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Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]; Institut für Denkmalpflege [Hrsg.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: System Denkmalpflege - Netzwerke für die Zukunft — Hannover: Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege, Heft 31.2004

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Exkursionsberichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.51150#0515
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Historische Gärten im Hildesheimer Land

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des ehemaligen Herrensitzes Henneckenrode, in dem
sich seit 1836 ein Waisenhaus der Blumschen Stiftung
befindet, verdeutlicht. Hier galt es, überwachsene, aber
noch im Boden befindliche Strukturen aus dem späten
18. Jahrhundert wieder freizulegen und anschaulich zu
machen. Die Sichten in das von der erhöht hegenden
Schlossterrasse über Wasserflächen weithin sichtbare
Nette-Tal mit seinen angrenzenden Höhenzügen wur-
den durch Holzeinschlag wieder freigelegt. Ein his-
torischer Plan von Anton Adolph Doumergue aus dem
Jahr 1788 zeigt das Schloss mit seinen vielfältigen
Nebengebäuden aus der zweiten Hälfte des 16. Jahr-
hunderts und die Strukturen des hinter dem Herrensitz
liegenden, terrassierten Gartenareals. Das mit der
Wiederherstellung beauftragte Landschaftsarchitektur-
büro hat die Wegeführung und -breite sowie Beetein-
fassungen durch archäologische Grabungen lokalisieren
können. In Zusammenarbeit mit dem zuständigen
bischöflichen Generalvikariat und den staatlichen Denk-
malbehörden wurden nicht nur die Terrassenmauern am
Schlosshang restauriert, sondern auch das Parterre mit
einer Hainbuchenhecke seitlich gefasst und traditions-
gemäß in Teilen als Gemüsegarten bepflanzt. Hier ver-
bieten mangelnde Quellen jegliche Rekonstruktion. Nur
eine schlichte Andeutung des gärtnerischen Umfeldes,
das nach seinen Befunden möglicherweise sogar bis in
die Zeit der Renaissance zurückreicht, sollen auf die
gärtnerische Vergangenheit verweisen.
Als Beispiel für einen frühlandschaftlichen Garten
führte die Exkursion in das nahegelegene Söder. Dort
fügte Graf Friedrich Moritz von Brabeck in das 1791
ererbte Schloss künstlerische Elemente in eine agrarisch
und forstlich genutzte Landschaft ein. Vom Schloss aus
führt eine langgestreckte zweireihige Lindenallee aus
dem Jahr 1790 hinauf auf den gegenüberliegenden
Klapperberg. Staffagen wie Gedenksteine entlang der
Allee oder den als Aussichtspunkt konzipierten Freund-
schaftstempel wurden in ein angrenzendes Waldareal
eingebunden. Hier beeindruckten die uralten Hude-
eichen und Blicke in die weite Hügellandschaft, die
auch einen Bezug zum Schloss im Tal herstellen.
Insofern sind Tendenzen der „ornamented farm“ im
Sinne von Ausschmückungen des gesamten Eigentums
durch gestaltete Feldwege und Alleen noch heute sicht-
bar. Vermutlich rührten die Ideen des Grafen Brabeck
aus seiner engen Beziehung zu Fürst Leopold Friedrich
Franz von Anhalt-Dessau, dem Schöpfer des Wörlitzer
Gartenreichs.
Nach dem Tode Graf Brabecks wurden die meisten
Staffagen aus der Allee entfernt. Als wesentliches
steinernes Zeugnis dieser Gestaltungsphase blieb der
Freundschaftstempel erhalten. Leider scheiterten die
Bemühungen zur Bewahrung dieses in seiner Form und
Ausstattung herausragenden achteckigen Kuppelbaus
mit reichverziertem Inneren bis heute. Die Exkursions-
teilnehmer mussten sich deshalb davon überzeugen
lassen, dass der Verfall dieses so bedeutsamen Gebäudes
wohl kaum noch aufzuhalten ist.
Ein erfreulicher Beleg für die erfolgreiche Um-
setzung von Erhaltungsmaßnahmen bietet der Park des
Gutes Walshausen. Die 1829 für Gräfin Sophie
Charlotte von Schwicheldt nach Plänen von Georg
Ludwig Friedrich Laves im klassizistischen Stil
errichtete Sommersitz sollte sowohl der Erholung als
auch der Eigenversorgung dienen. Insofern entstand ein



kleiner Gutsbetrieb mit den dazugehörigen Gebäuden
und Nutzgärten samt Gewächshaus und Palmarium als
auch ein langgestreckter Landschaftspark mit einem
aufwendigen Gewässersystem aus Teichen, Bächen,
Kaskaden und Brücken. Ab 1997 konnte das aufgrund
fehlender Pflege und falscher Nutzungen in seinem
Zustand bedrohte Parkareal entsprechend eines
denkmalpflegerischen Konzepts aus dem Jahr 1987
instand gesetzt werden. Grundlage bildete auch hier eine
fundierte Diplomarbeit der Universität Hannover. So
musste insbesondere der Ahorn- und Eschenwildwuchs,
der den alten Baumbestand bedrohte, entfernt werden.
Das komplette Gewässersystem, durch ständige
Sedimentation verschlammt, konnte inzwischen nach-
haltig gereinigt und durch entsprechende Regulierungs-
einrichtungen vor weiterem übermäßigem Schlammein-
trag geschützt werden. Die Teilnehmer konnten sich bei
einem Rundgang durch den Park entlang des ebenfalls
sanierten Wegesystems überzeugen, wie sich diese
Maßnahmen auf das gesamte Erscheinungsbild von
Gebäude und Gartenanlage positiv auswirken. Auf Ein-
ladung einer in Walshausen ansässigen Architekten-
gemeinschaft konnten die Teilnehmer abschließend den
Blick vom Palmarium über den Pleasureground und
Park in die umgebende Landschaft genießen.

Abb. 2: Söder, Ldkr. Hildes-
heim, historische Landschaft
bei Schloss Söder mit prägen
der 200jähriger Lindenallee,
2000.

Abb. 3: Walshausen, Ldkr.
Hildesheim, Park der Villa
Walshausen mit restauriertem
Eichenhain, 2002.

Sonja Rennpferdt
 
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