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Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Editor]; Institut für Denkmalpflege [Editor]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Die Kanzel von Ludwig Münstermann in Rodenkirchen — Hameln: Niemeyer, Heft 37.2011

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Peter Königfeld

Kunstgeschichtliche Anmerkungen zur Kanzel


41 Vogelschaukarte von Hamburg 1590. Im unteren linken Bereich erkennt man den seit etwa 1500 angelegten
Binnenhafen, an dem Ludwig Münstermanns Wohnhaus mit Werkstatt lag. Er hatte damit mit seinen für Oldenburg
bestimmten Bildwerke unmittelbaren Zugang zu Elbe und Nordsee.

für Hamburg selbst gemacht hätte, auch ist in Ham-
burg kein Werk erhalten, das aus stilkritischen
Gründen seiner Hand mit Sicherheit zugeschrieben
werden könnte".29
Es ist aber kaum anzunehmen, dass ein Künstler, der
„eine besondere Stellung gegenüber seinen hambur-
gischen Kollegen ein[nimmt], von denen er sich ...
noch durch die viel höhere Wertigkeit seiner Kunst
stark abhebt"30, in seiner Heimatstadt im Laufe der
Jahre keinerlei Aufträge erhalten hat.31 Seine Arbeiten
in der Hansestadt - vielleicht Fassadenschmuck und
Raumausstattungen32 sowie Dekorationen für die sei-
nerzeit bildschnitzerisch aufwändig gestalteten
Schiffe33 - mögen zerstört oder im Meer versunken
sein: Hierzu bedürfte es weiterer intensiver
Archivforschungen.
Über seinen Tod gibt indirekt die oben erwähnte
Blexener Kirchenrechnung von 1638 Auskunft. Dort
heißt es: „wie der Herr Capitain den Predigstuel mit
Sehl. M. Ludewig zu Oldenburg verdinget". Die Kan-
zel in Holle wurde 1637 noch vom Meister selbst sig-
niert. Also wird er in diesem Zeitraum gestorben sein.34

Künstlerische Anregungen und Vorbilder
Der Formenschatz der Architekturelemente und orna-
mentalen Dekorationen stammt, den Werkstatt-
gewohnheiten der Zeit Münstermanns folgend, aus
grafischen Vorlageblättern. Sie boten vereinfachte
Möglichkeiten der Verwendung von Motiven, auf die
Handwerker oder Bauherren zurückgreifen konnten.
Nicht ungezügeltes Walten der Phantasie, wie ein
erster Blick vermitteln mag, sondern klare, auf antiker
Überlieferung aufbauende Ordnung kennzeichnet das
Werk von Münstermann.35
In den sogenannten Säulenbüchern (Abb. 42) wurden
den Säulenordnungen verschiedene Bedeutungs- und
damit Anwendungsmodi beigemessen, die auf ein
angemessenes Aussehen eines Gebäudes oder Kunst-
werkes in Übereinstimmung mit Standort, Zweck und
Tradition zielen: Der spezifische Charakter der Säulen-
genera (männliche Dorica; weibliche lonica, jungfräu-
liche Corinthia, erweitert um die Composita als
Mischform aus lonica und Corinthia sowie die
Tuscana als Sonderform der Dorica) wird dabei auf
christliche und profane Inhalte übertragen.36
 
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