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Schuster, Julius; Antiquariat Altmann
Versteigerung: Autographen, Gemälde, Bronzen, Handzeichnungen, Manuskripte mit Miniaturen — Berlin: Josef Altmann, Nr. 29.[1928?]

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.68142#0005
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Jan Ingenhousz an Benjamin Franklin
Ein unbekannter Brief
aus dem Jahre der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung
Mitgeteilt von
Dr. Julius Schuster, Bibliotheksrat an derpreuss. Staatsbibliothek?)
<•>
„Seitdem das eitle Wortgepränge, welches alles zusammen dem Geiste
nicht eine einzige Kenntnis ' beibrachte, aus der Physik verbannt ist
und man den Argumenten oder vielmehr den Sophismen Untersuchungen
der Werke der Natur entgegengehalten hat, sind die Wissenschaften
auf einen Grad gestiegen, welchen man nicht vermutete, daß sie ihn
erreichen könnten; und nachdem endlich die Wut, Systeme zu schmieden,
der allgemein empfundenen Notwendigkeit, heutigentags alles unser
Wissen auf dem sicheren Grunde der Erfahrung zu befestigen, wich, ist
man überzeugt, daß der Gebrauch unseres Geistes, wofern er nicht durch
das Licht geleitet ist, welches Tatsachen und echte Beob-
achtungen anstecken, oft zu nichts diene als uns in Irrtum
zu stürzen.“
■ Ingenhousz, Abhandlung über den Elektrophor 1778.
Seitdem der Pflanzenphysiologe Julius Wiesner in einer meister-
haften historischen Studie den Naturforscher und Arzt' Jan Ingen-
housz der unverdienten Vergessenheit für immer entrissen hat, zählt
der Name Ingenhousz in der Geschichte der Botanik zu den glänzendsten.
Hat doch Ingenhousz nunmehr auf Grund historisch-kritischer Forschung
nach hundert Jahren endlich den ihm gebührenden Platz erhalten: neben
St. Haies der Hauptbegründer der Pflanzenphysiologie. Der Nachweis,
daß die grüne Pflanze im Lichte die Kohlensäure zerlegt; nicht der
Boden, sondern die Luft jene ungeheuren Mengen von Kohlenstoff liefert,
die in den Pflanzen aufgestapelt werden; die Atmung eine allgemeine
Erscheinung des pflanzlichen und tierischen Lebens ist; die Wirkung
der Elektrizität auf die Pflanzen, die Entdeckung der Schwärmsporen
der Algen und die Erfindung des Deckgläschens zu mikroskopischem
Gebrauche: diese Entdeckungen allein würden ausreichen, den Zeit-
genossen Linnes und Franklins unter den Meistern der Naturforschung
in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zu nennen. Aber auch so
wäre das Bild von Ingenhousz’ Wirken noch ein unvollständiges, würde
man nicht zugleich des Arztes gedenken, welcher der Impfung zuerst
am wirksamsten die Bahn auf dem europäischen Kontinent gebrochen
hat; des Physikers, den die Erscheinungen der Reibungselektrizität mit
gleicher Mächtigkeit fesselten; und nicht zuletzt des Menschen, dem
der Fortschritt der Humanität und phrasenloser Pazifismus Herzens-
sache waren. Auch diesem Grundzuge in Ingenhousz’ Leben ist sein
Biograph Wiesner liebevoll nachgegangen; besonders die Briefe und
*i hiese kleine Abhandlung war ursprünglich als Beitrag für eine Festschrift zu K arl
Sudhoff’s 70. Geburtstag bestimmt, konnte aber damals wegen der Ungunst der Zeiten
nicht erscheinen. Es freut mich, bei dem Mangel eines Organs für die Geschichte der
Naturwissenschaften, die kleine Abhandlung hier veröffentlichen zu können.
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