiel des Landkreises Nienburg/Weser — Hameln: Niemeyer, Heft 29.2003

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.51261#0058
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48 Dornum, Ev. Kirche St. Bartholomäus, Orgel

49 Stade, Ev. Kirche St. Wilhadi, Orgel


Im 17. Jahrhundert entwickelte sich Hamburg in der Tat
zu einem Zentrum des Orgelbaus in Norddeutschland.
Hier wirkte seit dem zweiten Drittel des 16. Jahrhunderts
die Orgelbauerfamilie Scherer, von der hier nur Hans
Scherer der Ältere (1571-1611 tätig) genannt sei. Er
baute neue Registerformen, entwickelte das Werkprinzip
weiter und errichtete selbständige Pedalwerke. Dies fand
seinen architektonischen Niederschlag in der Ausbildung
eigenständiger Pedaltürme und damit der Grundlegung
des „Hamburger Prospekts". Scherers Sohn Hans
Scherer d. J., von dem der Prospekt seiner Orgel für St.
Ägidien in Lübeck erhalten ist, war bis 1631 tätig. Sein
Nachfolger wurde daraufhin Gottfried Fritzsche. Auf
diese Weise - sehr vereinfacht formuliert - gingen die
niederländischen Erfahrungen und Vorstellungen mit
jenen, die Fritzsche mitbrachte, eine Synthese ein.15
Zu den herausragenden Orgelbauern dieser Zeit gehörte
auch Hermann Kröger (gest. 1671), der die Translozie-
rung der Orgel von St. Martin in Nienburg nach Draken-
burg vornahm. Er baute mit seinem Bruder Gerd 1635-
1642 in der Lambertikirche zu Oldenburg die zu ihrer
Zeit größte Orgel Nordwestdeutschlands.16 Auch die
Spuren, die Kröger im Landkreis Nienburg hinterlassen
hat, sind noch genauer zu untersuchen. Von Kröger
führt nun aber eine direkte Linie zu Arp Schnitger (1648-
1719) und seiner Schule, denn Kröger war der Lehrer
von Berendt Hus (1610-1676), bei dem wiederum
Schnitger in die Lehre eintrat.17
Die Leistungen Arp Schnitgers sind viel beschrieben -
eine weitere Darstellung kann an dieser Stelle unterblei-

ben.18 Mit der Tatsache, dass der von ihm entwickelte
Orgelbau, was Klang, Technik und Prospektgestaltung
betrifft, schulbildend bis in das 19. Jahrhundert hinein
war, ist aber auch wiederum der Bezug zur Orgelge-
schichte im Landkreis Nienburg gegeben.
Christian Vater - Ein Vertreter der Schnitger-
Schule
1679 wird Christian Vater als Sohn der Orgelbauers
Martin Vater in Hannover geboren.19 Bei ihm dürfte er
zumindest auch erste Lehrjahre verbracht haben. Seit
1697 arbeitet er als Geselle bei Arp Schnitger. Dies ver-
bindet ihn mit einigen weiteren Orgelbauern, die sich im
Anschluss an die Gesellenzeit durch die kreative Fort-
entwicklung der Schnitgerschen Schule einen angesehe-
nen Namen gemacht haben: Von Gerhard von Holy
(1686-1736) ist zum Beispiel die 1710-1711 erbaute Or-
gel der evangelischen Kirche in Dornum (Abb. 48) erhal-
ten, Matthias Dropa (um 1650-1732) erweiterte 1712-
1715 die Orgel von St. Johannis in Lüneburg um die
Pedaltürme (Abb. 15) und Erasmus Bielfeldt erbaute die
neue Orgel für St. Wilhadi in Stade (Abb. 49). Christian
Vater wiederum lässt sich 1702 als Orgelbauer in
Hannover nieder und führt die Werkstatttradition
Schnitgers im Raum Hannover, aber auch darüber hin-
aus fort.20 1707 wird Vater das Amt des Hoforgelbauers
verliehen, das er bis zu seinem Tod behält.21
Zwar soll die künstlerische Qualität der Orgeln Vaters
nicht an jene Arp Schnitgers heranreichen, das Klang-

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