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Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]; Institut für Denkmalpflege [Hrsg.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Restaurierungsgeschichte mittelalterlicher Wandmalereien im Gebiet des heutigen Niedersachsen — Petersberg: Imhof, Heft 41.2014

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Restaurierungsgeschichte mittelalterlicher Gewölbe- und Wandmalereien im Gebiet des heutigen Niedersachsen

Superintendenten zwischen Kirchengemeinde und
Denkmalpflege ein Kompromiss geschlossen wurde:
Die Aposteldarstellungen der Chornordwand sollten
„in unberührtem Zustande belassen werden".19
Die Christophorusdarstellung an der Ostwand hatte
nach der Freilegung Irritationen hervorgerufen, da
offenbar zwei übereinanderliegende Malschichten zu
Teilen freigelegt worden waren. Holtmeyer bemängel-
te den Verlauf eines Arms, der in die Fensterlaibung
hineinrage. Außerdem wollte er wenigstens die
Kopfpartie des Christophorus in freigelegtem Zustand
erhalten: „Um dem Wunsche der Gemeinde nach
Vervollständigung der Christophorusdarstellung weit-
möglichst Rechnung zu tragen, soll diesseits nichts
dagegen eingewendet werden, wenn der Kopf der
Figur mit einer Blechplatte belegt wird, die mit Hilfe
von Scharnieren beweglich auf der Wand befestigt
wird. ... Die Platte könnte im Sinne einer Ergänzung
bemalt werden und würde bei geschickter Behand-
lung von unten kaum als Auflage auf der Wand
bemerkt werden. Beim Anlegen der Platte bliebe das
unberührte Original für wissenschaftliche Zwecke
zugänglich."20 Mit dieser Lösung war jedoch die
Kirchengemeinde nicht einverstanden. Der Superin-
tendent der Diözese Hofgeismar bemühte sich um
Vermittlung der gegensätzlichen Standpunkte und
setzte sich dafür ein, dass zwar die Darstellung des
Eremiten im freigelegten Zustand verbleiben könne,
die Christophorusdarstellung aber durch Verstärkung
der Konturen eine „kraftvolle Linienführung" erhalten
müsse.21 Holtmeyer erklärte sich bereit, von einem
Blechbelag absehen zu wollen und den Wünschen der
Gemeinde entgegenzukommen. Zu ergänzende Be-
reiche müssten durch eine weiße Linie begrenzt und
mit Jahreszahl versehen werden. Die Grenzen der Er-
gänzung sollten genau festgelegt werden.22
Nach Fertigstellung der Arbeiten an der Christopho-
rusdarstellung fiel das Gutachten Holtmeyers jedoch
negativ aus, da sich Olbers nicht an die Vorgaben
gehalten hatte: „Wiederum hat die Denkmalpflege
sich bemüht, durch äußerstes Entgegenkommen den
Interessen des Presbyteriums gerecht zu werden, bzw.
es davon zu überzeugen, daß ein altes vorsichtig kon-
serviertes Wandgemälde wertvoller ist, als ein über-
maltes und dadurch unkenntlich gewordenes Stück.
Anhand einer Photographie und auf Grund einer ört-
lichen Besprechung sind dem Maler Olbers, der die
Arbeiten im Auftrage der Gemeinde ausgeführt hat,
eingehende Angaben darüber gemacht worden, was
und in welcher Form an den Wandgemälden einfach
in seinem Bestände zu sichern und was nach diessei-
tiger Auffassung unbeschadet des Gesamtwertes
ergänzt werden konnte. Bei der Behandlung des
Christopherus [!] hat sich wiederum gezeigt, daß der
Maler nicht in der Lage war, den diesseits gegebenen
Anregungen zu folgen. Auch dieser ist durch Überma-
lung vollkommen entstellt."23

Die Restaurierung der Gewölbemalereien im südli-
chen Seitenschiff konnte nach Ansicht Holtmeyers
„nach den bisherigen Erfahrungen ... nur in unmittel-
barer Fühlung mit der Denkmalpflege zur Ausführung
kommen."24 Holtmeyer hatte nichts dagegen einzu-
wenden, „wenn fehlende Stellen im Rankenornament
und der Untergrund des Figürlichen vorsichtig ausge-
tupft werden", vor Übermalungen sollten sie aber
bewahrt bleiben. Er empfahl aber dringend, einen
anderen Maler zu beauftragen. Eine weitere Beschäf-
tigung des Malers Olbers im Rahmen der noch ausste-
henden Restaurierung der Gewölbemalereien des
südlichen Seitenschiffs war nach Holtmeyers Ansicht
nicht tragbar.25
Erst vom 13. November 1927 datiert ein Kostenvor-
anschlag des Kirchenmalers Martin Gotta, in dem er
„Aufdecken, Fixieren und Instandsetzen der alten
Malerei im Seitenschiff der Kirche"26 anbietet. 1930
wandte sich Gotta erneut an die Kirchengemeinde
und bezog sich auf die 1927 geplante Restaurierung.
Die Arbeiten seien damals leider nicht zur Ausführung
gelangt und er sei noch immer bereit, die
Restaurierung durchzuführen.27
Weitere Quellen hierzu liegen nicht vor. Dass es aber
zu einer Restaurierung kam, ist wahrscheinlich, da im
Zuge späterer Restaurierungsmaßnahmen Bezug auf
eine frühere Maßnahme genommen wird, bei der der
Hintergrund „mit Kreide ausgetupft"28 und Blattorna-
mente an den Rippen hinzugefügt worden seien.
Ergebnisse der von der Autorin durchgeführten res-
tauratorischen Untersuchungen ergänzen die Quel-
len:
Olbers hat an der Chorsüdwand einige Putzergän-
zungen durchgeführt. Dazu gehören kleinere Kittun-
gen und große Reparaturen, wie zum Beispiel der
gesamte untere Teil der Figur des Petrus. Der verwen-
dete Kalkmörtel besitzt relativ groben Zuschlag und ist
kaum verdichtet. Er liegt über dem Niveau der
Wandoberflächen.
Den vorhandenen Malereibestand der Südwand hat
Olbers vollständig lasierend übermalt. Seine Überma-
lungen bedecken flächig den stark reduzierten mittel-
alterlichen Bestand wie auch Fehlstellen und Reste
jüngerer Tünchen, die auf der Oberfläche liegen.
Er hat zunächst die Vorzeichnung wiederholt und
rekonstruiert und dann die Lokaltöne und Schattie-
rungen gesetzt. Anschließend hat er die Binnenzeich-
nung und Kontur wiederholt. In einigen Bereichen
scheint die Binnenzeichnung eine reine Vorzeichnung
zu sein, über der lasierend der Lokalton liegt. Die
Zeichnung wird davon bedeckt, scheint aber darunter
durch.
Olbers machte keine Unterschiede zwischen figürli-
cher und dekorativer Malerei. Unter seiner Überma-
lung sind nur kleinste Malschichtschollen als mittelal-
terlicher Bestand zu erkennen. Es entstand eine ein-
 
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