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Kimpflinger, Wolfgang; Neß, Wolfgang; Zittlau, Reiner; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Editor]; Institut für Denkmalpflege [Editor]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Das Fagus-Werk in Alfeld als Weltkulturerbe der UNESCO: Dokumentation des Antragsverfahrens — [Hannover]: Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege, Heft 39.2011

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Einleitung
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https://doi.org/10.11588/diglit.51160#0011
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Synthese der bis dahin entwickelten modernen
Gestaltungsideen. Als solche nimmt es aner-
kanntermaßen eine plötzlich auftretende Son-
derstellung im gesamten Baugeschehen ein, be-
gründet eine weitreichende Veränderung in der
Architekturentwicklung und zeigt erstmals den
vollständig vollzogenen Wandel von der Stilar-
chitektur des 19. Jahrhunderts zur Moderne auf
- mit einem damals genialen Sprung weit über
Historismus, Neoklassizismus, Jugendstil und
Reformarchitektur hinweg. Nach gegenwärtiger
Kenntnis gibt es nirgendwo auf der Welt zur glei-
chen Bauzeit ein vergleichbar konsequent mo-
dern konzipiertes Gebäudeensemble.
Die in diesem Buch vorgelegte Publikation des
Niedersächsischen Landesamts für Denkmal-
pflege dokumentiert den Weg vom Antrag bis
zur Anerkennung des Fagus-Werks als Weltkul-
turerbe der UNESCO. Dem Leser soll sich bei der
Lektüre erschließen, mit welchen ausgefeilten
Argumenten der außergewöhnliche universelle
Wert (Outstanding Universal Value) zu begrün-
den war, um den Welterbetitel zu erhalten. Den
Kern des Buches bildet dabei der Antrag, wie
ihn das Land Niedersachsen bei der UNESCO im
September 2009 nach mehrjähriger Erarbeitung
eingereicht hatte. Der Vorlage des Antrags folg-
te ein internationaler Evaluierungsprozess, der
nahezu eineinhalb Jahre bis zum Frühjahr 2011
andauerte und in dessen Verlauf insbesondere
ICOMOS (International Council of Monuments
and Sites), die nichtstaatliche Beraterorganisati-
on der UNESCO, weitere und vertiefende Infor-
mationen vom Antragsteller anforderte. Sowohl
der Antrag als auch die Nachträge waren nach
den Vorgaben und dem Zeitplan, die in den
Richtlinien der UNESCO (Operational Guideli-
nes) für das Antrags- und das Prüfverfahren nie-
dergelegt sind, zu bearbeiten (s.http://whc.
unesco.org/en/guidelines). Um neben dem ei-
gentlichen Antrag auch das Prüfverfahren mit
allen Ergänzungstexten zu dokumentieren, wur-
den dem Antragstext die Ergänzungstexte the-
matisch an den Stellen zugeordnet, an denen
sich eindeutige Zusammenhänge ergaben. Die
Passagen der Nachträge sind zur Unterschei-
dung vom Ursprungsantrag im Druck hellgrau
unterlegt.
Von den unten aufgeführten zehn Kriterien zur
Begründung eines hervorragenden universellen
Werts, die die UNESCO als Anforderung an ein
Kultur- oder Naturerbe definiert, muss mindes-
tens eines dem für die Welterbeliste vorgeschla-
genen Schutzgut innewohnen. Dabei wurden
2005 die bis dahin voneinander getrennten Be-
wertungskriterien für Kultur- und Naturdenk-

mäler zu einem einzigen Katalog zusammenge-
fasst und festgeschrieben. Die Bewertungspra-
xis der vorangegangenen Jahrzehnte hatte ge-
zeigt, dass die Antragsbegründungen nicht im-
mer scharf und eindeutig genug den herausra-
genden Wert der Antragsgegenstände in ihren
komplexen Bedeutungsgefügen erfasst hatten.
Dieser Herausforderung hatte sich der Welter-
beantrag für das Fagus-Werk ohne jedes Wenn
und Aber zu stellen. Der überarbeitete Kriterien-
katalog lautete seit 2005 folgendermaßen:
1 Die Güter stellen ein Meisterwerk der mensch-
lichen Schöpferkraft dar.
2 Die Güter zeigen, für einen Zeitraum oder in
einem Kulturgebiet der Erde, einen bedeuten-
den Schnittpunkt menschlicher Werte in Bezug
auf die Entwicklung von Architektur oder Tech-
nologie, der Großplastik, des Städtebaus oder
der Landschaftsgestaltung auf.
3 Die Güter stellen ein einzigartiges oder zumin-
dest außergewöhnliches Zeugnis von einer kul-
turellen Tradition oder einer bestehenden oder
untergegangenen Kultur dar.
4 Die Güter stellen ein hervorragendes Beispiel
eines Typus von Gebäuden, architektonischen
oder technologischen Ensembles oder Land-
schaften dar, die einen oder mehrere bedeutsa-
me Abschnitte der Geschichte der Menschheit
versinnbildlichen.
5 Die Güter stellen ein hervorragendes Beispiel
einer überlieferten menschlichen Siedlungs-
form, Boden- oder Meeresnutzung dar, die für
eine oder mehrere bestimmte Kulturen typisch
ist, oder der Wechselwirkung zwischen Mensch
und Umwelt, insbesondere, wenn diese unter
dem Druck unaufhaltsamen Wandels vom Un-
tergang bedroht wird.
6 Die Güter sind in unmittelbarer oder erkenn-
barer Weise mit Ereignissen oder überlieferten
Lebensformen, mit Ideen oder Glaubensbe-
kenntnissen oder mit künstlerischen oder litera-
rischen Werken von außergewöhnlicher univer-
seller Bedeutung verknüpft.
7 Die Güter weisen überragende Naturerschei-
nungen oder Gebiete von außergewöhnlicher
Naturschönheit und ästhetischer Bedeutung
auf.
8 Die Güter stellen außergewöhnliche Beispiele
der Hauptstufen der Erdgeschichte dar, darun-
ter der Entwicklung des Lebens, wesentlicher im
Gang befindlicher geologischer Prozesse bei der
Entwicklung von Landschaftsformen oder we-
sentlicher geomorphologischer oder physiogeo-
grafischer Merkmale.
9 Die Güter stellen außergewöhnliche Beispiele
bedeutender in Gang befindlicher ökologischer
und biologischer Prozesse in der Evolution und
 
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