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Allgemeine theologische Bibliothek — 7.1777

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[XXI-XXVII]
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https://doi.org/10.11588/diglit.22492#0363
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Anlage zur Tugend und Laster. 349
physischer Fehler seyn, ein Unvermögen zum Mitt-
leiden. Alle Tyger sind grausam, und alle Schaafe
von entgegengesetzter Gesinnung: so sind auch ei-
nige Menschen geborne Tyger, und andere geborne
Schaafe. Wer kann denn immer wissen, was mo-
ralisch, oder was physisch bey einem Menschen ist?
Allein wer nun auch eine natürliche Anlage zum
Laster überhaupt hat, der hat darum nicht auch die
Anlage zu einer gewissen Art Laster. Alle Laster
können nicht in einer Menschenseele beysammen seyn;
viele widersprechen einander, und so auch die An-
lagen, ein jeder kann sie noch nicht in gleichem
Grade verrichten, ob er gleich die natürliche An-
lage dazu hat. Einem jeden Menschen ist eine bloß
natürliche Anlage zum Laster angeboren. Denn
wer die Anlage zur Tugend hat, muß auch die ent-
gegen stehende Anlage zum Laster haben, sonst wäre
die Tugend ein bloßer nothwendiger Trieb; her-
nach, wenn es wahr ist, daß alle Menschen sündi-
gen; so müssen sie auch alle die Anlagen dazu ha-
ben; und denn, so sind alle Lasier ja nur bloße Mo-
disicationen der angebornen Eigenliebe. (Selbst-
liebe) Indessen ist e§ unmöglich, daß einem Men-
schen bloß die Anlage zur Tugend oder bloß die
zum Laster sollte angeboren seyn, sondern eine jede
Menschenseele hat beyde beysammen, und die zur
Tugend
 
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