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Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Editor]; Institut für Denkmalpflege [Editor]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: St. Michaelis in Hildesheim — Hannover: Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege, Heft 34.2008

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Binding, Günther: St. Michaelis in Hildesheim - Einführung, Forschungsstand und Datierung
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https://doi.org/10.11588/diglit.51162#0014
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Günther Binding

Klosters Helmarshausen an der Diemel wurde 1011
durch Bischof Meinwerk geweiht. Im Jahr 1000 stifte-
ten Otto III. und der Kölner Erzbischof Heribert den
1002 begonnenen Zentralbau in Köln-Deutz, und vor
1007 begann Heinrich II. den Bamberger Dom (1012
geweiht). 1010 legte Bernward die Grundsteine für
St. Michaelis in Hildesheim. Der eigentliche Bauboom
in den Grenzen des ottonisch-salischen Reiches be-
gann aber erst unter anderem mit Limburg a. d.
Haardt und Speyer im zweiten Viertel des 11.
Jahrhunderts, also nach Bernwards Tod (1022).
Das Bistum Hildesheim hatte Karl der Große vorgese-
hen und sein Nachfolger Ludwig der Fromme auf der
Reichsversammlung in Paderborn 815 in der Kirchen-
provinz Mainz konstituiert. Der erste Bischof Gunthar
(815-834) stammte wie seine Nachfolger aus dem
Erzbistum Reims. „Die enge Bindung des Bistums an
die Ottonen, für die Hildesheim als Heimatdiözese
galt, und die Salier, deren Pfalzbezirk in Goslar zum
Hildesheimer Diözesansprengel gehörte, trug zu sei-
ner kulturellen Blüte bei, die unter den Bischöfen
Bernward (993-1022) und Godehard (1022-1038)
ihren Höhepunkt erreichte. Die Ottonen, vor allem
Otto III., statteten die Hildesheimer Kirche reich mit
Gütern und königlichen Rechten aus. Maßgeblichen
Einfluss nahmen die deutschen Könige auf die
Besetzung des Hildesheimer Bischofsstuhls. Die
Bischöfe gingen nicht selten aus der königlichen
Kapelle hervor und zeichneten sich im allgemeinen
durch eine königstreue Haltung aus."16 Aus der
Hildesheimer Domschule und dem Hildesheimer
Domkapitel kamen zwischen 919 und 1024 27
Reichsbischöfe, darunter Bischof Meinwerk von
Paderborn (geb. um 975). Auch der spätere Kaiser

Heinrich II. (geb. 973), der zur Zeit der Verbannung
seines Vaters, Herzogs Heinrich II. der Zänker, 977-
983 in Hildesheim lebte, wurde in der Domschule aus-
gebildet.
Bei der Formfindung für St. Michaelis hat sicher die
besondere Lage eine Rolle gespielt. Nördlich gegen-
über dem von Bischof Bernward um 1001 ummauer-
ten Domhügel als Bischofssitz lag in einer Entfernung
von 400 m der Bauplatz 10 m über einer Sumpf-
niederung am Hang eines nach Süden abfallenden,
17 m hohen Hügels, der nur mit der Hl. Kreuz-Kapelle
von 996 bebaut war. Die geplante Kirche, die 9 m
höher lag als der Dom, war vom Domhügel sichtbar
und von dort durch das westliche Paulus-Tor von
Süden erreichbar. So konnte nicht wie üblich die
Westseite die repräsentative Zugangs- und Eingangs-
front sein, sondern die südliche Langseite musste den
Eingang aufnehmen und als Schaufront gestaltet wer-
den. Diese ist symmetrisch angelegt: zwei gleiche
Querschiffe mit polygonalen, oben runden Treppen-
türmen in der Mitte der Giebelseiten und je einem
kubischen Vierungsturm fassen das dreischiffige, basi-
likale Langhaus. In dessen südliches Seitenschiff füh-
ren zwei Eingänge, die so angeordnet sind, dass eine
mittlere Symmetrieachse entsteht. Zudem ist die
Seitenschiffmauer bei sonst glatten Wänden durch
Blendbogen auf Lisenen über einem Sockel geglie-
dert, in der Mitte betont durch einen etwas breiteren
Pfeiler auf einer aus dem Sockel aufwachsenden
Basis. An die heute erneuerte nördliche Seitenschiff-
mauer schloss der Südflügel des Kreuzgangs an. Der
Westchor über der großen Krypta mit der geplanten
Grablege für Bernward übertrifft den bescheidenen
Ostchor. Das südliche Seitenschiff ist als quer gelager-

2 Hildesheim, Modell um 1022. Gesamtansicht von Südwesten. Rechts der Domhügel mit dem Dom, links der Michaelishügel mit der schon
als fertig dargestellten Kirche.
 
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